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Fünf Punkte gegen die Asylnot

Von Marina Delcheva und Levin Wotke

Politik

Regierung startet "Task Force Asyl". 540 Soldaten unterstützen Innenministerium bei Flüchtlingen.


Wien. Mit einer Task-Force, einem Fünf-Punkte-Plan und einem Raiffeisen-Mann will die Bundesregierung die Asylcausa nun in den Griff bekommen. Wie berichtet, einigten sich die Koalitionspartner SPÖ und ÖVP auf den ehemaligen Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad als Flüchtlingskoordinator (siehe Porträt). Nach dem ersten Ministerrat nach der Sommerpause am Dienstag startete die "Task Force Asyl" mit Kanzler Werner Faymann, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Außenminister Sebastian Kurz, Justizminister Wolfgang Brandstetter, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, Verteidigungsminister Gerald Klug und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer.

Die konkreten Aufgaben und Kompetenzen Konrads müssen noch präzisiert werden. Die Regierungsspitze und die Innenministerin sicherten ihm jedenfalls "vollste Unterstützung" zu. Hauptthema des Treffens am Dienstag war neben dem neuen Flüchtlingskoordinator der geplante Flüchtlingseinsatz des Bundesheers. Das Verteidigungsministerium soll ja dem Innenministerium (BMI) bei der Unterbringung, Logistik, Versorgung und beim Transport von Flüchtlingen helfen. Drei Kompanien mit je 180 Soldaten sind für Unterstützungsarbeiten wie etwa Zelte-Aufbau bereitgestellt. Bezahlt wird das alles vom Innenministerium.

Assistenzeinsatz wenig sinnvoll

Verteidigungsminister Klug schloss am Rande des Ministerrats auch einen Assistenzeinsatz des Heeres an der Grenze nicht mehr aus. Aber: "Es wird deswegen kein Flüchtling weniger kommen. Ich rechne sogar mit mehr Aufgriffen", sagte Klug. Rechtlich gesehen kann der, vor allem von der FPÖ geforderte, Assistenzeinsatz nichts an der Anzahl an Schutzsuchenden, die nach Österreich kommen, ändern. Sobald ein Flüchtling nämlich auf österreichischem Boden aufgegriffen wird und das Wort "Asyl" ausspricht, muss er registriert und entsprechend versorgt werden. Alles andere wäre rechtswidrig. Mehr Kontrollen bedeuten also mehr Aufgriffe und damit mehr Asylanträge. Innenministerin Mikl-Leitner nannte den Assistenzeinsatz, bei dem im Wesentlichen Soldaten mit den Kompetenzen der Grenzpolizei ausgestattet werden, nur eine "letzte Option".

Die Regierung legte im Vorfeld des Treffens auch einen Fünf-Punkte-Plan vor, der am Donnerstag bei der Westbalkan-Konferenz diskutiert werden soll. Dieser zielt auf die Bekämpfung der Schlepperei und eine gemeinsame EU-Asylpolitik ab. Erst am Dienstag wurden zwei Schlepper am Wiener Landesgericht verurteilt und mehrere Personen verhaftet. Justizminister Brandstetter will etwa die U-Haft auch über Schlepper verhängen, die mindestens drei und nicht wie bisher zehn Personen, illegal und gegen Bezahlung ins Land bringen. Bei den übrigen vier Punkten, die eine gemeinsame Asylquote, bessere Grenzkontrollen, Schutz in den Krisengebieten selbst und ein EU-weites Gesamtkonzept vorsehen, kann Österreich alleine nichts machen.

"Der europäische Gedanke lebt davon, dass alle an gemeinsamen Lösungen mitwirken - auch die, die nicht direkt betroffen sind", warb Faymann für mehr Solidarität. Nur: Genau die sich sträubenden EU-Mitglieder wie Polen, Tschechien oder die baltischen Staaten bräuchte Österreich als Unterstützer. Auf EU-Ebene müsste zunächst die Kommission einen Antrag für eine Dublin-III-Reform und eine Quotenregelung einbringen. Dann müssten 16 der 28 EU-Staaten zustimmen, die zusätzlich 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, wie Europarechtsprofessor Hans-Peter Folz von der Karl-Franzens-Universität in Graz erklärt. Eine schnelle Lösung des Problems sehe er schlichtweg nicht.

Gemeinsamer Grenzschutz

Des Weiteren fordert die Regierung von den EU-Ländern, gewissenhaft Fingerabdrücke von den Asylwerbern zu nehmen und den gemeinsamen Grenzschutz sicherzustellen. Doch auch beim Grenzschutz wird es schwierig. "Sie können Flüchtlinge nicht an der Grenze abweisen." Die Grenzen zu schließen, wie es etwa Mazedonien vor einigen Tagen versucht hat, sei schlichtweg unzulässig, und das seit dem Zweiten Weltkrieg, so Folz. Zuletzt forderte die Regierung eine aktive europäische Außenpolitik und Asyl-Strategie. Am Donnerstag sollen diese Ziele auf der Westbalkan-Konferenz in Wien diskutiert werden. Dabei kann Österreich nur darauf hoffen, die anderen Mitgliedsstaaten auf seine Seite zu ziehen.

Am 1. September befasst sich der Nationalrat in einer Sondersitzung mit dem geplanten Durchgriffsrecht des Bundes bei der Unterbringung von Flüchtlingen in den Bundesländern. Der Nationalratsbeschluss soll dann am 23. September folgen. Faymann und Mitterlehner zeigten sich optimistisch, dass hier alle Abgeordneten von SPÖ und ÖVP mitziehen. "Wir haben ja jetzt mehr Abgeordnete", witzelte Mitterlehner in Anspielung auf die Überläufe von Team-Stronach-Mandataren in den ÖVP-Klub.