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Elga startet in den Spitälern

Von Rosa Eder-Kornfeld

Politik

Gegner warnen: Mehr Bürokratie und weniger Datenschutz.


Wien. Ein Patientenakt kann im Laufe der Jahre ganz schön dick werden. Untersuchungen, Diagnosen, Befunde und Behandlungen werden darin vermerkt, und manche dieser Daten sind besonders sensibel. Nun kommt Elga, der Elektronische Gesundheitsakt.

Der Startschuss fällt heute, Mittwoch, in öffentlichen Spitälern in der Steiermark und in Wien. Ab jetzt können Gesundheitsdaten wie Entlassungsbriefe und Labor- und Röntgenbefunde von Patienten zwischen den verschiedenen Spitalsverbünden elektronisch verlinkt werden. Der Schlüssel zu den Daten ist die E-Card des Patienten.

Patient kann seine persönliche Elga selbst verwalten

Gleichzeitig können die Patienten über ein Internetportal in ihren persönlichen Akt die eigenen Gesundheitsdaten mittels Handysignatur oder Bürgerkarte abrufen und wahlweise ausblenden, wie etwa eine HIV-Erkrankung, Depressionen oder einen Schwangerschaftsabbruch. Sie sehen auch, wer zugegriffen hat. Der unbefugte Zugang zu sensiblen Gesundheitsdaten wird durch Elga nicht einfacher als bisher, sagt Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser. "Sie können sich schon heute nicht darauf verlassen, dass ihre Daten nicht irgendwo abrufbar sind. Wenn Sie in Spitalsbehandlung waren, oder wenn Ihr Allgemeinmediziner Daten gespeichert hat, dann kann auch dort jemand hin, da brauche ich Elga nicht dazu", so Oberhauser in einem ORF-Interview. Sie garantiert, dass nach derzeitigem Stand der Technik die Elga-Daten sicher sind. Thomas Szekeres, Präsident der Ärztekammer für Wien, hat hingegen massive Bedenken. "Die Praxis zeigt, dass der Patient in den Spitälern gar nicht weiß, wer seine gesamte Akte einsieht, weil das von jedem Spitalsträger in Österreich individuell geregelt wird", so Szekeres.

Elga-Teilnehmer sind alle Krankenversicherten, man kann sich aber elektronisch oder schriftlich abmelden ("Opt-out"). Einen großen Schub an Abmeldungen gab es im vergangenen Jahr, als der Österreichische Hausärzteverband (ÖHV) den Patienten dringend "Raus aus Elga!" ans Herz legte. Bis jetzt haben sich rund 223.000 Personen abgemeldet. In Relation zu den 9,3 Millionen
E-Card-Inhabern sind das aber nur etwa 2,5 Prozent.

Der Hausärzteverband erneuert nun seine Empfehlung: "Gesundheitsdaten sind für ein Herumexperimentieren viel zu heikel. Schützen Sie Ihre Daten vor einem elektronischen Testbetrieb, dessen Verlauf ein Chaos erwarten lässt", betont Hausärzte-Sprecher Wolfgang Geppert in einer Aussendung. Für Kassenärzte wird die Teilnahme an Elga ab Jahresmitte 2017 verpflichtend.

Ärztekammer: Noch weniger Zeit für die Patienten

Szekeres befürchtet einen zusätzlichen administrativen Aufwand für die Ärzte. Aufgrund fehlender Suchfunktionen werde es zukünftig ein Mehr an Bürokratie geben, "und zwar sowohl in den Ordinationen als auch in Spitälern". Damit bliebe noch weniger Zeit für den Kontakt mit den Patienten.

Über Elga freut sich die Wirtschaftskammer: "Behandlungswege werden transparenter, der Patient hat erstmals einen Überblick über seine Gesundheitsdaten, und teure Doppeluntersuchungen werden bald der Vergangenheit angehören." Dass der Patient alle Daten seiner Wahl ausblenden kann, könne jedoch "eine Abschwächung der positiven Aspekte von Elga bedeuten, wenn dieses sogenannte situative Opt-out das Bild verfälscht".

ÖVP-Seniorensprecherin Gertrude Aubauer begrüßt Elga. Damit müssten nicht immer alle Befunde von einem Arzt zum anderen mitgenommen werden, "sondern die Daten ‚wandern‘ auf elektronischem Wege mit und der Arzt oder die Ärztin ist dadurch voll informiert". Bedauerlich findet sie es, dass sich die elektronische Erstellung von Rezepten inklusive Datenbank über die verschriebenen Medikamente (E-Medikation) verzögere. Gerade Senioren würden oft mehrere Medikamente einnehmen, dabei könne es zu Wechselwirkungen kommen, so Aubauer.