Bregenz/Salzburg/Wien. Türkische Flaggen und "Allahu Akbar" -Rufe: Viele Österreicher haben sich nach dem Putschversuch in der Türkei über die überwiegend auf Türkisch demonstrierenden Anhänger des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gewundert. Ein Aufmarsch von rund 4000 Menschen inklusive Hupkonzert in der Nacht zum Samstag in Wien riss den einen oder anderen Bewohner aus dem Schlaf. "Erdogan, für dich geben wir unser Leben, dir gehört unser Herz." Immer wieder ertönten Sätze wie diese bei Spontankundgebungen von Austrotürken in Bregenz, Linz, Salzburg und Wien.
"Wo bleibt unsere Polizei?"
Als nach dem Putschversuch in der Türkei in der Stadt Salzburg das türkische Konsulat seine Pforten öffnete, um besorgten türkischen Staatsbürgern Informationen über die Lage in Ankara und Istanbul weiterzugeben, sah man ebenfalls türkische Flaggen und Sympathiebekundungen. "Sollen die doch in die Türkei gehen und dort demonstrieren, wenn der Herr Erdogan ihnen so gut gefällt. Wo bleibt unsere Polizei, dass sie so etwas verhindert", wollte eine verärgerte ältere Österreicherin wissen. Der Unmut über die Demonstrationen war auch in den sozialen Medien groß. Rückendeckung bekamen die Kritiker der Demonstrationen von FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP). Er mache sich "Sorgen", teilte Hofer am Sonntag auf "Facebook" mit. Kurz sagte, dass er als Integrationsminister "von Menschen, die bei uns leben, erwarte, dass sie "ihrem neuen Heimatland gegenüber loyal sind". Hofer wiederum beklagte, dass es bei den Demonstrationen "auch zu Ausschreitungen gegen türkische Kurden" gekommen sei und der Wolfsgruß gezeigt worden sei, das Erkennungszeichen der rechtsextremen türkischen "Grauen Wölfe", die auch für Terrorismus und Mord verantwortlich seien. "Österreich ist nicht der Ort, um türkische Politik auf den Straßen - noch dazu nicht frei von Gewalt - auszutragen", betonte er.
Österreich dient seit vielen Jahren als eine der wichtigsten europäischen Hochburgen der Erdogan-Anhänger. Die jüngsten Pro-Erdogan-Demos in Österreich erinnern an die Kundgebungen in Wien anlässlich der Gezi-Park-Demos vor drei Jahren, die Erdogan in Istanbul brutal niederknüppeln ließ. "Es ist eine spezielle Beziehung, die wir mit Erdogan haben. Ihr könnt das nicht verstehen. Er hat an uns geglaubt, er hat uns wieder hochgeholfen und er ist für uns da", sagt Mehmet L., ein türkischer Student aus Meidling im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Die Medien und die vielen Österreicher, die "gerne ein falsches Bild der Realitäten in der Türkei" kreieren würden, "hätten keine Ahnung". Dass vieles, was Erdogan macht, nicht den Normen einer westlichen Demokratie entspreche, streitet er vehement ab. "Wer seid denn ihr, um die Normen zu bestimmen?", empört er sich.