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Neue Haftplätze für bewegte Zeiten im Strafvollzug

Von Simon Rosner

Politik

Simmering erhält neuen Gefängnistrakt. Die Sanierung veralteter Justizanstalten ist aber nur eine von vielen Baustellen im Justizressort.


Wien. In Eisenstadt beginnt es wieder. "Aber es ist nicht vergleichbar mit dem Vorjahr", sagt Klaus Faymann, stellvertretender Leiter der Justizanstalt in Eisenstadt. Im vorigen Herbst führte Schlepperkriminalität dazu, dass an manchen Tagen bis zu zehn Personen in Eisenstadt in Haft genommen wurden. Binnen Wochen war das Gefängnis völlig überbelegt. Durch das Durchwinken der Flüchtlinge und eine Aufteilung der Inhaftierten in Österreich konnte erst langsam wieder Normalzustand hergestellt werden.

Doch jetzt sind die Grenzen wieder zu und Flüchtlinge können nur via Schlepper nach oder durch Österreich reisen. Und das macht sich auch in der Justizanstalt Eisenstadt bemerkbar. "Es ist aber nicht so wie im Herbst. Vielleicht kommen ein oder zwei Schlepper pro Woche in Haft", sagt Faymann. Aber dabei muss es nicht bleiben, wenn die Kontrollen auf den Straßen wieder intensiviert werden.

Suchtmittelgesetzwird verschärft

Es ist nur ein Beispiel, wie aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen auch Auswirkungen auf den Strafvollzug und die Anzahl der Häftlinge in Österreich haben können. "Es gibt eine Vielzahl an Faktoren, die man nicht alle gut einschätzen kann", sagt Justizminister Wolfgang Brandstetter. Ein andere Entwicklung ist in Wiens Straßen zu beobachten. In den vergangenen Monaten hat hier der Drogenhandel massiv zugenommen.

Der Nationalrat wird deshalb noch im Frühjahr das Suchtmittelgesetz novellieren und den Straßenhandel mit schärferen Sanktionen bedenken. Es wird dazu führen, wie auch Brandstetter erklärt, dass wieder deutlich mehr Dealer hinter Gitter wandern beziehungsweise länger einsitzen werden.

Ein Problem im Strafvollzug ist, dass auf kurzfristige Entwicklungen nicht so schnell reagiert werden kann. Hafträume und Justizanstalten können nicht binnen Wochen eingerichtet werden.

Österreich hat im Strafvollzug aber noch weitere Probleme: Seit Jahren sind die Haftanstalten an ihrer Belastungsgrenze. Die Kapazitäten sind weitgehend ausgeschöpft. Dazu kommt, dass ein hoher Renovierungsbedarf besteht. Viele Anstalten erfüllen nicht mehr die Bedürfnisse der heutigen Zeit, was das Leben für die Inhaftierten und auch die Arbeit der Justizwache erschwert.

Brandstetter: "Wir habeneinen Reformstau"

Die Terrorattacken in Europa, Brüssel und Paris haben zudem weitere Fragen für den Strafvollzug aufgeworfen. Einige Attentäter waren bei der Polizei als kleinkriminell bekannt, saßen teilweise schon im Gefängnis oder wurden, wie ein Attentäter aus Paris, in Haft gar erst radikalisiert. Das Justizministerium hat deshalb ein Deradikalisierungsprogramm im Strafvollzug begonnen, was angesichts der budgetären Lage des Ressorts - es musste 2016 leichte Einsparungen treffen - nicht gerade einfach ist. Auch Minister Brandstetter sagt: "Wir haben einen Reformstau."

Ein kleiner Baustein auf dem Weg zu substanziellen Besserungen erfolgte am Freitag in der Justizanstalt Simmering. Dort musste vor rund zwei Jahren ein ganzer Trakt geschlossen werden. Er war völlig desolat. Nun erfolgte der Startschuss zur Sanierung des Zöglingstrakts im ehemaligen Schloss Kaiserebersdorf, in dem die Justizanstalt untergebracht ist. Ein Jahr wird gebaut, 11,5 Millionen Euro sind dafür veranschlagt. Die BIG wickelt den Bau ab. Nach Eisenstadt, Salzburg und Hirtenberg wird auch Simmering einen modernen Vollzug erhalten. "Das wird ein Idealmodell", sagt Erich Mayer, Generaldirektor des Strafvollzugs.

Simmering wird mit zusätzlich 94 Haftplätzen die Josefstadt entlasten, wo vor allem Untersuchungshäftlinge einsitzen. Kaiserebersdorf ist spezialisiert auf kurze Strafen, es gibt einen Trakt für gelockerten Vollzug sowie einen für Freigänger. Gerade die kurzen Strafen gelten als sozial schädlich. Doch eine höhere Qualität im Vollzug samt Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten kann dem entgegengewirkt und die Chance auf Resozialisierung verbessert werden. Das ist die Idee hinter den Reformmaßnahmen.

Haftzeit als Chance auf Resozialisierung

In Simmering werden junge Häftlinge eine Lehre absolvieren können, es gibt Deutschkurse und EDV-Ausbildungen. Grundsätzlich ist die Zeit in Haft auch eine Chance, eine schiefe Bahn wieder ein wenig gerader zu rücken. Vor allem bei kurzen Strafen, von denen zu erwarten ist, dass ihr Anteil ansteigen wird. "Deshalb müssen wir auch Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten verbessern", sagt Brandstetter.

Unklar ist, was mit dem Projekt Gerasdorf passiert. Dieses soll zu einem Jugendkompetenzzentrum ausgebaut werden, allerdings wird derzeit noch evaluiert, welche Auswirkungen die Jugendgerichtsgesetz-Novelle aus dem Vorjahr haben wird. In jedem Fall umgebaut werden die Justizanstalten Göllersdorf und Mittersteig. Sie sollen zu sozialtherapeutischen Zentren für geistig abnorme Straftäter werden. Der sogenannte Maßnahmenvollzug ist auch eine der Baustellen im Justizressort. Eine von vielen.