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"Jede noch so kleine Hilfe zählt"

Von Arian Faal

Politik

Die Wiener VinziWerke bitten vor dem Baustart des VinziDorfs Wien um Hilfe aus der Bevölkerung.


Wien. Nach jahrelangem Streit um ein passendes Areal in Wien geht es nun für das umstrittene Wiener Vinzidorf, einer Dauerherberge für Obdachlose, in die Phase des Baustarts: "Wir beginnen nach Ostern mit den Vorarbeiten für den Bau des Vinzidorfs Wien, das bis Ende des Jahres fertiggestellt werden soll. Dafür suchen wir noch dringend Frauen und Männer, die uns bei den ersten Ausräumungsarbeiten ehrenamtlich unterstützen", sagt Gudrun Posedu, die Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Die Vorgeschichte: Am 21. November 2002 wurde die Vinzenz-Gemeinschaft St. Stephan gegründet, um das Vinzidorf Wien ins Leben zu rufen.

Schwierige Grundstücksuche

Zunächst einmal war es für die Verantwortlichen sehr schwierig, in Wien einen geeigneten Platz zu finden. Man hat sich auf Grundstückssuche begeben, bis sich schließlich die Pfarre Aspern bereiterklärte, einen Standort zur Verfügung zu stellen. Dort kam es dann zu einem Sturm der Empörung bei den Anrainern, als diese davon erfahren hatten. Mehr als 1000 Menschen drohten damit, aus der Kirche auszutreten, wenn das Projekt realisiert werde. Daraufhin zog die Pfarre ihr Angebot zurück.

Der für das Projekt zuständige Pfarrer Wolfgang Pucher, ein Lazarist, weist die Kritik, warum sein Projekt keine Resozialisierung der Betroffenen anstrebt, vehement zurück. "Diese Kritik ist so alt wie die Idee. Die Leute, die wir aufnehmen, hat zuvor niemand anderer aufgenommen. Es ist daher pervers, damit zu kommen", sagt er. Denn diese Menschen seien überall anders abgewiesen worden. "Niemand konnte mit diesen Menschen etwas anfangen und viele von ihnen haben sämtliche Stationen, wie etwa mehrere Alkoholentzugstherapien durchgemacht und sind gescheitert", unterstreicht er. Wenn diejenigen, die jetzt kritisieren, es ernst meinten, hätten sie schon längst helfen können. Er hingegen nehme sich in den VinziWerken der Letzten der Letzten der Gesellschaft an und lasse sie so sein, wie sie sind.

Das Vorbild für Wien ist das Vinzidorf Graz, welches es seit 1993 gibt und das gut funktioniert. Doch wie in Graz ist auch Wien auf Spenden und Sponsoren für die Realisierung der Dauerherberge für Obdachlose angewiesen. "Jede noch so kleine Hilfe zählt", sagt Posedu.

Das Wiener VinziDorf (insgesamt das 39. Vinziprojekt) hat nach dem beschriebenen holprigen Start als dorfähnliche Siedlung für Obdachlose also zumindest das passende Areal in der Hetzendorfer Straße in Meidling gefunden. Insgesamt sollen dort 24 inländische männliche Obdachlose permanent in einer dorfähnlichen Siedlung bestehend aus einzelnen Wohnmodulen (Häuschen) leben. Das Besondere: Die Bewohner werden völlig getrennt einzeln untergebracht, eine eigene Schlafmöglichkeit sowie Stauraum für ihr persönliches Hab und Gut haben. Der Unterschied zu einem Heim ist der, dass jeder wie in einem Dorf sein eigenes Leben führen und kommen und gehen kann, wie er will. Lediglich zwei Regeln gibt es: Es darf keinem anderen Gewalt zugefügt werden und der Konsum von Drogen ist strengstens untersagt.

Flohmarkt am kommenden Samstag

Die Wiener Vinziwerke haben im heurigen Jahr aber auch andere ambitionierte Projekte und benötigen dringend die Hilfe der Bevölkerung. Neben dem angesprochenen Vinzidorf braucht auch das  Vinzibett Unterstützung. Am kommenden Samstag, den 19. März wird dort von 9.30 bis 15 Uhr ein Flohmarkt veranstaltet, dessen gesamter Reinerlös der Wiener Notschlafstelle zugutekommt. In der Ottakringer Straße 20 dürfen sich an diesem Tag alle Liebhaber gebrauchter Dinge auf Bücher, Geschirr, Spiele, Schmuck, CDs, DVDs, Schallplatten oder Elektrogeräte freuen.

Das Besondere ist, dass der Flohmarkt direkt in den Räumlichkeiten des VinziBett abgehalten wird. "So weiß man gleich, wo und für wen die Spende eingesetzt wird", meint Simone Wührer, Koordinatorin der Wiener VinziWerke.

Das Vinzibett ist eine Notschlafstelle für mittellose oder sozial schwache Menschen, die keine Möglichkeit der eigenen Unterbringung haben. Es werden alle Männer und Frauen aufgenommen, unabhängig von Nationalität und Alter, ausgenommen Jugendliche und Familien mit Kindern. Im Jahr 2015 gab es 17.150 Nächtigungen. Insgesamt haben 109 Männer und 20 Frauen durch die Einrichtung ein warmes Bett zum Schlafen bekommen.

"Wir sind angewiesen auf die Hilfe der Wiener, denn die Vinziwerke finanzieren sich ausschließlich über Spenden", erklärt Posedu.

Eine große Arbeitserleichertung ist bereits Realität: die Anschaffung des ersten Busses, der am 26. Februar durch einen Sponsor übergeben wurde. Die motorisierte Spende wird allen fünf Einrichtungen der Vinziwerke in der Bundeshauptstadt zur Verfügung stehen.

Shahab Jahanbekloo, Aleksandra Pawloff: Mittendrin
Menschen & Rezepte aus dem VinziRast-Lokal: Im "mittendrin" kombiniert der persische Küchenchef Shahab Jahanbekloo bekannte Klassiker mit Zutaten aus aller Welt zu einzigartigen Kreationen.
Die Schweinsbraten-Sauce wird mit getrockneten Marillen versetzt, die Linsen werden mit brasilianischen Limetten verfeinert, der Erdbeerstrudel kommt mit dem marokkanischen Weintraubensirup erst so richtig in Fahrt. Vegetarische, vegane, persische, indische und österreichische Speisen verbinden sich zu etwas völlig Neuem.
Erschienen in der Verlagsgruppe Styria, 26,90.