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Wenig Hilfe beim Helfen

Von Petra Tempfer

Politik

Wenn der Staat nicht mehr kann, ist die Zivilgesellschaft gefragt.


Wien. "Wenn Sie Platz haben, nehmen Sie Flüchtlinge auf! Helfen Sie mit, dass die Zeltlager so schnell wie möglich wieder verschwinden", sagte Flüchtlingshelferin Ute Bock am Donnerstag und rief damit zur Quartiersuche innerhalb der Bevölkerung auf. Wenn der Staat nicht mehr kann, ist die Zivilgesellschaft gefragt - ihr wird es allerdings nicht leicht gemacht. Die "Wiener Zeitung" hat bei den Hilfsorganisationen nachgefragt, was die Bevölkerung tun kann und wo Hilfe angeboten werden kann.

Tatsache ist: Der Flüchtlingsstrom nach Österreich ist ungebrochen. 70.000 Asylanträge werden heuer erwartet. In der Asyl-Bundesbetreuungsstelle Traiskirchen leben bereits 3000 Menschen, mehr als 500 von ihnen in Zelten, rund 600 ohne Bett - die Erstaufnahmestelle ist eigentlich für 480 Menschen konzipiert. Was es daher braucht, sind Quartiere, Sachspenden, Deutschunterricht und Geld, um den Flüchtlingen ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen. Besonders benötigt werden Schulsachen und Bekleidung für Kinder sowie Bettwäsche und Matratzen.

"Die Landespolitik ist nicht so flexibel"

Österreich scheint aber maßlos überfordert zu sein. Die Hilfe hapert schon bei den Grundbedürfnissen eines Menschen: bei einem Bett und einem Dach über dem Kopf. Und selbst Privatpersonen, die helfen wollen, sind oft die Hände gebunden. Der Diakonie etwa ist es nur in Niederösterreich möglich, Privatunterkünfte zu vermitteln. In den anderen Bundesländern sei die Landespolitik "nicht so flexibel", heißt es.

Mit dieser steht und fällt jedoch die Quartiersfrage. Denn der Bund ist nur für die Erstaufnahmestellen zuständig, wo das Zulassungsverfahren mit Einbringung des Antrages auf internationalen Schutz beginnt. Erstaufnahmestellen gibt es in Traiskirchen in Niederösterreich, Thalham in Oberösterreich sowie am Flughafen Wien Schwechat.

Ab Zulassung zum Verfahren in Österreich beginnt das eigentliche inhaltliche Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Die Asylwerber rutschen in die Grundversorgung, die gewährt wird, solange das Verfahren läuft - und fallen in die Zuständigkeit der Länder. Diese sind von da an auch für die Quartiere zuständig. Auf dem Forderungspapier zum Asylgipfel, der am Mittwoch zwischen Regierung und Landeshauptleuten stattfand, war zwar von einer zentralen Wohnungsbörse die Rede - der Gipfel ist aber vorerst gescheitert.

Klaus Hofstätter von der Asylkoordination Österreich glaubt zu wissen, warum Bund und Länder die Flüchtlingsfrage wie eine heiße Kartoffel hin und herschieben -und warum es zwar Quartiere gäbe, die Flüchtlinge aber dennoch nicht darin wohnen können. "Es ist der politische Wille, dass Asylwerber, solange nicht klar ist, ob sie bleiben dürfen, keinen Kontakt zur Bevölkerung haben sollen", sagt er zur "Wiener Zeitung". Denn sobald ein Flüchtling von seinem Schicksal erzählt und "ein Gesicht bekommt", werde es schwierig, "ihn wie ein Packerl oder ein bürokratisches Objekt wieder wegzubringen".

Die Feindseligkeit gegenüber Flüchtlingen sei hausgemacht. "Die Landespolitiker schreien ,Hilfe‘, und wenn jemand aus der Bevölkerung seine Hilfe anbietet, heißt es: ,Diese Hilfe wollen wir nicht‘", sagt Hofstätter. Das Ganze sei eine reine Panikmache. Denn so viele Österreicher auch fürchten, von der wachsenden Zahl an Flüchtlingen überrollt zu werden, so viele wären auch bereit, welche bei sich aufzunehmen.

Viele wären bereit, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen

Zumindest in Niederösterreich kommen nun immer mehr privat unter. Die Diakonie Flüchtlingsdienst zum Beispiel koordiniert im Auftrag des Landes das Angebot der Privatquartiere. In der Praxis sieht das so aus, dass sich Interessierte an die NGOs wenden, diese das Quartier besichtigen und entscheiden, ob es als Flüchtlingsunterkunft geeignet ist. "Die Räume müssen beheizbar sein und dürfen auch nicht von Schimmel befallen sein", sagt dazu Roberta Rastl-Kircher von der Diakonie. Zudem müsse es eine Schule geben und die Möglichkeit, einzukaufen. Das seien wesentliche Kriterien für eine erfolgreiche Integration. In den vergangenen Wochen sind mehrere Privatpersonen mit der Kritik an die Öffentlichkeit gegangen, dass ihre Quartiere von den NGOs abgelehnt worden sind. Vermutlich hatten diese nicht alle Kriterien erfüllt, so Rastl-Kircher.

Sobald ein Privatquartier für geeignet befunden wird, schließt der Besitzer eine Nutzungsvereinbarung mit dem Flüchtling ab. Diese ist Voraussetzung für den Mietzuschuss von 120 Euro, den der Flüchtling zusätzlich zu den 200 Euro Grundversorgung pro Monat erhält. Kinder unter 18 bekommen 90 Euro. "Ob und wie viel ,Miete‘ der Anbieter eines Privatquartiers verlangt, ist ihm überlassen. Manche lassen die Flüchtlinge auch gratis wohnen", sagt Rastl-Kircher. Und wollen gar nicht mehr, dass sie gehen.

QUARTIERE:
Caritas:
"Machbar in Not": 01/8904831
asyl-integration@caritas-wien.at
https://www.caritas-wien.at/spenden-helfen/aktuelle-spendenaufrufe/hilfe-fuer-fluechtlinge/

Diakonie:
www.fluechtlingsdienst.diakonie.at/ich-moechte-helfen/sachspenden

SACHSPENDEN:
Besonders benötigt werden Schulsachen und Bekleidung für Kinder sowie Bettwäsche und Matratzen. Bei der Volkshilfe nehmen die Landesorganisationen zum Beispiel in Wien (http://www.volkshilfe-wien.at) oder Oberösterreich (http://www.volkshilfe-ooe.at/die-volkshilfe/mithelfen/sach-spenden) entgegen.

Bei der Caritas können Sachspenden in den Carlas (im 4. und 21. Bezirk in Wien) abgegeben werden (http://www.carla-wien.at/spenden/sachspenden/)

Diakonie:
ttps://fluechtlingsdienst.diakonie.at/ich-moechte-helfen/sachspenden

ZEITSPENDEN:
Darunter fallen Deutschkurse, Sport- und Freizeitangebote sowie eine kostenlose medizinische Behandlung.

Caritas:
https://www.caritas-wien.at/spenden-helfen/freiwilliges-engagement/

Diakonie:
https://fluechtlingsdienst.diakonie.at/helfen

PATENSCHAFTEN:
"Connecting People" ist ein Projekt für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge von der Asylkoordination Österreich: http://www.connectingpeople.at/

GELDSPENDEN:
Volkshilfe:
BIC OPSKATWW
IBAN AT776000000001740400

Caritas:
BIC: GIBAATWWXXX
IBAN: AT472011189089000000
Verwendungszweck: Flüchtlingshilfe

Diakonie:
BIC: GIBAATWWXXX
IBAN: AT972011128722045678

Rotes Kreuz:
BIC: GIBAATWWXXX
IBAN: AT572011140014400144
Verwendungszweck: Flüchtlingshilfe