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Ein Symbol der Trennung

Von WZ-Korrespondent Julius Müller-Meiningen

Politik

Österreich beginnt mit dem Bau einer Grenzanlage am Brenner und zieht sich den Zorn der italienischen Regierung zu.


Rom/Wien.Bisher sind es nur kleine Eingriffe, aber sie haben große Bedeutung. Am Dienstag haben Straßenarbeiter auf der österreichischen Seite des Brennerpasses mit der Demontage einiger Leitplanken begonnen. Straßenmarkierungen wurden beseitigt, unebene Stellen ausgebessert. In den nächsten Tagen beginnen die Arbeiten für einen überdachten Wachposten, damit die bald anrückenden Grenzer auch bei schlechtem Wetter kontrollieren können. Mit dem Beginn des Aufbaus einer Grenzanlage am österreichisch-italienischen Grenzübergang rückt das Szenario von einem durch Zäune gegen Flüchtlinge zerstückelten Europa näher. Ab 1. Juni sollen systematische Kontrollen und der Aufmarsch von Soldaten folgen. So hatte es die österreichische Regierung bereits vor Tagen angekündigt. Die Rede ist auch von einem 250 Meter langen Zaun, der an der Grenze errichtet werden soll.

Doskozil: "Im Extremsituation Brenner-Grenze zumachen"

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat im Falle einer "Extremsituation" ein komplettes Dichtmachen der Brenner-Grenze angekündigt. Eine solche Extremsituation wäre gegeben, wenn Tirol bei einem Durchwinken sowie Nicht-Zurücknehmen von Flüchtlingen durch Italien und bei anhaltenden Grenzkontrollen Deutschlands zum "Warteraum" werde, sagte Doskozil beim Landesparteirat der Tiroler SPÖ. Dann werde man "von Italien fordern, wir wollen auf italienischer Seite kontrollieren", erklärte Doskozil am Mittwochabend in Innsbruck. Dies wäre eine mögliche "nächste Maßnahme" nach dem bereits in Planung begriffenen Grenzmanagement am Brenner.

Nach der Blockade der Balkan-Route im März schottet sich Österreich nun gegenüber Italien ab. Hintergrund sind Befürchtungen, tausende Flüchtlinge könnten im Frühsommer von Libyen die Überfahrt nach Italien wagen. Von etwa 300.000 Menschen, die in Libyen warten, ist in der österreichischen Regierung die Rede. In der Vergangenheit ließ Italien die meisten Migranten in Richtung Norden weiterreisen. Österreich vertraut den jüngsten Versprechungen von Ministerpräsident Matteo Renzi offenbar nicht, der strenge Kontrollen angekündigt hatte. Die Flüchtlinge sollen in den italienischen Anlaufstellen, sogenannten Hotspots, registriert werden. Dem Dublin-Abkommen zufolge müssen sie in Italien Asyl beantragen und dort bleiben.

In Italien werden nun teilweise Szenen wie aus dem griechischen Idomeni mit massenhaft blockierten Grenzübergängen befürchtet. Diesmal wäre Südtirol betroffen, eine der beliebtesten Ferienregionen für Urlauber aus dem Norden. Seit 1998 gibt es am Brenner keine Grenzkontrollen mehr. Der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer versuchte die Befürchtungen am Montag in Prag zu zerstreuen. Er verstehe die Pläne "nicht so, dass wir am Brenner eine Mauer machen oder einen Stacheldraht", sagte Fischer. Die Vorbereitungen zählten zu einem "Grenzmanagement, das den freien Waren- und Personenverkehr möglichst wenig behindert". Rund 12 Millionen Fahrzeuge passierten 2015 den Brenner.

In Rom stießen die österreichischen Vorbereitungen an der Grenze auf scharfe Kritik. Der Bau einer Barriere am Brenner sei "ein gravierender Fehler" und eine Verletzung europäischer Regeln, sagte Sandro Gozi, für die EU zuständiger Staatssekretär der italienischen Regierung. Der Staatssekretär im Innenministerium, Domenico Manzione, beschuldigte Wien, eine erst am vergangenen Freitag zwischen den Innenministern Italiens und Österreichs getroffene Verabredung zu brechen. Italiens Innenminister Angelino Alfano warf Österreich am Mittwoch "Unvernunft" vor. In einem Brief an EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos forderten Alfano und Italiens Außenminister Paolo Gentiloni die EU-Kommission zum "sofortigen Eingreifen" auf. Grenzkontrollen könnten nach EU-Recht nur bei "akuter Gefahr" für die innere Sicherheit und die öffentliche Ordnung eingeführt werden. Medienberichten zufolge habe Alfano bereits zustimmende Antwort aus Brüssel erhalten. Die österreichische Seite zeigte sich gelassen: Ein Grenzmanagement wie in Spielfeld müsse auch am Brenner möglich sein.