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Einen neuen Chef hätten die ÖBB schon

Von Reinhard Göweil

Politik

Der Infrastruktur-Vorstand Andreas Matthä hätte gute Chancen, Christian Kern zu beerben - falls dieser am Freitag tatsächlich Bundeskanzler wird.


Wien. In der SPÖ sprechen sich immer mehr für Christian Kern als Nachfolger von Werner Faymann aus, die ÖVP beginnt bereits, sich in alter Manier auf Kern einzuschießen. Es ist also an der Zeit, sich in den ÖBB Gedanken zu machen, wer der künftige Chef sein soll. Offenbar sind dabei grundsätzlich die Würfel für eine interne Nachbesetzung des Holding-Chefs gefallen.

Gute Chancen werden dem 53-jährigen Andreas Matthä eingeräumt, derzeit Vorstand der ÖBB-Infrastrukturgesellschaft. Diese betreibt das Schienennetz, die Bahnhöfe, die Kraftwerke und das Immobilien-Portefeuille der Bahn. Von den 40.000 Mitarbeitern der ÖBB arbeiten etwa 18.000 in der ÖBB-intern "Infra" genannten Gesellschaft. Sie ist quasi das Herzstück der Bahngesellschaft. Bis 2021 werden darüber mehr als 16 Milliarden Euro in die Bahn-Infrastruktur investiert, das größte laufende Investitionsprojekt der öffentlichen Hand.

Matthä ist seit 1982 bei den ÖBB tätig

Matthä ist seit 2014 im Vorstand der Infrastrukturgesellschaft, und hat sein gesamtes Berufsleben bei den ÖBB verbracht. Er startete seine Karriere 1982 als Bauleiter für Brücken-Projekte und wechselte danach ins Controlling - angesichts der enormen Summen, die jährlich vergeben werden, wohl kein Fehler. In den ÖBB gilt Matthä als ausgesprochener Experte, es gibt kaum jemand, der ihm das Avancement neidet. Für ein öffentliches Unternehmen ist dies keine Kleinigkeit.

Ihm wird auch ein gutes Verhältnis zur Aufsichtsratsvorsitzenden Brigitte Ederer sowie ins Infrastrukturministerium nachgesagt. Der 53-Jährige ist verheiratet und gilt aus ausgesprochen pragmatischer Manager. Mit Kern verbindet ihn die Urlaubsdestination Kärnten.

Die Struktur des Unternehmens.

Ederer dürfte bei der Nominierung eine besonders wichtige Rolle zufallen, da - sollte Kern Kanzler werden - die Zukunft von Minister Gerald Klug in den Sternen steht. Politische Beobachter rechnen eher damit, dass er einer größeren Regierungsumbildung zum Opfer fallen wird. Mit dem steirischen Verkehrslandesrat und ehemaligen EU-Abgeordneten Jörg Leichtfried wurde sogar schon über einen möglichen Nachfolger spekuliert. Sollte Christian Kern, wie es derzeit ausschaut, am Freitag inoffiziell und kommenden Dienstag offiziell von der SPÖ aufs Schild gehoben werden, müsste wohl Brigitte Ederer vorübergehend die Geschäfte der ÖBB leiten.

Brigitte Ederer hat nun tragende Rolle

Denn die ÖBB Holding besteht nur aus zwei Vorstandsmitgliedern, neben Kern ist dies Finanzchef Josef Halbmayr. Eine ähnliche Situation gab es bereits 2008, als die damals amtierenden Vorstände Martin Huber und Erich Söllinger nach heftigen Spekulationsverlusten im April das Handtuch werfen mussten. Bis zur Bestellung des Huber-Nachfolgers Klugar führte quasi der damalige Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker einige Wochen die ÖBB. Verkehrsminister damals war übrigens Werner Faymann. Wenn Christian Kern, der seit 2010 ÖBB-Chef ist, tatsächlich Faymann nachfolgt, stehen den ÖBB hektische Wochen bevor.

Der Aufsichtsrat muss dann nicht nur einen Holding-Chef bestimmen, sondern benötigt in der Folge auch einen Nachfolger für Matthä in der Infrastrukturgesellschaft. Da diese ÖBB-Tochter aber wegen ihrer Größe drei Vorstandsmitglieder hat, ist es nicht so dringend. Neben Matthä sitzen dort noch Franz Bauer und Franz Seiser im Top-Management. Immerhin gilt es dort ein 4900 Kilometer langes Schienennetz, 1095 Bahnhöfe, 4567 Gebäude, zehn Wasser-Kraftwerke und 3400 eisenbahnkreuzungen zu überwachen und in Schuss zu halten.

Josef Ostermayer dürfte Kanzleramts-Agenden verlieren

Zudem ist es wahrscheinlich, dass den ÖBB bei einem Wechsel Kerns weitere Abgänge drohen. Aus der Umgebung des ÖBB-Chefs dürften ihm Mitarbeiter ins Kanzleramt folgen.

In diesem Fall müsste sich die Europäische Vereinigung der Eisenbahngesellschaften, die Brüsseler Bahn-Lobby, einen neuen Präsidenten suchen. Das ist derzeit Christian Kern.

Doch mit einem Wechsel Kerns würde es auch im Kanzleramt zu einigen Veränderungen kommen, ist in der SPÖ zu hören. Der jetzige Kanzleramtsminister Josef Ostermayer war der engste Vertraute von Werner Faymann. Er soll allerdings Kulturminister bleiben.

Die Agenden im Kanzleramt allerdings würde er wohl verlieren. Ostermayer ist für die Regierungskoordination mit der ÖVP zuständig sowie für wesentliche Aufgabenbereiche des Bundeskanzleramts. Da dies eine Art "Sonderprojekt" war, würde für diese Änderung eine Regierungsentschließung reichen, das Ministeriengesetz bräuchte nicht geändert zu werden. Kulturschaffende setzen sich für den Verbleib Ostermayers ein.