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Wann der Staat schnüffeln darf

Von Karl Leban

Politik

Steuerhinterziehung: Politik rechnet mit jährlich 100 bis 300 Verfahren mit Konteneinschau.


Wien. Mit 1. Jänner 2016 wird das Bankgeheimnis in Österreich weiter verwässert sein. Ein zentrales Register, wo alle Konten von Privatpersonen und Firmen aufscheinen, sowie die Möglichkeit einer Konteneinsicht sollen dem Staat künftig tauglichere Instrumente in die Hand geben, um Steuersünder zu überführen. Die Bundesregierung erhofft sich davon im ersten Jahr rund 700 Millionen Euro, womit ein Teil der Steuerreform gegenfinanziert werden soll. Für die Folgejahre bis 2019 wird dann mit Beträgen gerechnet, die jedes Jahr um zirka 100 Millionen Euro sukzessive absinken.

Vor wenigen Tagen gab es eine politische Einigung darüber, dass Konten nur dann eingesehen werden dürfen, wenn ein Richter des Bundesfinanzgerichts dies genehmigt. Die Einbindung eines Richters hatten die Grünen gefordert, deren Stimmen die beiden Koalitionsparteien für eine Zwei-Drittel-Mehrheit brauchen, um das entsprechende Gesetz beschließen zu können (die FPÖ ist ja strikt gegen eine Lockerung des Bankgeheimnisses).

Geplant ist, den nachjustierten Gesetzesentwurf am 30. Juni im Finanzausschuss des Parlaments abzusegnen. Läuft alles nach Plan, soll das neue Gesetz dann im Plenum rund um den 8. Juli - also noch vor der Sommerpause - verabschiedet werden.

Prüfverfahrenals Voraussetzung

Was bedeuten das Kontenregister und die Einsichtnahme in Konten nun für die Praxis? Und wie soll das in Zukunft ablaufen? Voraussetzung ist zunächst ein behördliches Prüfverfahren, das eingeleitet wird, wenn bei einem Steuerpflichtigen Zweifel an der Richtigkeit seiner Abgabenerklärung bestehen. Ohne richterliche Zustimmung kann die Finanz dann eine Abfrage im Kontoregister vornehmen. Dort erhält sie aber nur allgemeine Daten: etwa die Zahl der Konten, den Namen des Inhabers und die Kontonummern.

Informationen über Kontostand und -bewegungen liefert erst eine Einsichtnahme. Stimmt der Steuerpflichtige, über den ein Verfahren eröffnet wurde, dieser zu, ist die Genehmigung durch den Richter obsolet. Für die Einschau benötigt die Finanz das richterliche Okay nur dann, wenn er die Kontenöffnung verweigert.

In diesem Fall hat der Richter zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Eingriff gegeben sind (dazu gehört nach den geplanten Regelungen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit - aber auch, ob das Vier-Augen-Prinzip vorliegt). Der richterliche Beschluss muss jedenfalls schnell erfolgen - binnen drei Tagen. Der Steuerpflichtige kann dagegen zwar bei einem Dreier-Senat am Bundesfinanzgericht berufen, eine aufschiebende Wirkung hat das allerdings nicht.

Grüne: Nicht"aus Jux und Tollerei"

Bruno Rossmann, Budgetsprecher der Grünen, schließt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" aus, dass Finanzämter (und Justiz) künftig "aus Jux und Tollerei" Einschau in Konten halten würden. Dazu hätten sie auch gar nicht die personellen Ressourcen.

Bei den 3,5 Millionen Steuerpflichtigen, die im Regelfall nur die sogenannte Arbeitnehmerveranlagung durchführen, wird eine Konteneinsicht jedenfalls selten sein, meint Rossmann. Vielmehr gehe es bei den künftigen gesetzlichen Regelungen darum, an die "großen Fische" heranzukommen. Das sieht auch ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka so. Es gehe um die echten Steuerbetrüger. Lopatka geht von jährlich 100 bis 300 Verfahren mit möglicher Konteneinschau aus. Vor diesem Hintergrund ist sich die Volkspartei mit SPÖ und Grünen einig, dass das Bundesfinanzgericht mit zusätzlichen personellen Ressourcen ausgestattet werden soll.

Die Maßnahmen rund um Kontenöffnungen werden bereits seit Monaten diskutiert. Deshalb will die Regierung mit einem Kapitalabflussmeldepflichtgesetz verhindern, dass Schwarzgelder vor Inkrafttreten der Änderungen bzw. vor Durchführung einer abgabenrechtlichen Prüfung noch abgezogen oder verschoben werden können. Der Meldepflicht für größere Abflüsse (ab 50.000 Euro) werden alle Banken unterworfen sein - rückwirkend mit 1. März 2015.