Wien. Die Entscheidung für eine rot-blaue Koalition im Burgenland stößt in der Bundes-SPÖ fast durchgehend auf Ablehnung. Das wurde vor einer Präsidiumssitzung Montagabend deutlich. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) zeigte sich davon ungerührt. Rot-Blau sei die einzig machbare Variante gewesen.

Das Präsidium war kurzfristig einberufen worden, nachdem sich in der Partei teils heftige Empörung über die rot-blaue Zusammenarbeit erhoben hatte, die zusätzlich davon angefacht wurde, dass eine Koalition mit der FPÖ durch einen Bundesparteitagsbeschluss eigentlich ausgeschlossen sein sollte. Dass hier den Ländern Sonderrechte gewährt werden sollten, forderte vor dem Präsidium niemand.

Verständnis für Autonomie

Ganz im Gegenteil stellte etwa Tirols Landeschef Ingo Mayr klar, dass Bundesparteitagsbeschlüsse auch in den Ländern zu gelten hätten. Wiens Bürgermeister Michael Häupl hat zwar als Landesvorsitzender durchaus Verständnis, dass man eine gewisse Autonomie brauche, aber auch für ihn gilt: Bundesparteitagsbeschlüsse sind einzuhalten.

Niessl selbst war durchaus der Meinung, dass man darüber sprechen sollte, ob man hier eine Regelung finden könne, die zwischen Bund und Ländern unterscheide. Dass er sich nicht an den Parteitagsbeschluss gehalten hat, konterte er mit der von seiner Landespartei durchgeführten Urabstimmung an der Basis, die die Option Rot-Blau geöffnet hatte. Überhaupt sei die Koalition mit den Freiheitlichen einem "pragmatischen Zugang" entstanden, sei sie doch die einzige Chance auf eine stabile Regierung gewesen.

Häupl wollte nicht einschätzen, ob ihm Rot-Blau im Burgenland bei der Wien-Wahl im Herbst schaden könnte und wollte Niessl gegenüber auch keine großen Schuldzuweisungen vornehmen: "Ich habe persönlich kein gestörtes Verhältnis zu meinem Freund Hans Niessl." Klar sei ohnehin, dass die Wiener SPÖ mit den Freiheitlichen keine Regierungszusammenarbeit eingehen werde.

"Auf Bundesebene keine Koalition mit FPÖ"

Nämliches versicherte auch Kanzler und Parteichef Werner Faymann: "Auf Bundesebene gibt es keine Koalition mit der FPÖ. Das wird auch so bleiben."

Von keinen guten Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen konnte Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser berichten. Allerdings war er der einzige, der Verständnis für Niessl zeigte. Wäre der keine Kooperation mit der FPÖ eingegangen, hätte dies jemand anderer gemacht, so Kaiser mit Blick auf die burgenländische ÖVP.

Eigentlich sollte laut Ankündigung bei der Sitzung auch die Situation in der Steiermark nach der dortigen Landtagswahl besprochen werden. Doch ist Landeshauptmann Franz Voves gar kein Präsidiumsmitglied und seine Stellvertretung Landesrat Siegfried Schrittwieser ließ sich entschuldigen. Immerhin konnte Verteidigungsminister Gerald Klug als Repräsentant der steirischen Sozialdemokraten versichern, dass es dort eine "klare Präferenz" für die Fortführung der "Reformpartnerschaft" mit der ÖVP gebe.

Keine inhaltlichen Bewertungen wollte vor Beginn des Präsidiums ÖGB-Präsident Erich Foglar abgeben. Einzig, dass es keine gute Situation sei und er sich über diese naturgemäß nicht freue, erklärte der Gewerkschaftschef. FSG-Vorsitzender Wolfgang Katzian hatte schon am Nachmittag gegenüber der APA klar gemacht, dass für ihn Rot-Blau klar abzulehnen sei.

Diese Linie vertreten auch die Jugendorganisationen. Die Sozialistische Jugend demonstrierte vor dem Parlament in einer kleinen Gruppe gegen Rot-Blau, die gemäßigtere Junge Generation macht durch ihre Chefin Katharina Kucharowits beim Präsidium direkt klar, dass sie die Koalition mit der FPÖ ablehnt. Besonders stört Kucharowits, dass mit Niessl sogar ein stellvertretender Parteivorsitzender einen Parteitagsbeschluss bricht.

Gerüchten, wonach sie als Nachfolgerin von Norbert Darabos in die Bundesgeschäftsführung einziehen könnte, erteilte die JG-Vorsitzende eine deutliche Absage. Dies stehe nicht zur Debatte. Freilich dürfte noch nicht einmal entschieden sein, wer dem in Richtung burgenländische Landesregierung wechselnden Darabos folgt. Nach derzeitigem Stand wird am heutigen Abend noch kein neuer Bundesgeschäftsführer präsentiert.

Dauern sollte das Präsidium mindestens zwei Stunden, also voraussichtlich bis 20:00 Uhr oder später. Im Anschluss ist ein Pressestatement geplant.