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Verfassungsrechtler raten zu Wahlverschiebung

Von Brigitte Pechar

Politik

Innenministerium ist zuversichtlich, dass das Wahlkartenchaos noch behoben werden kann.


Wien. Die Wiederholung der Stichwahl für das Amt des Bundespräsidenten am 2. Oktober gestaltet sich zu einem Hürdenlauf. Bisher war bekannt, dass bereits verschickte Wahlkarten nicht zugeklebt werden können, weil der Kleber defekt ist. Am Donnerstag stellte sich heraus, dass auch bereits verklebte Wahlkarten nach einer gewissen Zeit wieder aufgehen - und damit ungültig sind. Dies musste eine Wienerin feststellen, die wegen des bekannten Problems das Kuvert auf Mängel überprüft hatte. Allerdings stellte sich danach beim Gang zum Postkasten heraus, dass das Kuvert auf einer Seite offen war, später löste sich der Kleber auch auf der anderen Seite.

Neuen Wahltermin mittels Verordnung festlegen

Führende Verfassungsjuristen wie Heinz Mayer und Theodor Öhlinger plädieren im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" sogar schon für eine Verschiebung der Stichwahl. Der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk hat hier eine abweichende Meinung. Er bezweifelt, dass eine Wahlverschiebung zulässig ist, wenn das Verfahren bereits im Gang ist und sagt, dass dazu ein Verfassungsgesetz notwendig wäre. Das gehe sich aber bis 2. Oktober nicht mehr aus. Aus der Sicht von Funk ist daher diese Wahl nicht mehr zu stoppen.

Mayer und Öhlinger argumentieren hier anders: Es gebe keine gesetzliche Grundlage, die die Wiederholung einer Stichwahl direkt regle. Da der Wahltermin durch eine Verordnung festgelegt worden sei, könne dies durch eine neue Verordnung auch geändert werden, sagen sowohl Mayer als auch Öhlinger. "Ich sehe keinen Grund, warum man nicht eine Verordnung aufheben und diese durch eine neue ersetzen können soll", betonte Mayer. Die Regierung könnte die Wahlwiederholung auf einen späteren Termin verlegen. Bis dahin könnte man die Wahlkarten neu drucken und neu ausgeben. Damit wäre gesichert, dass der Wahlgang korrekt ablaufen kann.

Korrektheit der Wahl istnicht gegeben

Das sei derzeit überhaupt nicht gegeben. Öhlinger geht sogar so weit zu sagen, dass die Wahl verschoben werden muss, wenn es tausende solcher Wahlkarten betreffe. Im Innenministerium spricht man derzeit von defekten Wahlkarten nur im dreistelligen Bereich. In Vorarlberg seien 500 betroffen, sagte der Leiter der Wahlbehörde im Innenministerium, Rober Stein. Allerdings sei auch Wien betroffen. Man werde noch nicht unterzeichnete Wahlkarten austauschen. Wenn Wahlkarten erst später - also wenn sie schon auf dem Postweg sind oder bei der Bezirkswahlbehörde selbst liegen - aufklaffen, wie dies am Donnerstag in Wien bekannt wurde, müsse die Bezirkswahlbehörde bei der Auszählung am 3. Oktober feststellen, ob diese gültig seien oder nicht.

"Es ist absurd, eine Wahl durchzuführen, von der feststeht, dass sie, wenn sie angefochten wird, auf jeden Fall aufgehoben werden muss. Das ist hier ein ernster Fehler. Das sind ja nicht die Lappalien, die der Verfassungsgerichtshof bei der Wahlaufhebung als Grund angenommen hat. Da werden tausende Briefwähler ihres Wahlrechts beraubt. Da kann ich doch nicht einfach sagen, Pech gehabt", kritisiert Öhlinger.

Ordentliche Wahl mit defekten Wahlkarten nicht möglich

Die Stimme der 32-jährigen Dornbirnerin Beate Rhomberg für die Bundespräsidentenstichwahl ist jedenfalls bereits verloren. Da sie erst nach Unterzeichnung der Wahlkarte bemerkt hat, dass diese nicht verschlossen werden kann, kann sie das Kuvert nicht mehr umtauschen. Die Ausstellung einer neuen Wahlkarte sei nicht möglich, da die Unterschrift wie eine abgegebene Stimme wirke, heißt es dazu im Innenministerium. Aber auch hier widerspricht Verfassungsjurist Öhlinger: "Diese Wahlkarte ist keine Wahlkarte, mit der ich mein Wahlrecht ordnungsgemäß ausüben kann." Daher müsse es möglich sein, die Wahlkarten, auch solche, die bereits unterschrieben seien, auszutauschen. Das könne natürlich nur vor einer Behörde und nicht auf dem Postweg gemacht werden.

In der Regierung ist man sich des Problems bewusst. Man arbeite an einer Lösung, hieß es.