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Amtsgeheimnis adieu

Von Nina Flori

Politik

Die Grünen, die Neos und private Initiativen wollen das Amtsgeheimnis endlich abschaffen - Drozda zeigt sich zuversichtlich.


Wien. Die Stimmen, es endlich anzupacken und das Amtsgeheimnis in Österreich abzuschaffen, werden lauter: Am Dienstag hat das Forum Informationsfreiheit einen Brief an Bundeskanzler Christian Kern veröffentlicht. Der Aufruf: die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes.

"Österreich rangiert dem internationalen Right to Information-Ranking in Sachen Informationsfreiheit unter mehr als 100 getesteten Staaten immer noch auf dem weltweit letzten Platz", sagt Mathias Huter, Generalsekretär des Forums Informationsfreiheit im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Das müsse sich endlich ändern.

Seit 2013 versucht das Forum Informationsfreiheit, das sinkende Vertrauen der Bürger in demokratische Institutionen durch ein starkes Recht auf Informationszugang zu bekämpfen. "Bundeskanzler Kern hat versprochen, etwas zu verändern, wenn er Kanzler ist. Nun soll er das Thema zur Chefsache erklären und das Vertrauen in den Staat wieder herstellen", sagt Huter. "Wir brauchen eine neue Verwaltungskultur, Informationszugang und Transparenz. Kern soll den versprochenen Reformgeist zeigen."

Die Idee, das Amtsgeheimnis abzuschaffen und den Bürgern ein umfassendes Recht auf Information zu verschaffen, wurde nicht nur vom Forum Informationsfreiheit verfolgt: Als Reaktion auf den Anti-Korruptionsausschuss haben auch der damalige Staatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) und der damalige Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) 2012 begonnen, an einem Gesetzesentwurf zu feilen. Ziel war es, nach dem Vorbild des Hamburger Gesetzes einen Freedom of Information Act zu schaffen, durch den alle im öffentlichen Leben anfallenden Akten auch öffentlich zugänglich sein müssen. So wollte man die Korruption eindämmen und das Vertrauen der Bürger stärken.

Das Forum Informationsfreiheit fordert seit 2013 als Kernstück zudem die Installierung eines Informationsbeauftragten. Dieser soll angelehnt an das slowenische Modell eine erste Einschätzung zur Informationsabfrage treffen und eine Interessenabwägung durchführen, ob durch eine Veröffentlichung der angefragten Daten ein Schaden entstehen könnte, also etwa berechtigte Interessen verletzt werden könnten.

Die Grünen fanden an dem slowenischen Modell Gefallen und sprachen sich ebenfalls für einen Informationsbeauftragten aus. Genau das brachte die Debatte um den Gesetzesentwurf, für den eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig ist, jedoch ins Stocken. Seit Herbst 2015 liegt er mittlerweile im Parlament.

Dissens wegen Informationsbeauftragten

"Es hat einen großen Dissens wegen des Informationsbeauftragten gegeben", sagt der grüne Verfassungssprecher Albert Steinhauser. "Wir hatten das Gefühl, die Regierung verschanzt sich hinter diesem Dissens. Deshalb schieben wir den Informationsbeauftragen nun einmal zur Seite und schauen, ob wir nachhaltig etwas bewegen können." Wenn sich die Regierung in wesentlichen Punkten bewegen würde, könnten sich die Grünen auch vorstellen, auf den Informationsbeauftragten zu verzichten, sagt Steinhauser.

Kritisiert werden vor allem die vielen Ausnahmen und unpräzisen Formulierungen, die das Gesetz "verwassern" würden. "Es ist der Status quo in einem neuen Mantel. Der vorliegende Entwurf enthält ganz viele Hintertüren, die das eigentliche Anliegen völlig untergraben würden", sagt Huter.

Großen Nachbesserungsbedarf sieht auch Steinhauser: "Die Formulierungen sind unpräzise, außerdem können dem aktuellen Entwurf zufolge Ausnahme durch einfache Gesetze erweitert werden", so der grüne Verfassungssprecher. Zudem müsse sichergestellt werden, dass die Bürgerinnen und Bürger schnell und kostenlos an die Information kämen. Das ist bei dem aktuellen Entwurf nicht der Fall, sagt Steinhauser.

Das Amtsgeheimnis ist seit den 1920ern im Bundesverfassungsgesetz geregelt und sieht vor, dass Beamte Information, die sie in der Ausübung ihrer Berufstätigkeit erhalten, geheim zu halten haben. "Damals war die Kultur noch nicht so demokratisch. Bürgern das Recht einzuräumen, das herrschende System zu hinterfragen, war damals noch kein Thema. Aber die Zeiten haben sich geändert", sagt Huter.

"Prioritäres Anliegen" für Kanzleramtsminister Drozda

Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) hat am Dienstag angekündigt, das Gesetz zur Informationsfreiheit nun als "prioritäres Anliegen" behandeln zu wollen. Er will das Gesetz noch heuer im Herbst beschließen. "Es liegt lange genug." Inhaltlich setzt er jedoch bei dem Entwurf an, der im Parlament liegt. Wichtig seien ein verfassungsgesetzliches Recht auf Zugang zur Information, die Substituierung der Amtsverschwiegenheit und der klare Auftrag an Amtsorgane, dass sie die Bürger proaktiv informieren sollen.

Auch die Neos drängen auf einen schnellen Beschluss des Informationsfreiheitsgesetzes. Sie wollen "alles daransetzen, dieses überaus wichtige Thema" im nächsten Verfassungsausschuss am 22. Juni wieder aufs Tapet zu bringen, kündigte Verfassungssprecher Nikolaus Scherak am Dienstag an.

Die FPÖ hat sich stets gegen die Gesetzesinitiative ausgesprochen, auf ihre Unterstützung kann die Regierung wohl nicht hoffen.