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"Eine paradoxe Situation"

Von Bettina Figl

Politik

Unis müssen sparen wie noch nie - manche Studiengänge könnte es bald nicht mehr geben.


Wien. Für die Unis brechen harte Zeiten an. "Es ist eine paradoxe Situation", sagt Heinrich Schmidinger, scheidender Präsident der Universitätenkonferenz (uniko): "Es hat noch nie so viel Geld gegeben wie jetzt, und noch nie so wenig."

Mitterlehner: "Unis müssen Bereiche weglassen"

Zur Aufrechterhaltung des Status quo wäre laut den Unis 2016 bis 2018 eine Steigerung des Budgets von 10,5 bis elf Prozent notwendig gewesen. Das entspricht etwa dem Zuwachs von 2013 bis 2015. Nun bekommen die Unis 5,5 bis sechs Prozent mehr Geld, doch die 615 Millionen Euro zusätzlich decken nicht einmal die Gebäudekosten ab, mitbenutzte Ressourcen werden nicht mehr wie bisher vom Wissenschaftsfonds bezahlt, Gehaltserhöhungen müssen die Unis künftig aus eigener Tasche finanzieren.

"Es ist ein Einsparungsbudget", sagt der uniko-Chef und Rektor der Uni Salzburg. An der Uni Salzburg könne nicht jede Stelle nachbesetzt, die Aufrechterhaltung aller Standorte nicht garantiert werden, kündigte Schmidinger an. Einzelne Studiengänge könnte es bald nicht mehr geben: "Wir können nicht jede Studienrichtung unabhängig von der Nachfrage finanzieren." Welche Studien es treffen könnte, wollte er nicht sagen. "Die Unis müssen sich fragen, welche Bereiche sie weglassen können", sagte auch Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner in einer schriftlichen Stellungnahme. Angesichts "herausfordernder Zeiten" müssten sie neue Schwerpunkte setzen und sich um ein stärkeres Profil bemühen.

Von "zynischer Augenauswischerei" und einem "Armutszeugnis" spricht Magdalena Goldinger, Generalsekretärin der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH). Die Budgeterhöhungen würden durch Erhöhungen der Personalkosten und der Inflation wieder aufgefressen, so die ÖH.

Warum haben die Uni-Rektoren das Budget unterschrieben? "Wir haben festgestellt, dass wir nicht mehr erwirken können, egal welche Aktionen wir setzen", sagte Schmidinger. Bei Nicht-Zustimmung wäre es zu einem Schlichtungsverfahren gekommen, die Unis hätten für unbestimmte Zeit nur einen Teil des Budgets bekommen, und das bei ungewissem Ausgang. Die Gründe für die jetzige Situation sieht er in "Versäumnissen der Vergangenheit". Index- und Gehaltssteigerungen seien jahrelang ausgeblieben, Studierende musste man unbegrenzt aufnehmen. Um das jetzt zu verbessern, müsste man "sehr viel Geld in die Hand nehmen". Die Unis würden in den Rankings so jedenfalls nicht weiterkommen: "Wir sind nicht konkurrenzfähig."

"Jede Uni zahlt Ärztegehälter - warum müssen wir herhalten?"

Kritik kam von Schmidinger auch in Bezug auf die Ärztegehälter: "Warum muss das Uni-Budget dafür herhalten? Ein gewisser Anteil ist okay, aber nicht alles. Jede Kunstuni zahlt Ärztegehälter mit." Das Wissenschaftsministerium erwidert, die Ärzte an den Unikliniken seien Unipersonal, die Gehaltssteigerung in Folge des neuen Ärztearbeitszeitgesetzes werde aus einer Reserve finanziert. "Das Budget der einzelnen Unis wird dadurch nicht geschmälert."

Schmidingers Amtszeit endet 2015. Seine Bilanz nach vier Jahren als uniko-Rektor: "Ich war ein Vertreter der stillen Diplomatie. Ich dachte, wir kommen weiter, wenn wir hinter den Kulissen miteinander reden. Ich frage mich, ob es der richtige Weg war." Die Rektoren wählen am 14. Dezember einen neuen uniko-Präsidenten. Schmidinger wünscht sich unter den Rektoren mehr Solidarität: "Wenn wir mit einer Stimme sprächen, wären wir stärker."