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Informationsfreiheit in der Warteschleife

Von Simon Rosner

Politik

Der Abschied von der Amtsverschwiegenheit dürfte ein langwieriger werden. Bundesländer fordern Mitsprache bei Transparenzgesetz.


Wien. Die Amtsverschwiegenheit soll bald der Vergangenheit angehören und an ihre Stelle die Informationsfreiheit treten. So steht es im Regierungsprogramm, so fordert es die Opposition und, wenn man so will, so verlangt es auch ein sich veränderndes zivilgesellschaftliches Selbstverständnis: Es wäre eine Zeitenwende in der Beziehung des Staates zu seinen Bürgerinnen und Bürgern. Doch die Gesetzeswerdung erweist sich als mühsamer Prozess, der nun schon drei Jahre andauert.

Das Begutachtungsverfahren ergab zwei grundverschiedene Interpretationen des Regierungsentwurfs: Den einen geht er viel zu weit, den anderen nicht weit genug. Und dann gibt es noch eine dritte Ebene, jene der Bundesländer, die an ihre Zustimmung Bedingungen knüpfen. Das macht eine Kompromissfindung schwer.

Für Peter Wittmann (SPÖ), Vorsitzender des zuständigen Verfassungsausschusses, ist es jedoch nur "ein ganz normales Problem". Wittmann sitzt seit fast 20 Jahren im Parlament, er sagt: "Im Verfassungsbereich ist das immer so, und wir haben noch jedes Mal was zusammenbracht und werden das auch diesmal tun."

Nicht ganz so optimistisch gibt sich ÖVP-Verhandler Wolfgang Gerstl aufgrund des Widerstands der Länder. Diese wollen beim Informationsfreiheitsgesetz ein Veto sowie eine "Miterledigung einiger langjähriger Länderforderungen", wie es heißt. Sie verweisen auf ein diesbezügliches Schriftstück mit der Aktenzahl VSt-4700/19 aus dem September. Dessen Inhalt konnte die zuständige "Verbindungsstelle der Bundesländer" allerdings am Freitag dieser Zeitung nicht nennen. (Was möglicherweise bei einem bereits in Kraft befindlichen Transparenzgesetz anders gewesen wäre.)

Kein Flickwerk

Für Gerstl wäre es problematisch, wenn sich die Länder einer bundesweit einheitlichen Gesetzgebung verwehren und somit neun Landesgesetze beschlossen werden müssen. Dann müsse man abwägen, so Gerstl, ob es überhaupt sinnvoll sei, ein solches Flickwerk zu beschließen. Auch die Grünen beharren auf einer bundesweiten Regelung.

Gerstl will deshalb Josef Ostermayer, Minister für Verfassung und generell schwierige Materieren (Ortstafeln, Bildungsreform, Beamtengehälter, etc.), zurück an den Verhandlungstisch bitten; auch der grüne Abgeordnete Albert Steinhauser wünscht sich eine Beteiligung Ostermayers. Sein Fehlen habe in den Verhandlungen ein "Vakuum" erzeugt.

Im Büro des Ministers verweist man auf dessen "grundsätzliche Bereitschaft", verortet das Gesetz aber im Nationalrat. Die Grünen als möglicher Partner der Regierung für eine Zwei-Drittel-Mehrheit sind bereit, ihre Forderung nach einem Informationsbeauftragten, wie er etwa in Slowenien installiert wurde, zurückzustellen. Steinhauser fordert allerdings weniger Ausnahmen als im Entwurf festgeschrieben, zudem lehnen es die Grünen ab, dass die verfassungsrechtlichen Geheimhaltungsgründe einfachgesetzlich ergänzt werden können. Das sei ein "Blankoscheck, um die Informationsfreiheit zu umgehen", sagt Steinhauser.

Die Regierung ist auf die Grünen allerdings nicht angewiesen, sie könnten sich die notwendige Verfassungsmehrheit auch via FPÖ beschaffen. "Ich bin in sehr konstruktiven Verhandlungen mit den Freiheitlichen", sagt Wittmann, der Kritik am Verhandlunsgstil der Grünen übt, die der Regierung am Freitag ein Ultimatum bis Sommer gestellt haben. Auch Gerstl sowie FPÖ-Verhandler Philipp Schrangl lehnen ein Ultimatum ab. Einig sind sich Grüne und FPÖ allerdings in der Einschränkung der Ausnahmen. "Das muss taxativ abgeschlossen sein", sagt Schrangl. Haupthindernis dürften derzeit aber ohnehin weniger die Oppositionsparteien als die Bundesländer sein.