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Ein Mann mit Perspektiven

Von Brigitte Pechar

Politik

Van der Bellen tritt an. Meinungsforscher Hajek und Bachmayer geben ihm Chancen, in die Stichwahl zu kommen.


Wien. Jetzt ist es also ganz offiziell. "Mein Name ist Van der Bellen. Ich kandidiere für das Amt des Bundespräsidenten der Republik Österreich. Und ich bitte um Ihr Vertrauen und Ihre Unterstützung." Alexander Van der Bellen (71) will es noch einmal wissen. Mit ihm steigt ein Politprofi in den Ring, der für SPÖ und ÖVP die Latte hoch legt.

In einer Videobotschaft wandte er sich am Freitag an die Bevölkerung. Er glaube an Menschenrechte und auch -pflichten. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit solle man nicht als selbstverständlich ansehen, sondern darauf achten, dass diese auch in Zukunft garantiert seien. "Ich fühle mich verpflichtet, das Meinige dazu beizutragen." Betitelt ist das Video, in dem der Kandidat vor dem Parlament, auf einem Markt und in einem Auwald zu sehen ist, mit einer Zeile aus der Bundeshymne: "Mutig in die neuen Zeiten". Auch in den SPÖ-Zitatenschatz wird gegriffen: "Lassen Sie uns ein Stück des Weges gemeinsam gehen", sagt Van der Bellen und repliziert damit auf einen Bruno-Kreisky-Slogan.

Dass Van der Bellen antritt, war schon seit längerem klar. Bereits in seinem im September 2015 erschienenen autobiografischen Buch "Die Kunst der Freiheit" meinte er, dass die Funktion des Bundespräsidenten mit seinem Anspruch auf Privatsphäre im Grunde unvereinbar sei. Gleichzeitig werde nur wenigen die Ehre und das Vertrauen zuteil, als zumindest nicht aussichtsloser Kandidat für dieses Amt zu gelten. "Leicht mache ich es mir nicht", so damals sein Fazit. Und weiter: "Schaffe ich es in die Stichwahl, dann ist der Ausgang des Wettbewerbs um die Hofburg offen."

Von den Meinungsforschern werden dem Wirtschaftsprofessor gute Chancen gegeben. Peter Hajek, Meinungsforscher und Strategieberater, hält jüngste Meinungsumfragen, wonach Van der Bellen im ersten Wahlgang um die 30 Prozent erhält, für plausibel. "Wir wissen, dass er in seiner Zeit als Parteichef (1997 bis 2008) weit über die grüne Wählerschaft hinausgestrahlt hat. Van der Bellen hat hohe Sympathiewerte und genießt in der Bevölkerung hohes Vertrauen." Und er könne Wähler auch rechts der Mitte abholen. Van der Bellen sei jedenfalls mit Abstand der stärkste Kandidat, den die Grünen je aufgestellt hätten, sagt Hajek.

1986 ist die am 22. Dezember 2015 verstorbene Freda Meissner-Blau (5,5 Prozent) angetreten - allerdings als unabhängige Kandidatin und ohne Parteifunktion. Erst danach zog sie an der Spitze der Grünen in den Nationalrat ein. 1982 kandidierte Robert Jungk (5,75 Prozent) für die Grünen und 1998 wurde Gertraud Knoll (13,6 Prozent) als Parteifreie von den Grünen unterstützt.

Auch Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer (OGM) bestätigt, dass Van der Bellen über das grüne Wählerspektrum hinaus wirkt. Bachmayer sieht aber derzeit noch die größeren Chancen bei Irmgard Griss, weil sie die Themen rechts der Mitte besser abdecke. Allerdings habe nach dem Abspringen von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll als ÖVP-Kandidat das Pendel wieder stärker zu Van der Bellen ausgeschlagen.

Bachmayer hält die Kandidatur Van der Bellens vor allem für die Grünen für wichtig - auch wenn diese ihren Ex-Parteichef nur unterstützen, er aber nicht als Parteikandidat antritt. Für die Grünen sei ein Zwischenwahlkampf, bei dem sie über die 20-Prozent-Marke kommen, notwendig, um wieder ein Zeichen zu setzen, sagt der OGM-Chef.

Dennoch: Van der Bellen bleibt dabei - er werde ein unabhängiger Kandidat sein, hieß es in einer Aussendung. Seine Kandidatur werde von dem Verein "Gemeinsam für Van der Bellen Unabhängige Initiative für die Bundespräsidentschaftswahl 2016" unterstützt. "Sein überlegtes, ehrliches und respektvolles Auftreten sind Gewähr dafür, dass er ein über den Parteien stehender, allein seinem Gewissen und der Bevölkerung verpflichteter Bundespräsident sein kann", sagte Parteichefin Eva Glawischnig in einer ersten Stellungnahme nach der Bekanntgabe der Kandidatur.

Alles hänge noch von den Kandidaten der Regierungsparteien ab, sagte Bachmayer. Diese tun sich aber sichtlich schwer bei der Kandidatenfindung. In der SPÖ hält man sich bedeckt und auch ihr wahrscheinlicher Kandidat, Sozialminister Rudolf Hundstorfer, schweigt, wenn es um das heikle Thema geht. Dennoch deutet alles auf ihn hin.