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Ein Heimspiel für Stadler

Von Nina Flori

Politik
Verlängerung für Bürgermeister Matthias Stadler.

In St. Pölten wird am Sonntag der Gemeinderat gewählt. Dass die SPÖ erneut die absolute Mehrheit holt, ist wahrscheinlich.


St. Pölten. Nur einmal seit 1950 hat die SPÖ in St. Pölten weniger als 50 Prozent erreicht. Dass sich das am Sonntag bei der Gemeinderatswahl wiederholt, gilt als unwahrscheinlich. Einer Umfrage von "Public Opinion Strategies" zufolge von Mitte Februar könnte der amtierende Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) heuer sogar bis zu 59 Prozent einfahren und so das Ergebnis von 2011 - damals hat die SPÖ 56,8 Prozent erreicht - noch übertreffen.

Matthias Stadler ist seit 2004 Bürgermeister von St. Pölten und genießt großen Rückhalt in der Bevölkerung: Gäbe es bei der Gemeinderatswahl eine Bürgermeister-Direktwahl; würden ihn der Umfrage zufolge 63 Prozent wählen.

"Stadler ist schon sehr lange im Amt und hat sich eine hohe Reputation erarbeitet", sagt Meinungsforscher Peter Hajek im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Er hat in den vergangenen Jahren eine anständige Performance hingelegt. Menschen ändern ihre Meinung nicht so schnell. Wenn jemand seine Arbeit ordentlich erledigt, gibt es wenig Ansporn zu wechseln."

St. Pölten steht nicht schlecht da: Die Zahl der Unternehmen hat sich in den vergangenen 30 Jahren von 1689 Betrieben auf 3539 mehr als verdoppelt, die Branchenvielfalt ist größer geworden. Zwar ist die Stadt wie die meisten anderen hochverschuldet, doch der Pressesprecher des Rathauses Martin Koutny betont, man habe den Schuldenstand in den vergangenen Jahren deutlich gesenkt. "Wir bilanzieren ausgeglichen und haben sogar beträchtliche Rücklagen gebildet."

Inwieweit sich der Swap-Vergleich zwischen der Stadt St. Pölten und der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien (RLB-NÖ-Wien) auf die Wahlen auswirkt, bleibt abzuwarten. Dass er Stadler massiv schadet, gilt allerdings als unwahrscheinlich.

Im Jahr 2003 hatte die Stadt ein Swap-Geschäft in Form einer Euro-Franken-Zinswette für das Landesklinikum St. Pölten abgeschlossen. Die ursprüngliche Kreditsumme hat 24 Millionen Euro betragen. Bei dem Geschäft handelte es sich um eine riskante Spekulation, die noch bis zum Jahr 2028 gelaufen wäre und die Landeshauptstadt 50 bis 60 Millionen Euro hätte kosten können. Denn der Franken wertete in den vergangenen Jahren massiv auf.

Im Herbst 2014 hatte die RLB-NÖ-Wien St. Pölten auf 67 Millionen Euro geklagt, da die Stadt die laufenden Quartalszahlungen eingestellt hatte. Ihrer Ansicht nach war das Geschäft schon 2007 nicht rechtsgültig zustande gekommen.

Debatte um Swap-Vergleich

Anfang April haben sich die RLB-NÖ-Wien und St. Pölten auf einen Vergleich geeinigt, den Stadler als "sinnvollen Schritt" bezeichnet hat, durch den nun "jedes Risiko für die Zukunft beseitigt sei."

Ganz anders sieht das die Opposition: Der St. Pöltner ÖVP zufolge kostet der Swap-Vergleich die Stadt insgesamt 45 Millionen Euro. Sie hat eine Sachverhaltsdarstellung bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingereicht. Offizielle Zahlen zum Vergleich gibt es keine, weil die Stadt mit der Bank Vertraulichkeit vereinbart hat.

Stadler bezeichnet die kolportierte Summe als "Fantasiezahl" im Wahlkampf und beruft sich darauf, dass die Bedingungen des Vergleichs durch Gutachter und Fachleute geprüft wurden. Einer Überprüfung blickt er "gelassen" entgegen, wie er sagt.

"Es gibt keine Kandidaten, die aus Stadlers Schatten treten", sagt Meinungsforscher Hajek über den amtierenden Bürgermeister, der seit 2013 auch SPÖ-Landespateivorsitzender ist.

ÖVP glaubt: "Da geht mehr"

Vizebürgermeister Matthias Adl (ÖVP) versucht es zumindest. Der Wahlkampf ist stark auf seine Person ausgerichtet. 2011 hat die ÖVP 25,3 Prozent der Stimmen erreicht. 2016 lautet das Wahlkampfmotto: "St. Pölten da geht mehr". Adl setzt auf den öffentlichen Verkehr: Er will die Öffis ausbauen und ein 200-Euro-Jahresticket für den Stadtbus LUP einführen. Denn nur 44 Prozent der Wege würden in St. Pölten nicht mit dem Auto zurückgelegt. Ein klares Indiz, dass der öffentliche Verkehr nicht entsprechend ausgebaut sei, so Adl.

Weit oben auf der Wahlkampfagenda der ÖVP steht auch die künftige Gestaltung des Domplatzes. Seit 2010 finden dort archäologische Ausgrabungen statt, die immer wieder verlängert werden und noch bis 2018 andauern sollen. Viele St. Pöltner reagieren aufgebracht, wenn es um den jahrhundertealten Platz und dessen zukünftige Nutzung geht.

Stadler will auf dem Domplatz einen architektonischen Akzent setzen: In einem Glaskubus sollen die archäologischen Funde der vergangenen Jahre präsentiert und ein gastronomisches Angebot geschaffen werden. Die Geschäftsleute der Innenstadt fürchten jedoch durch das Projekt, die derzeit bestehenden 140 Parkplätze zu verlieren und infolge ein Ausbleiben der Kunden. Die ÖVP setzt sich daher vehement für den Erhalt der Parkmöglichkeiten ein und fordert Platz für den Wochenmarkt und Veranstaltungen.

FPÖ will mehr Polizisten

Auch die FPÖ kämpft für einen Erhalt der Parkplätze am Domplatz. Spitzenkandidat Klaus Otzelberger will zudem - wie auch Stadler - mehr Polizisten für St. Pölten und mehr Polizeipräsenz am Bahnhof. Dass die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahr in der Landeshauptstadt um 6,6 Prozent zurückgegangen ist, ist weder für Stadler noch für Otzelberger ein Thema. Es gehe um das subjektive Sicherheitsempfinden, lautet der Tenor.

Die FPÖ hofft, am Sonntag mehr als 12,7 Prozent zu erreichen. Damit würden die Freiheitlichen an ihr bisher bestes Ergebnis von 1997 anknüpfen. 2011 erreichte die FPÖ 10,7 Prozent und war damit zum zweiten Mal zweistellig.

Die Grünen sind von einem zweistelligen Ergebnis weit entfernt. Sie haben sich von dem 1997er-Ergebnis noch immer nicht erholt. Damals haben sie 4,9 Prozent erreicht. Ihr bestes Ergebnis haben sie 2001 mit 7,5 Prozent eingefahren. Im Wahlkampf sprechen sich die Grünen für den Erhalt des Sonnenparks und längere Betriebszeiten von Öffis aus.

Zum ersten Mal treten heuer die Neos an. Mit dem Slogan "Rote Macht braucht pinke Kontrolle" wollen sie es ins Rathaus schaffen. Zur Wahl stehen außerdem die Listen "BLÜH" und "dieKÜHNEN.jetzt".