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Stille zu Strache

Von Alexander Dworzak

Politik

Die Israelitische Kultusgemeinde Wien tut die hochpolitische Israel-Reise des FPÖ-Obmanns als "Privatbesuch" ab - Muzicant schweigt.


Wien/Jerusalem. Wortgewaltig meldet sich die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) Wien in der Regel zu Wort, wenn es um Ausfälle von FPÖ-Politikern geht. Als "Schande für den Nationalrat" bezeichnete die IKG etwa im vergangenen November die damals noch freiheitliche Parlamentarierin Susanne Winter; sie pflichtete auf ihrem Facebook-Account antisemitischen Tiraden eines Nutzers bei. Als "Gemeinderat untragbar" sei laut IKG der Gloggnitzer Gerald Hraball. Er hatte im Mai 2015 Flüchtlinge als "wertloses Menschenmaterial" bezeichnet und trat kurz darauf aus der FPÖ aus.

Auffällige Stille herrscht dagegen in der Kultusgemeinde, wenn es um den Besuch von FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache in Israel geht. Am Donnerstag absolvierte er den letzten Tag seiner dreitägigen Imagepflege. Kein einziges Statement gab die IKG zu der Visite ab. Präsident Oskar Deutsch und Generalsekretär Raimund Fastenbauer lassen gegenüber der "Wiener Zeitung" erst ausrichten, dass es dabei bleibe. Auf Nachfrage erklärt Fastenbauer, Straches Reise sei ein Privatbesuch eines österreichischen Politikers.

Historisch ist das Verhältnis zwischen Kultusgemeinde - die über religiöse Belange hinaus traditionell politisch auftritt - und FPÖ schwer belastet. Schließlich sind es Burschenschafter, die den ideologischen und intellektuellen Kern der Freiheitlichen bilden - und dieser ist allzu oft deutschnational und antisemitisch grundiert. All das gipfelte 2001 in Jörg Haiders "Dreck am Stecken"-Sager über den damaligen IKG-Vorsitzenden Ariel Muzicant. Doch auch Muzicant, mittlerweile Vizepräsident des European Jewish Congress, lehnt gegenüber der "Wiener Zeitung" einen Kommentar zur Israel-Visite Straches ab.

Besuch bei Siedlern

"Privatperson" Strache reist derweil demonstrativ zu jüdischen Bauern im Westjordanland und kritisiert dort die Kennzeichnungspflicht von Produkten, die in den besetzten Gebieten erzeugt werden. Oder lässt sich von den freiheitlichen Landeshauptmann-Stellvertretern Manfred Haimbuchner (Oberösterreich) und Johann Tschürtz (Burgenland) begleiten. Damit sollen Regierungsfähigkeit und Akzeptanz der FPÖ untermauert werden, schließlich sind ÖVP beziehungsweise SPÖ in den beiden Bundesländern Koalitionspartner.

In Israel wird wiederum registriert, dass ausgerechnet die FPÖ, der französische Front National oder die PVV des Niederländers Geert Wilders besonders energisch für Israel Partei ergreifen - gespeist aus einer Kritik an Islamismus oder gleich dem Islam per se, je nach Zielpublikum.

Zwar gilt der jüdische Wiener FPÖ-Gemeinderat David Lasar, der die Israel-Visite Straches maßgeblich geplant haben soll, als Persona non grata innerhalb der IKG. Flüchtlingskrise und Terroranschläge in Europa haben jedoch bisherige Gewissheiten ins Wanken gebracht. Kultusgemeinde-Insidern zufolge sollen insbesondere die georgischen Juden mit Argwohn die Neuankunft von zehntausenden Muslimen in Österreich sehen. IKG-Präsident Deutsch warnte im November vor einem Anstieg der Judenfeindlichkeit in Europa aufgrund der Migranten aus muslimisch-arabischen Ländern - und erntete dafür teils heftige Kritik von IKG-Mitgliedern.

Innenministerium machtlos

Präsent ist die Kultusgemeinde derzeit hingegen im Fall von Leila Khaled. Die 72-Jährige, Mitglied der Terrororganisation "Volksfront zur Befreiung Palästinas", soll am heutigen Freitag einen Vortrag in Wien halten; die IKG brachte eine Sachverhaltsdarstellung ein. Khaled reist mit einem von den Niederlanden ausgestellten Schengen-Visum ein. Dieses kann von Österreich nicht widerrufen werden, sagt Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck zur "Wiener Zeitung". Da Veranstaltungen Ländersache sind, könne höchstens der Wiener Magistrat das Event verhindern.