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"Jedes Kind hat ein Recht auf Schule"

Von Petra Tempfer

Politik

Im neuen Schuljahr werden rund 5000 Flüchtlinge eine österreichische Schule besuchen - eine Herausforderung.


Wien. Rund 4000 Flüchtlingskinder werden ab nächster Woche in eine österreichische Pflichtschule gehen. Die Bundesregierung erwartet für das neue Schuljahr, dass etwa 1000 weitere dazukommen werden. Eine Herausforderung, sagt dazu Terezija Stoisits, die das Bildungsministerium angesichts der Brisanz der Lage als Beauftragte für Flüchtlingskinder an den Schulen eingesetzt hat.

Vor allem die Ressourcenfrage sei in Abstimmung zwischen Bund und Ländern zu lösen, sagte Stoisits am Mittwoch im Ö1-"Mittagsjournal". Die Grün-Politikerin, die schon bisher als Menschenrechtskoordinatorin im Bildungsministerium und auch als Volksanwältin tätig war, bezeichnet sich dabei als Nahtstelle zwischen Ministerium und Ländern. Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hatte zuletzt "einige Millionen Euro" für zusätzliche Planstellen im Bereich der Sprachförderung gefordert.

Derzeit werden rund 25 Millionen Euro für 440 Stellen aufgewendet. Der konkrete Bedarf ist aber unklar, weil man noch nicht weiß, auf welche Bundesländer sich die erwarteten Kinder verteilen werden. Der Vorsitzende der Pflichtschullehrer-Gewerkschaft, Paul Kimberger, sprach von insgesamt hunderten neuen Lehrern. Auch Betreuer für außerschulische Aktivitäten würden benötigt.

0,7 Prozent aller Pflichtschüler

"Eventuell holen wir mit kurzfristigen Sonderverträgen Menschen in die Schulen, die aufgrund ihrer Ausbildung zusätzliche Sprachkurse anbieten können. Vielleicht sind auch Junglehrer bereit, vorübergehend in einem anderen Bundesland zu arbeiten", sagte Heinisch-Hosek. Im Rahmen der Regierungsklausur zum Thema Asyl nächste Woche, auf die man sich am Dienstag geeinigt hatte, sollte man zu einem Entschluss kommen, so die Ministerin.

Ob auch Flüchtlinge, die in ihrer Heimat als Pädagogen gearbeitet haben, zum Einsatz kommen, "wird man dann sehen, wenn die Schule gestartet ist", heißt es auf Nachfrage der "Wiener Zeitung" aus dem Ministerium. Heinisch-Hosek verhandle jedenfalls mit dem Finanzministerium über zusätzliche Mittel.

So essenziell diese auch sind - sie stünden dennoch nicht im Mittelpunkt ihrer Arbeit, sagt Stoisits. Denn 5000 Flüchtlingskinder machten nur 0,7 Prozent aller Pflichtschüler aus. Auch angesichts der 6000 Schulstandorte sei deren Zahl verschwindend gering. Der Wiener Stadtschulrat betont ebenfalls, dass man die Klassenschülerhöchstzahl von 25 auch ohne zusätzliche Klassen nicht überschreiten werde.

Laut Stoisits gehe es vorrangig darum, diesen Kindern "einen Ort der Normalität" zu bieten. Ihnen eine Basis und das Gefühl von Sicherheit zu geben. Egal ob mit oder ohne Asylstatus - jedes Kind habe ein Recht auf Schule.

Mit eigenen Klassen für Flüchtlingskinder, wie sie Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) gefordert hatte, funktioniere das allerdings nicht, so Stoisits. "Das Schuljahr beginnt, und alle Kinder kommen in die Regelklassen", betont sie.

Bereits jetzt sprechen 21 Prozent aller Schüler eine andere Umgangssprache als Deutsch. Die häufigsten dieser Sprachen sind Türkisch, Bosnisch, Serbisch und Kroatisch. Elf Prozent aller Schüler hatten im vorigen Schuljahr einer Erhebung der Medienservicestelle "Neue Österreicher/innen" zufolge keinen österreichischen Pass.

"Neu in Wien"-Kurse

Die Klassenzimmer des Landes sind seit langem von kultureller und sprachlicher Vielfalt geprägt. Wien zum Beispiel hat bereits darauf reagiert. Hier können Kinder "Neu in Wien"-Kurse absolvieren: Die (meist außerordentlichen) Schüler bleiben organisatorisch ihren Stammklassen zugeordnet, werden aber schul- und jahrgangsübergreifend in Gruppen zusammengefasst und erhalten an bis zu fünf Tagen pro Woche Deutschunterricht. Andere Themen - etwa, wie man öffentliche Verkehrsmittel benutzt - will man laut Stadtschulrat künftig ebenfalls behandeln. Ab nächster Woche werden auch Flüchtlingskinder diese Kurse besuchen.

Mehr Informationen zum Programm "Neu in Wien"