Die Bundespräsidenten-Wahl wird im erwarteten Zweikampf zwischen Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen entschieden. Trotzdem hat der erste Wahlgang am Sonntag die Ausgangsposition verändert. Galt bisher Van der Bellen als Favorit, fällt diese Rolle nun Hofer zu, der mit 35,3 Prozent einen überraschenden Erdrutschsieg feierte. Sein Grüner Kontrahent folgte mit 21,3 Prozent - dieses Resultat ist ein hochgerechnetes Endergebnis, das die Wahlkartenprognose bereits enthält. Die Wahlkarten werden am Montag ausgezählt.

Bei einer nicht berauschenden Wahlbeteiligung von vorläufig 60 Prozent setzte es für die Kandidaten der Koalitionsparteien ein Debakel. Fast schon ironisch ist, dass Andreas Khol (ÖVP) und Rudolf Hundstorfer (SPÖ) mit jeweils 11,1 Prozent und 10,9 Prozent untergingen.

Griss schlug sich gut

Deutlich besser schlug sich die parteifreie ehemalige OGH-Präsidentin Irmgard Griss mit 19 Prozent. Ihre Chancen für die Stichwahl wurden erst durch Van der Bellens Erfolge in Wien und Graz, wo er jeweils Platz eins eroberte, zunichte gemacht. Nichts mitzureden im Kampf um die Hofburg hatte der zweite unabhängige Kandidat. Für Baumeister Richard Lugner entschieden sich bloß 2,5 Prozent der Wähler.

"Demütig" nahm Hofer das Votum des Wählers entgegen, um gleich sanft anzufügen, dass sich vor ihm niemand fürchten müsse. Obwohl Runde zwei in vier Wochen einen Lager-Wahlkampf um die Nachfolge Heinz Fischers erwarten lässt, war auch Kontrahent Van der Bellen um ruhig Töne bemüht. Er hoffe auf einen "fairen Wettkampf".

Khol zieht sich aus Politik zurück

Gut mit der Niederlage umgehen konnten Griss und Lugner. Während erstere nun überlegt, ihre politische Bewegung fortzuführen, wird es letzterer mit der Politik künftig lassen. Das kündigte auch Khol an. Der Tiroler, der über Jahrzehnte die Spitzenpolitik des Landes mitgeprägt hat, kündigte an, sich auf die Rolle des Elder Statesman zurückzuziehen und kein politischer Zwischenrufer zu werden. Der gescheiterte rote Kandidat Hundstorfer weiß noch nicht, was die Zukunft bringt. Er habe immer noch keinen Plan B.

Nach einem neuen Plan muss die Regierung suchen, waren sich die Koalitionäre einig. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner sah die letzte Chance für einen Relaunch, sowohl in Inhalten als auch in Stil. Nicht unbedingt dazu passte die Stellungnahme von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP). Nach acht Jahren "Faymann-Politik, eine Politik des Verschleppens, des Verzögerns und des Wegduckens", sei das Wahlergebnis ein "deutliches Zeichen".

"Warnung an die Regierung"

Der Kanzler selbst ortete eine "klare Warnung an die Regierung, dass wir stärker zusammenarbeiten müssen" und folgerte: "Die Konsequenz ist hart arbeiten." Sich selbst sieht Werner Faymann nicht gefährdet: "Ich spüre eine sehr breite und starke Unterstützung." Wiens Bürgermeister Michael Häupl wandte sich dann auch gegen Personalopfer und empfahl, in Ruhe eine Strategie zu entwickeln, damit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der heute schon ein neues politisches Zeitalter beginnen sah, bei der nächsten Nationalratswahl nicht in das Bundeskanzleramt einziehe. Der Wunsch nach einem "grundlegenden Neustart" für die Sozialdemokratie beim Parteitag in Herbst kam vom steirischen Landesparteichef Michael Schickhofer.

Wahlempfehlungen trudelten am Wahlabend nur vom Team Stronach ein, das keinen eigenen Kandidaten zusammengebracht hatte. Klubchef Robert Lugar will einen Präsidenten Hofer. Die klare Präferenz von NEOS-Chef Matthias Strolz, der in Runde eins Griss promotet hatte, geht dagegen in Richtung Van der Bellen. Den Grünen wählen wird auch der Kanzler. Eine Empfehlung an die Wähler hielt er aber ebenso wenig für notwendig wie die anderen Koalitionsgranden.

Support erhielt indes Hofer aus dem Ausland. Die dem sehr rechten Lager zugehörigen Marine Le Pen aus Frankreich, Geert Wilders aus den Niederlanden und Matteo Salvini aus Italien schickten Gratulationsadressen. Widerstand gegen Hofer kündigte dagegen die "Offensive gegen Rechts" an, die am 19. Mai und damit drei Tage vor der entscheidenden Stichwahl am Heldenplatz gegen ein freiheitliches Staatsoberhaupt demonstrieren will.