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Erwin Pröll tritt nicht zur Bundespräsidentenwahl an

Von Brigitte Pechar

Politik

ÖVP präsentiert Kandidaten am Sonntag - Van der Bellen wird sich nicht als Grüner zur Wahl stellen.


Wien. Fassungslosigkeit in der ÖVP: Als am Donnerstagabend Erwin Pröll bekanntgab, nicht als ÖVP-Bundespräsidentschaftskandidat antreten zu wollen, waren die meisten ÖVP-Funktionäre mit Ausnahme von Reinhold Mitterlehner vom Donner gerührt. "Das kann man nicht machen, das ist ein Genickschuss für die Partei", sagte ein hochrangiger ÖVP-Funktionär zur "Wiener Zeitung". Mit einer Mischung aus ungläubigem Lachen und Erschütterung nahmen die hohen ÖVP-Funktionäre die Entscheidung Prölls zur Kenntnis.

Am Donnerstagmittag wurde ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner von der Entscheidung Prölls informiert. Er hielt allerdings dicht und überließ dem niederösterreichischen Landeshauptmann die Verkündung der überraschenden Entscheidung.

Wer nun für die ÖVP antritt, war bis Redaktionsschluss unbekannt. In der ÖVP hielten es manche nicht für ausgeschlossen, dass Reinhold Mitterlehner selbst als Präsidentschaftskandidat antritt und Sebastian Kurz die ÖVP-Obmannschaft übergibt. Dies ist allerdings ein ausdrückliches Gerücht, aus der Überraschung über die Pröll’sche Entscheidung geboren.

Mitterlehner sagte am Donnerstagabend in der "Zeit im Bild 2" des ORF, der Grund für Prölls Absage sei, dass dieser für die Periode als Landeschef gewählt und diese Periode noch nicht vorbei sei.

"Ich kann bestätigen, dass ich Erwin Pröll für einen guten Kandidaten halte. Er hat mir aber einige Tage vor Weihnachten gesagt, dass er aufgrund seiner Lebensplanung als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl nicht zur Verfügung steht", sagte Mitterlehner. Und weiter: "Ich konnte in aller Ruhe den besten Kandidaten finden. Den werde ich am Sonntag vorschlagen."

Nicht Kandidat der Grünen

Indes wird Alexander Van der Bellen nicht als Kandidat der Grünen zur Bundespräsidentenwahl im April antreten. So viel hat Grünen-Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner am Donnerstag verraten - immer noch mit dem Verweis darauf, "wenn Van der Bellen beschließt, anzutreten". Das sei eine persönliche Entscheidung Van der Bellens, die Grünen werden ihn aber unterstützen.

Gerade beim Amt des Bundespräsidenten sei es wichtig, dass nicht das Machtgefüge einer Partei entscheide, wer kandidiere und wer im darauf folgenden Postenkarussell zum Zug komme. Van der Bellen habe seine Entscheidung für den Jänner angekündigt.

In welcher Form die Grünen ihn dann unterstützen beziehungsweise finanzieren, würden die Parteigremien dann innerhalb von "Tagen oder Wochen" entscheiden. Die grüne Klubklausur am 14. und 15. Jänner in Wien sei jedenfalls nicht die Tagung, bei der dies geschehe, sagte Wallner. Die Ankündigung des grünen Parteimanagers kann als eindeutiges Signal für Van der Bellens Kandidatur gedeutet werden. Interessant ist aber die Festlegung auf die Überparteilichkeit.

Politikwissenschafter Fritz Plasser analysiert im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", warum gerade bei einer Bundespräsidentenwahl die Parteiunabhängigkeit der Kandidaten so weit im Vordergrund steht. Einerseits, so Plasser, nähere sich das Vertrauen der Bevölkerung in politische Parteien dem Nullpunkt. Das betreffe nicht nur die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP, sondern generalisiere sich auf alle Parteien. Eine Grenzziehung zwischen sich und einer Partei sei deshalb ein gewisser Schutz, um nicht von einer zu starken Gleichsetzung mit der Partei eingeholt zu werden.

Amt erfordert Unabhängigkeit

Andererseits, erläutert der emeritierte Professor für Politikwissenschaft, passe die Überparteilichkeit auch besser in das Anforderungsprofil eines Bundespräsidenten. Von ihm werde erwartet, dass er seinen Amtsstil über den Parteien stehend definiere.

Sollte Van der Bellen antreten, sei es für ihn viel besser, als unabhängiger Kandidat ins Rennen zu gehen, als der grüne Basiskandidat zu sein.

Daher sei von Van der Bellen auch nicht zu erwarten, dass er im Wahlkampf auf seine elfjährige Tätigkeit als grüner Bundessprecher (von 1997 bis 2008) replizieren wird.

Mit der ruhigen, besonnenen Art werde der Professor für Wirtschaftswissenschaften diese Überparteilichkeit sehr wahrscheinlich leichter vermitteln können, als dies Erwin Pröll, der seit 1992 im innersten Machtzentrum der ÖVP steht und seit 1992 niederösterreichischer Landeshauptmann ist, imstande sein werde.

Hundstorfer als Zählkandidat

Bei der SPÖ deutet alles auf eine Kandidatur von Sozialminister Rudolf Hundstorfer hin. Die Sozialdemokratie ist als größte Partei gezwungen, aktiv an der Bundespräsidentenwahl teilzunehmen.

Dennoch befürchtet Plasser, dass Hundstorfer in diese Wahl nur als Zählkandidat gehen könnte - "mit dem großen Risiko, dass er nicht einmal in die Stichwahl kommt". Der Sozialminister riskiere mit einer Kandidatur sehr viel, glaubt der Politikwissenschafter.