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Düstere Budgetaussichten

Von Marina Delcheva

Politik

Schulden und Budgetdefizit steigen 2016, Kosten für die Flüchtlingskrise höher als angenommen.


Wien. Milliarden für Banken, steigende Arbeitslosigkeit, mangelnde Gegenfinanzierung der Steuerreform und eine Flüchtlingskrise, die vielleicht deutlich teuer wird, als ursprünglich angenommen. Es sind düstere Budgetaussichten, die der Fiskalrat in seiner Herbstprognose zeichnet.

"Es ist eine schwache Konjunktur, die nicht viel erlauben wird, weder einen Schuldenabbau, noch eine Senkung der Arbeitslosigkeit", sagte Bernhard Felderer, Präsident des Fiskalrates, am Donnerstag vor Journalisten. Die Prognosen der Budgetwächter für das kommende Jahr fallen damit deutlich düsterer aus als jene des Finanzministeriums (BMF).

Ausgeglichener Haushalt wackelt 2016

Für heuer hat der Fiskalrat noch ein strukturelles Nulldefizit von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts prognostiziert. Das fällt deutlich als die vom Finanzministerium veranschlagten 0,5 Prozent aus. Für 2016 ist man deutlich pessimistischer. Während Finanzminister Hans Jörg Schelling immer noch mit einem strukturellen Nulldefizit von 0,5 Prozent rechnet, sieht der Fiskalrat dieses auf 1,4 Prozent steigen. Und: "Auch wenn man die aktuell höheren Flüchtlingskosten herausrechnet, beträgt das Defizit immer noch 1,2 Prozent", so Felderer. Damit liegt es deutlich über der von der EU erlaubten Grenze von 0,45 Prozent des BIP.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen sei das angenommene Wirtschaftswachstum - für 2016 rechnet auch der Fiskalrat mit einem realen BIP-Wachstum von 1,4 Prozent - zu niedrig, um etwa die steigende Arbeitslosigkeit einzudämmen. Zum anderen entfallen mit der Steuerreform auf einen Schlag Einnahmen in Milliardenhöhe. Zur Erinnerung: Ab 2016 tritt eine Entlastung von 5,2 Milliarden in Kraft, die vor allem Arbeitnehmern zugute kommt.

"Die völlige Gegenfinanzierung findet aber nicht statt", urteilt Felderer. Er bezweifelt etwa, dass die vom BMF budgetierten 1,9 Milliarden Euro durch Betrugsbekämpfung eingenommen werden können. Grundsätzlich sei die Reform zu begrüßen. Eine vollständige Gegenfinanzierung sei aber erst mittel- und langfristig zu erwarten.

1,7 Milliarden Euro für Schutzsuchende?

Besonders die Flüchtlingskrise sorgte am Donnerstag für Diskussionen. Die Folgekosten dieser - also für die Grundversorgung, für die bedarfsorientierte Mindestsicherung, für Integrationsmaßnahmen - bezifferte Felderer für heuer mit 700 Millionen Euro. Im kommenden Jahr sollen sie auf 1,7 Milliarden steigen. Diese Summe hängt allerdings an einer Reihe von Unbekannten. Denn die Anzahl der Asylwerber, derzeit wird mit 85.000 für 2015 und 2016 gerechnet, könnte sowohl höher als auch niedriger ausfallen. Außerdem sei hier nicht eingerechnet, wie viel das Bundesheer, die ÖBB und NGOs dem Staat für ihre Flüchtlingseinsätze noch in Rechnung stellen.

"Wie der Fiskalrat zu diesen Zahlen kommt, ist für uns nicht nachvollziehbar", heißt es auf Anfrage aus dem Finanzministerium. Dort rechnet man mit etwa einer Milliarde Kosten für die Flüchtlingskrise: 565 Millionen für Grundversorgung, Arbeitsmarkt und Integration sowie mit 345 Millionen Zusatzkosten für die Gemeinden. Ob diese Kosten von Brüssel als Einmaleffekte aus den Defizitvorgaben herausgerechnet werden, ist noch unklar.

Auffällig ist die Prognose bezüglich der Mindestsicherungsbezieher unter den anerkannten Flüchtlingen. Laut Fiskalrat sollen heuer 3700 der 85.000 erwarteten Schutzsuchenden in die Mindestsicherung rutschen. 2016 soll die Zahl ob der tristen Wirtschaftslage und der schwierigen Arbeitsmarktintegration sogar auf 35.000 steigen.

Das Sozialministerium kann diese Zahlen allerdings so nicht bestätigen. Aktuell seien insgesamt 13.397 asylberechtigte Mindestsicherungsbezieher beim AMS vorgemerkt, so eine Sprecherin. Eine Prognose für das kommende Jahr gibt es diesbezüglich nicht. Angesichts der weiter gestiegenen Arbeitslosigkeit fallen heuer insgesamt 5,9 Milliarden Euro für Arbeitslosengeld und Notstandshilfe an.

Auf der anderen Seite bringe die Flüchtlingskrise langfristig auch Vorteile, so Felderer. "Kein Land wächst schwächer als jenes mit einer schrumpfenden Bevölkerung." Um die sozialen Folgekosten möglichst gering zu halten, mahnt auch er eine rasche Arbeitsmarktintegration ein.

Banken belasten Budget am stärksten

Die größere Herausforderung für das Budget sind übrigens nicht die Flüchtlinge, sondern die hohen Kosten für die Bankenpakete (siehe Grafik). Ohne diese betrüge die Verschuldungsquote heuer 74,8 Prozent des BIP oder rund 200 Milliarden Euro. Bankenhilfen und Heta-Altlasten eingerechnet beträgt sie 85,3 Prozent. Allein die Bad Bank Heta belastet die Staatsschulden aktuell mit 20 Milliarden Euro. "Wir hätten uns einiges erspart, wenn die Banken höher kapitalisiert gewesen wären", sagte Felderer.