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Der dritte Anlauf

Von Simon Rosner

Politik

Alexander Van der Bellen strebte bereits dreimal ein Präsidentenamt an.


Wien. Alle guten Dinge sind bekanntlich drei. Heißt es. Für Alexander Van der Bellen scheint es allerdings auch bei seinem dritten Anlauf auf ein Präsidentenamt nicht geklappt zu haben. Zweimal war er chancenlos, diesmal ein Außenseiter. Das Rennen um das allerhöchste Amt, das Bundespräsidentenamt, war jedoch sein knappestes.

Schon 1992 wollten die Grünen aus dem damaligen Wirtschaftsprofessor an der Universität Wien einen Präsidenten machen, nämlich jenen des Rechnungshofs. Kurzfristig zogen die Grünen damals aber seine Nominierung zurück, da sie einen Pakt der Regierungsparteien witterten. Van der Bellen blieb vorerst Wissenschafter.

Zwei Jahre später wechselte er dann auf einem Ticket der Grünen von der Uni in den Nationalrat und wurde drei Jahre später deren Bundessprecher. Es war bisher die erfolgreichste Zeit der Ökopartei - gemessen am Stimmenzuwachs. Van der Bellen übernahm die Grünen bei 4,8 Prozent, schlug insgesamt vier Nationalratswahlen und übergab 2008 an seine Nachfolgerin Eva Glawischnig-Piesczek bei 10,1 Prozent.

Niederlage gegen freiheitlichen Kandidaten Martin Graf 2008

Es folgte der zweite Versuch der Grünen, den einstigen Professor in ein Präsidentenamt zu hieven, diesmal als dritten Nationalratspräsidenten. Van der Bellen scheiterte abermals, auch wenn er ein paar Schritte weiter als bei seinem ersten Versuch kam. Er stellte sich der Wahl im Nationalrat und erhielt immerhin sieben Stimmen aus anderen Fraktionen.

Gewählt wurde damals jedoch der freiheitliche Kandidat Martin Graf, dessen Nominierung für große Aufregung sorgte. Es war damals ein Duell, das im Wesen ihrer öffentlichen Debatte eine ähnliche Stoßrichtung wie die Stichwahl um das Bundespräsidentenamt hatte: der über die grünen Grenzen hinaus respektierte Professor gegen den rechts stehenden Burschenschafter. Wobei in diesem Fall zwischen rechts und rechts eine Differenzierung geboten ist.

Während die Ideologie von Norbert Hofers "Marko-Germania zu Pinkafeld" vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands als "Mainstream burschenschaftlichen Denkens in Österreich" bewertet wird, steht und stand Grafs "Olympia" am äußersten rechten Rand. Wenige Monate vor Grafs Wahl hatte seine Burschenschaft einen neonazistischen Liedermacher und NPD-Funktionär eingeladen. Nach tagelangen, hitzigen Debatten über Graf entschied der Nationalrat am Ende doch, den parlamentarischen Usancen zu folgen und ihn zum Nationalratspräsidenten zu küren.

Die Nachrede, die er damals aus allen Lagern erhielt, war nicht bloß positiv, sondern fast schon schwelgend. Altkanzler Wolfgang Schüssel lobte Van der Bellen als einen Politiker, der "Gesamtinteressen immer Vorrang gegenüber Parteiinteressen gegeben" habe, Josef Cap, damals Klubchef der SPÖ, nannte Van der Bellen einen "integren Politiker, dem es immer um eine sachliche Auseinandersetzung gegangen ist", und selbst FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erklärte damals: "Bei allen gewaltigen weltanschaulichen Unterschieden war Van der Bellen immer ein politischer Mitbewerber, der auf Fairness achtete und mit dem zu diskutieren sich immer lohnte."

Aus der Bundespolitik verabschiedete sich Van der Bellen zwei Jahre später, wechselte in den Gemeinderat nach Wien und wurde Universitätsbeauftragter der Stadt. Der gänzliche Abschied aus der Politik nach der Wahl im vergangenen Herbst war nur ein vorübergehender, denn knapp drei Monate später gab er seine Kandidatur zum Bundespräsidentenamt bekannt. Versuch Nummer drei.

Formal trat Van der Bellen als unabhängiger Kandidat mit Unterstützung der Grünen an, was gleich zu Beginn seines Wahlkampfes und dann auch bis zur Ziellinie mit Häme bedacht wurde. Dahinter steckte freilich die Strategie des Teams von Van der Bellen, die Kandidatur breit anzulegen. Denn Grün-Wähler gibt es schlicht und einfach nicht genug, um selbst die Stichwahl, geschweige denn 50 Prozent plus erreichen zu können. Van der Bellen hatte sich schon zu seiner Zeit als aktiver Grün-Politiker im Nationalrat ein gewisses Maß an geistiger Unabhängigkeit bewahrt.

Auch als Bundessprecher stetsein Stück Distanz zu den Grünen

Auch als Bundesprecher hielt er stets ein Stück Distanz zu den Grünen. Vermutlich bot ihm seine langjährige Tätigkeit als Wissenschafter und dieser Blick von außen auch die Möglichkeit dazu, diese Distanz zu leben, während sich die meisten Politiker diesen Luxus erst als Altpolitiker leisten können. Doch diese gelebte Distanz war eben auch eine Grundvoraussetzung dafür, die Kandidatur sehr breit (und offiziell unabhängig) anzulegen.