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Weniger Sozialleistungen - weniger Flüchtlinge?

Von Werner Reisinger

Politik

EU-Staaten wollen unattraktiver für Flüchtlinge werden, Österreich zieht mit.


Wien/Linz. Was in vielen europäischen Ländern bereits umgesetzt wird oder zumindest Gegenstand einer breiten Debatte ist, will man jetzt auch in Österreich - nämlich Maßnahmen einführen, die das Land als Ziel für Asylwerber so unattraktiv wie möglich machen. So sorgte Dänemark international für Aufsehen, weil es einreisewilligen Flüchtlingen - so diese überhaupt einreisen dürfen - Geld und Wertgegenstände abnehmen lässt. Kaum bekannt: Auch Bayern lässt Schutzsuchende nach Barvermögen und Wertsachen durchsuchen.

Trägt ein Flüchtling mehr als 750 Euro mit sich, so muss er alles darüber an den bayrischen Freistaat abgeben. Großbritanniens Premier David Cameron will in seinem Land Sozialleistungen für EU-Bürger kürzen, wer nicht ins System eingezahlt habe, hätte auch kein Recht, daraus Leistungen zu beziehen, so Camerons Position. In Tschechien, der Slowakei und den baltischen Ländern gibt es teils keine oder nur sehr geringe sozialstaatliche Leistungen, in Lettland ist die Sozialhilfe mit maximal 128 Euro pro Person und Monat noch am höchsten. Genau diese Staaten verzeichnen auch das europaweit geringste Aufkommen an Asylanträgen.

Statt 914 nur mehr 320 Euro

Weniger Sozialleistungen, weniger Flüchtlinge - das ist auch die Rechnung der ÖVP. Auf Regierungsebene konnte sich diese schließlich gegen den Regierungspartner SPÖ durchsetzen und Asyl auf Zeit beschließen, zusammen mit der eingeführten Obergrenze vulgo Richtwert bei Asylanträgen soll auch das Österreich unattraktiver machen, wie ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner stets betont. Weniger Sozialleistungen für Flüchtlinge ist seit der ÖVP-Klubtagung vor zwei Wochen ohnehin schwarze Parteilinie. Die von ÖVP und FPÖ geführte Landesregierung in Oberösterreich will jetzt Fakten schaffen. Heute, Donnerstag, wird im oberösterreichischen Landtag ein Antrag der Landesregierung eingebracht, demzufolge befristet Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte künftig nur mehr ein Drittel der Mindestsicherung erhalten sollen.

Oberösterreich orientiert sich hier an Salzburg und dem Burgenland, wo bereits jetzt subsidiär Schutzberechtigte von der Mindestsicherung ausgenommen sind, in Salzburg haben zudem auch regulär Asylberechtigte erst vier Monate nach Erhalt eines positivem Asylbescheids Anspruch auf Mindestsicherung. Neu am Vorhaben der Oberösterreicher sei, dass nun auch befristet Asylberechtigte von der Mindestsicherungskürzung betroffen sein werden, heißt es aus dem ÖVP-Landtagsklub.

Das Mindestsicherungsgesetz ist Landessache und kann im Landtag mit einfacher Mehrheit geändert werden. Geht es nach der ÖVP, soll der Sozialausschuss bereits am 11. Februar dem Entwurf zustimmen, der Landtag könnte dann schon am 3. März die Mindestsicherungskürzung beschließen. Kommt das Gesetz, würden also Flüchtlinge, deren Aufenthaltsstatus nicht befristet ist, in Oberösterreich die volle Mindestsicherung in der Höhe von 914 Euro monatlich erhalten - jene, die ihren Asylantrag nach dem 15. November 2015 gestellt haben, also unter die neue "Asyl auf Zeit" Regelung fallen, würden um zwei Drittel weniger bekommen, nämlich nur mehr 320 Euro.

Das sei rechtlich möglich, da das verfassungsmäßige Verbot der Ungleichbehandlung sich auf dauerhaft asylberechtigte Personen und andere bezugsberechtigte Personengruppen beziehe, behauptet man im ÖVP-Landtagsklub. Anders sieht das der Linzer Anwalt und Asylrechtsexperte Helmut Blum. Eine Differenzierung zwischen befristet und unbefristet Asylberechtigten könnte dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen. "Die Frage ist, ob eine derartige Regelung einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhält", so Blum.

"Angriff auf sozial Schwache"

Die oberösterreichische Landesregierung fordert vom Bund zudem, die Mindestsicherung für Mehrpersonenhaushalte bei 1500 Euro monatlich zu deckeln, "arbeitsfähigen aber nicht arbeitswilligen Personen" die Mindestsicherung nach einem Jahr um ein Viertel zu kürzen und im ersten Jahr die Mindestsicherung größtenteils in Sachleistungen auszubezahlen. Dies würde für alle Bezieher der Mindestsicherung gelten.

Grüne, SPÖ und NGOs sehen darin einen Angriff auf die sozial Schwächsten, für die grüne Landessprecherin Maria Buchmayr wird damit das Ziel von ÖVP und FPÖ, den österreichischen Sozialstaat generell abzubauen, evident.