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"Wir haben seit Jahren gewarnt"

Von Matthias Nagl

Politik

Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner sieht sich in seinen Warnungen bestätigt und will das historisch beste Ergebnis für seine Partei.


Linz. Der FPÖ sind laut Umfragen bei der Landtagswahl in Oberösterreich große Zuwächse sicher. Von 15,3 Prozent im Jahr 2009 kann es laut Prognosen auf bis zu 28 Prozent gehen. Von Umfragen hält Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner nichts, eine Koalition mit der ÖVP kann er sich dagegen gut vorstellen.

"Wiener Zeitung": Es gibt die weitverbreitete Meinung, dass die FPÖ als einzige Partei von der aktuellen Diskussion um die Flüchtlinge profitiert. So gesehen hätte es für Sie keinen besseren Zeitpunkt für Wahlen geben können.Manfred Haimbuchner: Überhaupt nicht. Die FPÖ hat vor dem, was jetzt passiert, seit Jahren gewarnt. Das erste Mal habe ich in Oberösterreich im März 2014 Grenzkontrollen gefordert. Es bewahrheitet sich, dass wir damals recht gehabt haben. Die Leute sehen, dass die FPÖ dieses Problem angesprochen und die Lösungen präsentiert hat. Die Stimmung ist aber auch, was die schwächelnde Wirtschaft anbelangt, nicht gut. Wir sind eine wirtschafts- und industriefreundliche Partei, die auch die Energiewende kritisch gesehen hat. Dazu gibt es eine Sozialdemokratie, die absolut schwächelt.

Einen richtigen Aufschwung in den Umfragen und bei den vergangenen Landtagswahlen hat es für die FPÖ aber erst gegeben, als das Flüchtlingsthema etwa mit den Zeltstädten im Frühjahr breiten Raum bekommen hat.

Ja, natürlich. Aufgrund der Zelte und Container sieht die ganze Welt die Inkompetenz unserer Bundesregierung. Das stimmt schon, letztendlich haben aber wir immer vor diesen Entwicklungen gewarnt. Die Kluft zwischen der öffentlichen Meinung und der veröffentlichten Meinung war noch nie so groß wie jetzt. Wir vertreten halt nicht die veröffentlichte Meinung, sondern die öffentliche Meinung.

In den letzten Tagen und Wochen hat es auch in Oberösterreich vonseiten der Bevölkerung große Hilfsbereitschaft für die Flüchtlinge gegeben. Von der FPÖ hört man dazu relativ wenig. Wie sehen Sie das eigentlich?

Das stimmt nicht. Ich habe immer gesagt, dass die Österreicher ein großes Herz haben und dass ich jeden respektiere und schätze, der Flüchtlingen hilft. Das sind gute Menschen, die anderen Menschen helfen, es sind halt keine Gutmenschen. Das ist der Unterschied zwischen guten Menschen und Gutmenschen. Dennoch ist die Frage, wie es weitergeht? Es gibt in Österreich und in Oberösterreich keinen Politikplan, was das Thema Schule, Arbeitsplatz, Wohnen und Gesundheit für die Flüchtlinge betrifft.

Ihr Wahlziel im Land war ein zweiter Sitz in der Landesregierung. Je nach Konstellation könnte sich sogar ein dritter ausgehen. Haben Sie ihr Wahlziel bereits nach oben geschraubt?

Nein. Das Wichtigste ist, welches Ergebnis es am 27. September auch immer gibt, es mit Demut anzunehmen. Meine Ziele sind klar: Am historisch besten Ergebnis von circa 20 Prozent lasse ich mich gerne messen, dazu den zweiten Regierungssitz und den Bürgermeister von Wels. Von den Umfragen, die derzeit kursieren, halte ich gar nichts. Früher hat die FPÖ in Umfragen schlecht ausgesehen, dann hat man die Wahlen gewonnen. Heute verliert man als FPÖ die Wahlen, wenn man statt 15 Prozent 5 Prozent gewinnt, und darauf lasse ich mich nicht ein.

Die Grünen warnen - auch auf Plakaten - vor Schwarz-Blau. Wollen Sie überhaupt in ein Arbeitsübereinkommen mit der ÖVP?

Ich habe als Wohnbaureferent viel weitergebracht in der Landesregierung, auch gemeinsam mit der ÖVP. Ich würde mir wünschen, da noch viel aktiver sein zu können. Wenn es eine schwarz-grüne Mehrheit gibt, gibt es jedenfalls Schwarz-Grün. Man darf auch nicht unterschätzen, dass es sich die SPÖ gerne in einer Koalition gemütlich machen würde. Ich biedere mich nicht an. Wenn sich der Herr Landeshauptmann nach der Wahl in den Anwürfen und Anschüttungen gegenüber der FPÖ wieder ein wenig beruhigt hat, kann man mit mir über alles reden.

Sie sprechen die harte Linie von Landeshauptmann Josef Pühringer (VP) gegenüber Rechtsaußen in diesem Wahlkampf an. Im TV-Duell zeigte er Fotos eines Teilnehmers bei Ihrem Wahlkampfauftakt mit einem T-Shirt mit der Aufschrift "Vizeweltmeister 1945". Sie persönlich gelten als zurückhaltend, aber warum fällt es der FPÖ dennoch so schwer, sich vom rechten Rand abzugrenzen?

Da gibt es von mir ganz klare Worte: Wer außerhalb des Verfassungsbogens steht, hat bei uns nichts zu suchen. Und der Vorwurf mit dem Leiberl vom Wahlkampfauftakt ist beschämend für den Herrn Landeshauptmann. Diese Person wurde ersucht, das Zelt zu verlassen. Das ist unseriös. Ich kann Ihnen genug fragwürdige Äußerungen von Rot und Schwarz am Stammtisch sagen. Wir sind die bestkontrollierte und -ausspionierte Partei im Land. Man muss bei uns in die 347. Reihe zurückschauen, da wird von den anderen Parteien alles kontrolliert. Das ist nicht in Ordnung.

Was wären für Sie abgesehen vom Flüchtlingsthema in einem Arbeitsübereinkommen die wichtigsten Punkte?

Der Industriestandort Oberösterreich ist für mich ganz wichtig. Wir brauchen ein vernünftiges Energiekonzept, das Energiekonzept 2030 von Schwarz-Grün gehört überarbeitet. Wir brauchen ein Schnellbahn-System, wir brauchen einen Ausbau der Straßeninfrastruktur. Wir brauchen ein wirtschaftsfreundliches Klima mit schnellen Verfahren, eine vernünftige Raumordnungspolitik. Wir müssen schauen, wie wir das Sozialbudget unter Kontrolle bekommen. Wir haben da extreme Mehrausgaben, ohne dass es den Leuten besser geht.

Wo sehen Sie da Ansatzpunkte für eine Zusammenarbeit mit der ÖVP?

Was den Wirtschaftsstandort anbelangt, muss die ÖVP großes Interesse haben, dass sich da etwas ändert. Im Bildungsbereich sind auch wir für die Beibehaltung des differenzierten Schulsystems.

Der Landtag und die Landesregierung werden für sechs Jahre gewählt. Im Bund wird spätestens in drei Jahren wieder gewählt. Sie sind einer der wenigen aktiven FPÖ-Politiker mit langjähriger Regierungserfahrung. Würde Sie ein Regierungsamt in Wien reizen?

Ich bin mit Leib und Seele Oberösterreicher und will eigentlich in Oberösterreich bleiben. Aber sag’ niemals nie, im Leben sollte man nichts ausschließen.

Zur Person

Manfred Haimbuchner

Der 37-Jährige ist seit 2009 Landesrat für Wohnbau und Naturschutz in Oberösterreich und seit 2010 Landesparteichef der FPÖ. Von 2006 bis 2009 saß er im Nationalrat.