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Eins, zwei oder drei?

Von Simon Rosner

Politik

Die Neubesetzung der Rechnungshof-Leitung wird zur Hängepartie.


Süffisanz kann Reinhold Lopatka. Als Josef Cap, SPÖ, im Rechnungshof-Hearing Helga Berger befragte, wollte der ÖVP-Klubchef aus den Fragen Caps etwas herausgehört haben: "Du bist begeistert, ich merk’s", raunte Lopatka schmunzelnd. Dazu muss man wissen, dass die SPÖ eher wenig begeistert von der Nominierung Bergers war, die seit Dezember im Finanzministerium die Budgetsektion leitet, früher in Kabinetten der damaligen FPÖ (Jörg Haider, Susanne Riess) saß.

Die SPÖ, Neos und Grüne, aber auch Teile der ÖVP, hätten ganz gerne eine gemeinsame Kandidatin nominiert. Das ist Berger nicht. Sie könnte es aber im Nachhinein werden. Nicht zuletzt deshalb gab es erstmals bei der Bestellung eines Rechnungshof-Chefs ein öffentliches Hearing. Die Abgeordneten sollten möglichst nach sachlichen Kriterien ihre Entscheidung treffen und die Bewerberinnen und Bewerber eine Stunde lang kritisch be- und hinterfragen. Als einziger Klubchef ließ übrigens Heinz-Christian Strache diese Gelegenheit aus, sein Sessel im Hearing blieb den ganzen Tag über unbesetzt.

Das lässt natürlich die Vermutung zu, dass die FPÖ schon genau weiß, wem sie heute, Donnerstag, bei der Abstimmung im Hauptausschuss ihre Stimme geben wird. Die Kandidatin der Freiheitlichen, Barbara Kolm, wird nicht mehrheitsfähig sein, zu erwarten ist, dass in einer zweiten oder dritten Wahlrunde die FPÖ-Stimmen zu Berger wandern könnten. Und genau das macht diese Wahl so spannend, weil in diesem Akt potenzielle Sprengkraft für die Regierung liegt. Im Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass keine Partei die andere im Parlament überstimmen darf. Schwarz und Blau haben im 28-köpfigen Hauptausschuss zwar keine Mehrheit, bräuchten aber nur eine einzige weitere Stimme, zum Beispiel jene vom Team Stronach, um eine Kandidatin ins Plenum zu bringen.

Diese Aussicht zwirbelte Sorgenfalten in die Gesichter der roten Abgeordneten - und sie wurden beim Hearing nicht kleiner. Das hatte mehrere Gründe. Zum einen konnte die Kandidatin der SPÖ, Elfriede Baumann, im Hearing nicht gerade beeindrucken. Die langjährige Wirtschaftsprüferin blieb bei ihrer Präsentation vage und wirkte unvorbereitet, vor allem im Vergleich zu anderen Kandidatinnen.

Helga Berger konnte ihre Kompetenzen aus ihrer jahrelangen Tätigkeit im Rechnungshof sowie als Richterin durchaus darlegen. Sie war zudem bemüht, ihre Unabhängigkeit darzustellen. Nur vier von zwanzig Berufsjahren, nämlich bis 2003, habe sie in politischen Kabinetten verbracht, betonte sie, nie sei sie Mitglied einer Partei gewesen und sei Richterin geworden, eben weil für sie Unabhängigkeit so wichtig ist.

Die FPÖ-Vergangenheit ist für die Sozialdemokraten nur ein Grund, weshalb sie nicht für Berger stimmen wollen. Ein anderer ist, dass sie mit einer mutmaßlich zwischen Schwarz und Blau vereinbarten Kandidatin nicht mitgehen wollen - und schon gar nicht des Koalitionsfriedens wegen dazu gezwungen sein wollen.

Kraker als Kompromiss?

Dann schon eher Margit Kraker. Sie ist die zweite Kandidatin der ÖVP, aktuell ist sie Präsidentin des steirischen Landesrechnungshofs und wurde in diese Position auch von der SPÖ gewählt. Sie wäre damit die koalitionäre Kompromisskandidatin, da die ÖVP auf eine ihrer beiden Kandidatinnen beharrt. Grüne und Neos hätten mit Kraker dagegen Probleme, in der Steiermark verweigerten die Grünen Kraker auch ihre Zustimmung, da sie direkt aus dem Kabinett des Landeshauptmanns in die Prüfanstalt wechselte.

Dass Kraker im Hearing dann die massive Kritik des Rechnungshofes an der Ski-WM in Schladming mutmaßlich relativierte ("Die Organisation einer Großveranstaltung ist nicht einfach"), wird es den übrigen Parteien nicht viel einfacher gemacht haben, ihr heute die Stimmen zu geben.

Grüne und Neos hatten Viktoria Kickinger nominiert, die sich im Hearing selbst als Sozialdemokratin deklarierte. Doch auch mit der Stimme des Team Stronach und der SPÖ gäbe es für sie keine Mehrheit. Kickinger konnte zwar durchaus überzeugen, hatte bei Präsenz und Präsentation auch Vorteile gegenüber Berger, die anfangs nervös war und auch selbst erklärte, dass sie öffentliche Auftritte Überwindung kosten.

Inhaltlich lagen die aussichtsreichsten Kandidatinnen nicht weit voneinander entfernt: Der Rechnungshof soll die internationale Zusammenarbeit intensivieren; eine begleitende Kontrolle (statt wie bisher nur Ex post) lehnten alle ab, die Prüfrechte sollen auf kleine Gemeinden und Unternehmen mit öffentlicher Minderheitsbeteiligung ausgeweitet werden.

Am konkretesten in seinen Vorschlägen war SPÖ-Kandidat Gerhard Steger. Er legte den Abgeordneten ein 14-seitiges Papier vor und beeindruckte die Abgeordneten auch mit seiner energiegeladenen Präsentation. Auch Lopatka erkannte die Expertise des langjährigen Sektionschefs im Finanzministerium und damit Vorgängers Bergers an, aber "seine Präsentation war eigentlich für eine politische Aufgabe", befand Lopatka. Tatsächlich war Steger um Reformeifer bemüht. "Als Sektionschef ist meine Zeit vorbei", sagte Steger, nun wolle er mehr gestalten.

Lob für Steger gab es von FPÖ-Mandatar Zanger, ebenso von Grünen und Neos. Das Problem, das Steger auch selbst ansprach: Er ist ein Mann. Im Vorfeld waren alle Parteien bemüht, geeignete Kandidatinnen zu finden. Diesmal sollte es eine Frau sein. Nach dem Hearing ist nun nicht mehr ganz auszuschließen, dass sich doch Steger durchsetzt. Bis spät in die Nacht tagten die Klubs.