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Fusion mit Hindernissen

Von Brigitte Pechar

Politik

Die Wiedereingliederung der Kärntner Freiheitlichen in die Bundes-FPÖ verzögert sich.


Wien/Klagenfurt. Kärnten ist faktisch bankrott, hat die höchsten Schulden in Österreich, die geringste Kaufkraft, die schwächste Wirtschaftsdynamik und eine besorgniserregende demografische Entwicklung: Es ist das einzige Bundesland mit einer schrumpfenden Bevölkerung. Das Land war bis 2013 in der Hand der Freiheitlichen. Jörg Haider wurde 1989 mit den Stimmen der ÖVP erstmals Landeshauptmann. Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer bezeichnete ihn einst ironisch als "Stern des Südens". Nach dessen Sinken erholt sich das Land nicht. Zurück bleibt vor allem die Finanzmisere nach dem Hypo-Debakel.

Nachwirkungen der blau-orangen Machthaberschaft sind aber auch zahlreiche juristische Auseinandersetzungen. Erst am Mittwoch bezeichnete Richter Oliver Kriz im Zuge der Urteilsbegründung gegen einen Ex-Mitarbeiter des damaligen Landesrates Uwe Scheuch (BZÖ/FPK/FPÖ) und gegen den Medienunternehmer Hansjörg Berger das Agieren der Blau-Orangen in Kärnten als "Hydra der Korruption".

Möglicherweise sind es diese vielen gerichtlichen Aufarbeitungen der früheren Regierungsriege, die die vereinbarte Integration der Kärntner Freiheitlichen in die Bundes-FPÖ bisher verzögert haben. Bereits im Juni 2013 gab es den Beschluss, die FPK als eigenständige Partei aufzulösen und als Landesgruppe wieder mit der Bundespartei zusammenzuführen. Bisher ist das aber nicht erfolgt. Es gebe noch viele offene Fragen, hieß es aus dem Umfeld der FPÖ zur "Wiener Zeitung".

Ohne Kärnten oder mit - ein Dilemma für Strache

"Kärnten ist ein blaues Kernland. Damals hat sich FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache viele Stimmen auch auf Bundesebene erhofft", sagt Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle. Die vielen gerichtlichen Auseinandersetzungen könnten aber vor allem auf Wechselwähler negative Auswirkungen haben. Das könne mit ein Grund sein, warum die Kärntner FPÖ noch kein Teil der Bundes-FPÖ ist. Straches Dilemma: "Einerseits geht sich ohne die Kärntner Blauen Platz eins im Bund nicht aus, andererseits muss er sich von den vielen Gerichtssaal-Auftritten der Kärntner Freiheitlichen distanzieren."

Jetzt könne Strache immer noch sagen, die Kärntner gingen ihn nichts an. "Noch kann er aus Sicht der Bundes-FPÖ auf Zeit spielen", sagt Stainer-Hämmerle. Die Gefahr, dass die Bundes-FPÖ eventuell finanziell einspringen muss, sollte es zu Regressforderungen des Landes Kärnten an die Freiheitlichen kommen, sieht die Politologin nicht: Solche Verfahren seien langwierig. Vielmehr stehe Strache vor der Frage: "Wen kann ich gewinnen - die Kärntner FPÖ-Wähler - und wen kann ich verlieren - die Wechselwähler?" Bei Wechselwählern würde die Verbundenheit mit Politikern, die vor dem Kadi stehen, nicht gut ankommen. FPÖ-Kernwähler dagegen schockiere so etwas nicht, die würden Politiker ohnehin für Gauner halten, sagt Stainer-Hämmerle. Daher das Dilemma: Ohne Kärnten geht es nicht, mit Kärnten auch nicht.

Staatsanwaltschaft nimmt sich Scheuch erneut vor

Erst am Mittwoch wurde Uwe Scheuch in der Gerichtsverhandlung von seinem früheren persönlichen Referenten schwer belastet. Die Werbeagentur Berger habe überhöhte Inseratenrechnungen an das Land gestellt, die Differenz sei als "Scheuch-Guthaben" verbucht worden und in dessen persönlichen Wahlkampf geflossen und - Scheuch habe davon gewusst. Uwe Scheuch selbst war der Zeugenladung nicht nachgekommen und sich schriftlich entschlagen, weil er sich sonst selbst belasten hätte können.

Aber nun tritt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auf den Plan. Sie will sich die Protokolle der Verhandlung genau anschauen und Ermittlungen gegen Scheuch selbst prüfen. Das sagte Behördensprecher Norbert Hauser am Donnerstag.

Die am Mittwoch verhandelten Taten stehen in einem engen Zusammenhang mit der Causa "Ideenschmiede". Teilweise sind dieselben Akteure involviert, außerdem, so Hauser: "Das Verfahren Ideenschmiede ist im Zuge der Ermittlungen zu dem gestern verhandelten Fall hervorgekommen und betrifft ähnliche Tatbegehungsformen, sonst sind es inhaltlich getrennte Verfahren." Es geht um illegale Parteienfinanzierung bei der FPÖ und den Freiheitlichen in Kärnten. In diesem Verfahren ist Scheuch einer von mehreren Beschuldigten.

In der Causa "Ideenschmiede" soll laut Medienberichten, die sich auf den Ermittlungsakt beziehen, auf mehreren Kontoblättern vermerkt sein, dass die "Ideenschmiede" für FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ein eigenes Spesen-Abrechnungskonto geführt habe. Die FPÖ wies die Vorwürfe scharf zurück.

Ermittlungen wegen Wahlkampfbroschüre laufen

Ermittlungen der WKStA laufen auch noch in der Causa BZÖ-Wahlkampfbroschüre. Dabei stehen die Ex-Politiker Gerhard Dörfler, Uwe Scheuch, Harald Dobernig und Stefan Petzner im Zentrum. Es geht in dem Fall um eine Werbebroschüre für den Wirtschaftsstandort Kärnten, die in leicht abgewandelter Form als Wahlkampfbroschüre des BZÖ im Landtagswahlkampf 2009 verbreitet wurde. Das Druckwerk war der damaligen Werbelinie des BZÖ auffallend ähnlich. Die WKStA sieht darin Untreue und bezifferte den Schaden für das Land mit 210.000 Euro. Das Oberlandesgericht Graz hat die Anklage allerdings 2014 an die WKStA für weitere Ermittlungen zurückgewiesen.

In der "Part of the Game"-Affäre wurde Uwe Scheuch rechtskräftig verurteilt. Was sich rund um die Hypo noch auftut, kann derzeit noch niemand sagen.