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Rechte Straftaten nehmen stark zu

Von Werner Reisinger

Politik

Ein Plus von fast 100 Prozent seit 2010: Die Grünen legen einen eigenen Rechtsextremismusbericht vor.


Wien. Vergangenen Freitag klickten in Linz für einen 20-jährigen Mann die Handschellen. Er wolle "alle Asylanten mit einer Schrotflinte" erschießen, hatte der junge Mann monatelang in seinem Bekanntenkreis verkündet. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fand die Polizei nicht nur Schusswaffen, sondern auch Nazi-Devotionalien.

Dass der Oberösterreicher seinen Ankündigungen Taten folgen lässt, konnte verhindert werden, weil dessen Freunde es mit der Angst zu tun bekommen und die Polizei informiert haben. Jenen jungen Rechtsextremen, der vor gut einer Woche in Vorarlberg bei einem Amoklauf zwei Menschen erschoss, elf weitere zum Teil schwer verletzte und danach Selbstmord beging, konnten die Behörden nicht aufhalten. Der Grünen-Bildungssprecher Harald Walser sieht in dem Fall auch ein Versagen des Verfassungsschutzes. Der Vorarlberger Neonazi hatte an Treffen mit ungarischen und deutschen Gesinnungsgenossen teilgenommen, der Verfassungsschutz habe davon nichts mitbekommen, sagte Walser am Dienstag bei der Vorstellung des Grünen Rechtsextremismusberichts.

Rechtsextremismus-Bericht wurde 2001 abgeschafft

Seit 2010 habe es bei rechtsextrem motivierten Straftaten ein Plus von 100 Prozent gegeben, ergänzte der Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser. Besonders 2015, im Jahr der Flüchtlingsbewegung, sei ein markanter Ausschlag zu verzeichnen gewesen. Verantwortlich dafür sei auch das Internet. Während früher rassistische Aussagen am Stammtisch gemacht worden seien, passiere dies jetzt in den sozialen Medien - und dort greife nun der Tatbestand der Verhetzung.

Oft bleibt es aber nicht bei verbaler Hetze. Im vergangenen Jahr gab es 24 rechtsextrem motivierte Angriffe auf Asyleinrichtungen, doch nur in fünf Fällen konnten die Verdächtigen ausgeforscht werden. Der Grüne Karl Öllinger, Betreiber der Plattform "Stoppt die Rechten", ortet Behördenversagen: "Manche sehr wesentliche Delikte werden nicht mit der nötigen Intensität verfolgt."

Die Grünen fordern vom ÖVP-geführten Innenministerium, den unter Schwarz-Blau abgeschafften eigenständigen Rechtsextremismusbericht wieder einzuführen. Ein solcher sei nicht mehr zeitgemäß, heißt es aus dem Innenministerium. "Dem Bereich Rechtsextremismus ist im jährlichen Verfassungsschutzbericht ein eigenes, umfassendes Kapitel gewidmet", sagt dessen Sprecher Karl-Heinz Grundböck.

Zentral für die Behörden sei die Frage nach dem Extremismus an sich, die verschiedenen Ausprägungen des Phänomens würden in ihrer Gesamtheit Aufmerksamkeit benötigen, so Grundböck: "Für Rechts-, Links- oder islamischen Extremismus eigene Berichte anzufertigen wäre unsinnig." Es gehe um eine "breite Betrachtung". Der erst Anfang Mai vorgestellte Verfassungsschutzbericht halte einen besorgniserregenden Anstieg auch rechtsextremer Aktivitäten fest.