Wien. "Die schweigende Mehrheit sagt Ja". Seit vergangenem Sonntag halten Aktivisten und Künstler eine Mahnwache vor der Wiener Staatsoper ab, um auf die Missstände in Traiskirchen aufmerksam zu machen. Zudem versammelten sich mehrere hundert Menschen zu einer Demonstration vor dem Aufnahmelager.
Amnesty International (AI) kündigte indes für die nächste Woche eine Überprüfung des überfüllten Asylzentrums an. Die Künstlerinitiative "IG Autoren" befinden in einer Aussendung die Situation in Traiskirchen für "unerträglich". Der Druck der Öffentlichkeit auf die Politik, endlich tätig zu werden, stieg in der vergangenen Woche enorm an.
Nun kommt die Regierung in die Gänge. Doch warum erst jetzt? Die Dramatik der Lage sei schon seit Monaten bekannt gewesen, sagt Michael Genner, Obmann von "Asyl in Not". Trotzdem haben sich Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) erst jetzt eingeschaltet. Bei einer Pressekonferenz am Freitag gaben sie bekannt, eine Verfassungsänderung in die Wege zu leiten, die die Kompetenzen in der Frage der Flüchtlingsunterbringung in die Hände des Bundes legen soll. Länder und Gemeinden würde es dann schwerer fallen, sich bei der Bereitstellung von Quartieren querzulegen. Zusätzlich wurde die Erhöhung des Betreuungsgeldes für jugendliche Flüchtlinge verkündet, von bisher 77 Euro auf 95 Euro.
Als "längst überfällig" bezeichnet Alexander Pollak, Sprecher von "SOS Mitmensch", die neuerlichen Schritte der Regierung beim Asylthema. Mit dieser Einschätzung steht er nicht alleine da. Auch die Organisationen "Asyl in Not" und "Asylkoordination" hätten sich bereits viel früher eine Intervention seitens der Bundesregierung gewünscht.
Ein Schritt in die richtige Richtung ist aber getan, sind sich die Vertreter der österreichischen NGOs (Nichtregierungs-Organisationen) einig. Skepsis sei dennoch angebracht, solange noch keine konkreten Maßnahmen seitens des Bundes ergriffen würden.
"Ein Verdienst der Zivilgesellschaft"
Als Ursache für den plötzlichen Stimmungswandel in der Regierung benennt SOS-Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak das Engagement der Zivilgesellschaft und der Hilfsorganisationen, die in den letzten Wochen den politischen Druck durch diverse Aktionen erhöht hätten. "Der Aufschrei der schweigenden Mehrheit" war, laut Asyl-in-Not-Obmann Genner ausschlaggebend für den Richtungswechsel der Politik in der Flüchtlingsfrage: Mehr Geld für Flüchtlinge. Menschenwürdige Unterbringung. Dies sei ein Verdienst der Zivilgesellschaft, ist sich Genner sicher.