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Tauziehen um die Quote

Von Marina Delcheva

Politik

Länder und Bund beraten weiter über Unterbringung von Flüchtlingen. Gemeindebund ist gegen die Bezirksquote und für die Abwicklung auf Gemeindeebene.


Wien. Am Mittwoch lud die Bundesregierung die Landeshauptleute sowie Vertreter des Gemeinde-, des Städtebunds und NGO-Vertreter ins Bundeskanzleramt, um beim Asylgipfel weiter über die Unterbringung von Schutzsuchenden zu beraten. Im Zentrum der Beratungen stand dabei - die Quote. Von Euphorie konnte keine Rede gewesen sein.

Bereits im Vorfeld des Gipfels - der mehr eine zwei bis dreistündige Unterredung war -hat Bundeskanzler Werner Faymann ein Zehn-Punkte-Programm für die Unterbringung von Asylwerbern vorgelegt. Dieses beinhaltet sowohl Punkte für eine gemeinsame EU-Asylpolitik als auch für das Vorgehen bei der Unterbringung in Österreich.

Faymanns Plan sieht, wie berichtet, eine Bezirksquote vor, die regeln soll, wie viele Flüchtlinge auf Bezirksebene untergebracht werden. "Wie bei der Quote der Bundesländer soll entsprechend der Bevölkerungszahl ein Aufteilungsschlüssel vorgesehen und verbindlich eingehalten werden. In den meisten Bezirken wären dies nur 100 bis 500 Personen", steht es im Papier. Zudem sollen Asylwerber im Sommer in Schulen oder Internatsgebäuden unterbracht werden und eine Wohnungsbörse für private Unterkünfte eingerichtet werden. Außerdem sollen schon anerkannte Flüchtlinge künftig schneller aus der Grundversorgung ausgeschlossen werden.

Künftig sollen also die Bezirkshauptmänner und -frauen, die dem Land unterstellt sind, mit ihren Bürgermeistern darüber streiten, wer wie viele Flüchtlinge und in welchen Quartieren aufnimmt. Während in dem Papier von einer "verpflichtenden" Quote die Rede ist, versicherte Faymann beim Gipfel, dass keine Sanktionen für säumige Bezirke vorgesehen sind. Derzeit haben Bund und Länder einen Vertrag über die Unterbringung von Flüchtlingen unterschrieben. Bei einer möglichen Bezirksquote muss also der rechtliche Rahmen geändert werden.

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner, selbst beim Gipfel, lehnt jedenfalls eine Gemeindequote ab, denn mit nur vier Bezirken sei die Situation überschaubar. In anderen Ländern könne es freilich anders sein, konzedierte er. Auch der Gemeindebund hat wenig Freude mit dem Vorschlag des Kanzlers. "Das ist nett gemeint, aber unpraktikabel. Nach welcher Logik soll ein Bezirksobmann mit beispielsweise 30 Gemeinden Gespräche führen?", sagte Daniel Kosak, Sprecher des Gemeindebunds, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Statt einer Bezirksquote schlug Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer Anfang der Woche eine Gemeindequote vor. Demnach soll jede Gemeinde, gemessen an der Bevölkerung, ein Prozent Flüchtlinge übernehmen. Damit ging man auch in die Verhandlungen.

Die Verpflichtung wäre dabei eine moralische, also nicht rechtlich bindend. "Niemand kann eine Gemeinde zwingen, Asylwerber aufzunehmen", meinte Kosak. Den Vorwurf, dass Gemeinden sich gegen die Unterbringung währen, wies er zurück. Schwierigkeiten haben man nur mit Massenquartieren. Zahlreiche Gemeinden hätten, auch private, Quartiere angeboten. Diese seien aber von den NGOs, die für die Unterbringung zuständig sind, nicht akzeptiert worden.

"Derzeit herrscht eher ein Wettbewerb, wie ich meine Gemeinde vor Schutzsuchenden schütze", konterte Bernd Wachter von der Caritas. Tatsächlich ist es aber so, dass einige angebotene Quartiere abgelehnt wurden. Das habe daran gelegen, dass die Quartiere nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hätten oder nur eine kleine Stückzahl in sehr entlegenen Gegenden angeboten wurde.

Gemeindebund fürAbwicklung in Gemeinden

Grundsätzlich schrecken Massenquartiere Gemeinden und Bevölkerung ab. Die Unterbringung einiger weniger Familien in eine Dorfgemeinschaft ist in vielen Fällen kein Problem, auch politisch nicht. Kleine, verstreute Einheiten bringen aber einen erheblichen administrativen und finanziellen Aufwand in der Grundversorgung mit sich. "Größere Quartiere machen die Koordination einfacher. Wir sind nicht der Meinung, dass das die beste Lösung ist, aber wenn man mehr kleinere Quartiere will, muss man auch mehr Geld dafür in die Hand nehmen", so Wachter von der Caritas. Etwa für Anfahrten zu Deutschkursen oder Betreuung bei Behördengängen.

Derzeit kostet ein Schutzsuchender in der Grundversorgung 19 Euro pro Tag. Die Koordinierung läuft oft über NGOs wie der Caritas oder die Diakonie, die von den Ländern beauftragt werden. Der Gemeindebund schlägt allerdings vor, die Abrechnung und Koordinierung den Gemeinden selbst zu überlassen. Dann müsste aber die sogenannte 15A-Vereinbarung zur Grundversorgung von Flüchtlingen aufgeknüpft werden und die Forderung neun Landtage passieren. Bei der Unterbringung gilt also weiter: Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel.