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Von Alexandra Laubner

Politik
Das Projekt am Verteilerkreis Favoriten wird nicht kommen.
© sam/architects

Das Ringen um einen Fernbusterminal geht weiter: Seit der Vorwoche ist der Standort am Verteilerkreis Favoriten Geschichte.


Wien. Es ist, wie es scheint, eine unendliche Geschichte, bei der die nächste Klappe fällt. Ein Punkt steht seit der Vorwoche jedoch fest: Der Verteilerkreis Favoriten kommt als Standort für den geplanten Fernbusterminal nicht mehr in Frage - obwohl dieser von den Experten der Stadt wie auch von der Wirtschaftskammer aufgrund der U1-Anbindung und der Nähe zur Südosttangente seit längerem favorisiert wurde. Ein Vorteil, der immer wieder genannt wurde: Die Busse müssten nicht durch die Stadt fahren. Nach den heftigen Protesten samt Bürgerversammlung im 10. Bezirk hält die Stadt an ihrem Wunschstandort nun nicht mehr fest.

Der Verteilkreis sei Geschichte, gab die grüne Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou in der Vorwoche im Rahmen einer Fragestunde des Gemeinderates bekannt. "Das Projekt wird von der Bezirksvorstehung Favoriten abgelehnt, nicht nur von SPÖ-Bezirksvorsteher Marcus Franz, sondern von allen Fraktionen", sagte Vassilakou. Nachsatz: "Den Terminal dort zu realisieren würde bedeuten, sich gegen den einstimmigen Willen des Bezirks zu stellen." Trotz mehreren Gesprächsrunden konnte mit dem Bezirk keine Einigung erzielt werden.

Favoritens Bezirksvorsteher Marcus Franz kritisierte bereits bei seinem Amtsantritt im Oktober 2017 in einem Interview mit der "Wiener Zeitung" dass es kein Konzept gebe, wie 700 Busse täglich am Verteilerkreis ein- und ausfahren sollten, und dass es jetzt schon, ohne Fernbusterminal, ständig zu Stau und zu einer enormen Abgasbelastung kommen würde.

Waldmanngründe im Rennen

Nun prüft die Stadt einen weiteren Standort - die sogenannten Waldmanngründe beim Hauptbahnhof bzw. beim Südtiroler Platz. Dort fahren derzeit Fernbusse ab, der Busterminal sollte jedoch bereits 2014 geschlossen werden. Die ÖBB wollten die Liegenschaft verkaufen.

Interessantes Detail am Rande: Nach einer Standortprüfung, die die Stadt vor vier Jahren in die Wege geleitet hat und bei der zwölf Optionen überprüft wurden, kamen die Waldmanngründe nicht in die engere Wahl. Die drei möglichen Standorte, auf die sich die Stadt und die Experten 2016 festlegten, waren der Verteilerkreis, der bestehende Busbahnhof in Erdberg, der von Blaguss betrieben wird, und das Stadioncenter in der Leopoldstadt, wo derzeit Fernbusse nach Rom, Zagreb oder nach Riga abfahren. Bereits 2016 sollte eine Entscheidung über einen zentralen Fernbusterminal fallen, wobei der Verteilerkreis als Favorit galt. Heute, zwei Jahre später, heißt es wieder zurück an den Start. Laut Vassilakou gelten die Waldmanngründe, die erst jetzt ins Spiel gebracht wurden, als beste Option - noch vor den Busterminals in Erdberg und dem Stadioncenter.

Kritik anlässlich der Ankündigung, den neuen Standort am Hauptbahnhof prüfen zu lassen, hagelt es von der Wirtschaftkammer Wien - vor allem von Davor Sertic, dem Obmann der Sparte Transport und Verkehr. "Seit zehn Jahren wird nun schon über das Projekt gesprochen, jetzt stehen wir offenbar wieder bei null", sagt Sertic.

Anfang Februar stellte Sertic die ersten Visualisierungen für einen Fernbusterminal am Verteilerkreis vor - mit Lebensmittelgeschäften, Zeitungs-Shops, Taxistandplätzen, Gastro- sowie Car-Sharing-Angebote. Der Verteilerkreis ist für Sertic die erste Wahl. Es sollte ein Vorzeigeprojekt werden, wie er sagt, das 850 Arbeitsplätze schaffen würde und 650 Millionen Euro an Wertschöpfung bringen könnte. Die Errichtungskosten bezifferte Sertic mit 50 Millionen Euro. "Aus meiner Sicht kann kein Standort mit dem Verteilerkreis mithalten. Sollte aber ein gleichwertiger gefunden werden, werde ich auch dieses Projekt natürlich unterstützen. Denn die Hauptsache ist, dass Wien endlich einen neuen Busterminal bekommt."

Zu nahe am Zentrum

Aus Sicht der Wirtschaftskammer seien die Waldmanngründe aufgrund der zentrumsnahen Lage ungeeignet, da der gesamte Busverkehr über den Gürtel geführt werden müsste. Das sieht Vassilakou ebenfalls kritisch. Dass die Busse durchs Stadtgebiet fahren müssten, sei nicht optimal, betont Vassilakou.

Der größte Busbahnhof Wiens und Österreichs ist der Vienna International Busterminal in Erdberg, der seit 2007 von Blaguss betrieben und finanziert wird. Die Passagierzahlen sind innerhalb von zwei Jahren um fast 40 Prozent gestiegen. Wurden 2015 noch 1,8 Millionen Passagiere und 59.000 An- und Abfahren gezählt, waren es 2016 bereits zwei Millionen Passagiere und 62.400 An- und Abfahren sowie 2017 2,5 Millionen Fahrgäste sowie 79.000 An- und Abfahrten pro Jahr. Im Vergleich dazu: Der Flughafen Salzburg, der zweitgrößte Flughafen Österreichs, verweist auf 1,9 Millionen Passagiere im Jahr 2017.

"Die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre resultieren auch in einem veränderten Mobilitätsverhalten. Viele junge Städter haben keinen eigenen Pkw mehr, sind aber extrem mobil und schätzen die smarte und günstige Art zu reisen", sagt Geschäftsführer Thomas Blaguss, der keine Präferenz hat, wo in Wien ein zentraler Fernbusterminal errichtet werden soll. "Wichtig sind die Rahmenbedingungen. Dazu zählen die Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz sowie eine direkte und staufreie Anbindung an das Straßennetz", kommentiert Blaguss.

Wann die Standortentscheidung über einen zentralen Fernbusterminal fallen wird, kann man im Büro Vassilakou nicht beantworten. "Wichtig ist, dass ein Einvernehmen herrscht", heißt es. Details, wer den Fernbusterminal betreiben soll, und Details über mögliche Finanzierungsvarianten sollen erst dann geklärt werden, wenn die Standortfrage geklärt ist.