Dieser Stellvertreter-Krieg wird derzeit unauffällig hinter den Kulissen geführt. Vizekanzler und Kanzler sind tunlichst um Einigkeit bemüht. Mit seiner Forderung, die Gebietskrankenkassen und Sozialversicherungsträger "effizienter" zu machen, begeht auch SPÖ-Kanlzer Christian Kern einen sanft formulierten Tabubruch. Mit der Kritik an den Sozialpartnern hält sich Kern allerdings zurück. "Er steht auch nicht so sehr unter Druck wie Mitterlehner", sagt Politikwissenschafter Tàlos.

Seine Forderung, die Gewerbeordnung zu reformieren, richtet Mitterlehner gegen die eigenen Reihen. Das ist neu. Er kommt selbst ursprünglich aus dem Wirtschaftsbund, dem mächtigsten Bund in der Wirtschaftskammer (WKO) und verdankt seine Karriere gerade den Verflechtungen zwischen den Sozialpartnereliten und den politischen Parteien. Am Dienstag nach dem Ministerrat kündigte er erste Vorschläge bezüglich einer Reform der Gewerbeordnung noch vor dem Sommer an. Es gehe darum, Bürokratien bei der Unternehmensgründung oder beim Zugang zu Gewerbe abzubauen. Man müsse auch über Pflichtbeiträge reden. "Die Sozialpartner sehen hier aber nicht dieselbe Dringlichkeit wie wir", sagte Mitterlehner im Pressefoyer.

WKO verteidigt sich


Mitterlehners Kritik stößt so manchem Wirtschaftskammer-Funktionär sauer auf. "Gerade von der Regierungsstelle, die in letzter Zeit nicht durch erregende Performance aufgefallen ist, brauchen wir uns das nicht sagen lassen", sagte WKO-Präsident Christoph Leitl in Zusammenhang mit Mitterlehners Vorstoß vom Wochenende im ORF-Radio.

"Die Gewerbeordnung wird ständig weiterentwickelt. Im Schnitt 3,8 Mal im Jahr", erklärt Reinhard Kainz von der Bundessparte Gewerbe und Handwerk. Dass diese zum Teil streng und restriktiv sei, habe den Grund, entsprechende Qualität zu sichern. Sie wäre auch ein Garant für die duale Ausbildung, weil ja für die Ausübung einiger Gewerbe ein Meister-Abschluss notwendig ist. "Das ist auch eine Waffe gegen Jugendarbeitslosigkeit."

Allein steht Mitterlehner mit seiner Kritik an der Gewerbeordnung nicht da. Die Europäische Kommission (EK) kritisierte etwa in den strengen Zugang zu Freien Berufen, etwa Ärzte, Notare oder Architekten. Auch der Gebietsschutz für Rauchfangkehrer musste nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs gelockert werden. "Wenn manche Voraussetzungen nur von Österreichern erfüllt werden können, dann ist diskriminierend", sagt Heinz-Rudolf Miko, Sprecher der EK in Österreich.