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Wem die Frauen ihre Stimme geben

Von Petra Tempfer

Politik

Hat das Geschlecht das Duell um Platz eins entschieden? Die FPÖ gilt als Männerpartei, aber mehr Frauen waren wahlberechtigt.


Wien. Egal, ob bei den heurigen Wahlen in Oberösterreich, in der Steiermark oder im Burgenland. Stets wurde die FPÖ von mehr Männern als Frauen gewählt. In der Steiermark war die Geschlechterkluft besonders gravierend, hier war der Anteil der männlichen Wähler dieser Partei doppelt so hoch wie jener der Wählerinnen: Mit 38 Prozent wurde die FPÖ unter Männern die stärkste Partei, dagegen votierten nur 17 Prozent der Frauen für Blau. Dass Frauen das Wahlergebnis maßgeblich beeinflussen, ist unbestritten. Die Frage ist nur: in welche Richtung?

Die gestrige Wien-Wahl zeigte eine nicht ganz so ausgeprägte Kluft zwischen den männlichen und weiblichen FPÖ-Wählern - aber immer noch ist sie eindeutig. Hätten nur Frauen gewählt, wäre die SPÖ auf 42 Prozent und die FPÖ auf 30 Prozent gekommen. Unter den Männern schnitt die FPÖ mit 32 Prozent besser ab, die SPÖ erhielt von ihnen 37 Prozent der Stimmen. Bei der Wiener Gemeinderatswahl 2010 konnte die FPÖ noch etwas stärker Männer (28 Prozent) als Frauen (20 Prozent) mobilisieren.

"FPÖ-Kurs weniger aggressiv"

Der Frauen-Überhang unter den Wählern der Sozialdemokraten sei zwar diesmal besonders hoch gewesen, sagt der Politologe Peter Hajek zur "Wiener Zeitung", weil etliche Grün-Wählerinnen zur SPÖ gewechselt seien. Aber auch was die FPÖ in Wien betrifft, beobachtet Hajek "eine deutliche Veränderung" der weiblichen Wählerschaft. Hier sei vor allem die Beteiligung unter den Nicht-Wählerinnen gestiegen - viele von ihnen hätten die FPÖ gewählt. Die Kluft zwischen männlichen und weiblichen FPÖ-Wählern sei daher nicht mehr so groß.

Die Ifes-Wahlforscherin Eva Zeglovits führt das unter anderem auf den weniger aggressiven Kurs der FPÖ zurück, den diese vor der Wien-Wahl eingeschlagen habe. Bei der Nationalratswahl 2006 hatte die FPÖ noch mit Plakate-Slogans wie "Daham statt Islam" geworben. "Einen solchen Wahlkampf hat es bei der heurigen Wien-Wahl nicht gegeben", sagt Zeglovits. Die Wahlforscherin kann sich vorstellen, dass man dadurch bewusst mehr Frauen erreichen wollte.

Die FPÖ gilt seit jeher als typische Männerpartei. Nicht zuletzt vermutlich deshalb, weil sie - im Gegensatz zu SPÖ und den Grünen - ein eher traditionelles Frauenbild vertritt. "Die FPÖ steht unbestreitbar rechts der Mitte", sagt der Politologe Peter Filzmaier, "und vermittelt mitunter eine Lebenswelt, die wenig mit jener der Frauen zu tun hat." Zudem ist die Führungsriege der FPÖ männlich dominiert. Ursula Stenzel, die bisher ÖVP-Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt war, zur FPÖ wechselte und bei der gestrigen Wien-Wahl für diese antrat, spricht laut Filzmaier nur den kleinen Teil der gutbürgerlichen Frauen an.

Vorsichtige Wählerinnen

Frauen gelten grundsätzlich als vorsichtig. Sie tendieren eher zur Zentrumspartei, was man am Beispiel Wien gesehen hat. Die SPÖ mit Bürgermeister Michael Häupl wurde überproportional von Frauen gewählt. Und auch in Oberösterreich wählten am 27. September vor allem Frauen über 45 die ÖVP, die Partei des seit 1995 amtierenden Landeshauptmann Josef Pühringer.

Das Stimmverhalten der Frauen kann Wahlen entscheiden. Österreichweit sind deutlich mehr Frauen als Männer wahlberechtigt, das galt auch für die Wiener Wahlen: Am Sonntag waren um etwa 70.000 mehr Frauen (606.868) als Männer (536.208) wahlberechtigt. Bei der vergangenen Gemeinderatswahl im Jahr 2010 waren es sogar um rund 80.000 mehr Frauen.

Deren Kampf um das politische Wahlrecht war allerdings ein erbitterter. Offensichtlich brauchte es eine Katastrophe wie den Ersten Weltkrieg (1914-1918), um die Emanzipation voranzutreiben. Denn erst 1918 wurde in vielen europäischen Ländern - wie auch in Österreich - das Frauenwahlrecht eingeführt.