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"Lustig ist das nicht, aber wir werden es durchstehen"

Von Werner Reisinger

Politik

Alexander Van der Bellen fordert seine Unterstützer auf, sich nicht entmutigen zu lassen. Norbert Hofer bei Milos Zeman.


Wien. Alexander Van der Bellen will sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Mit ostentativer Gelassenheit trat er am Montagnachmittag im Presseklub Concordia vor die Journalisten, um die kurz vorher von Innenminister Wolfgang Sobotka bekanntgegebene Verschiebung der Stichwahlwiederholung zu kommentieren. Bei aller Gelassenheit war Van der Bellen vor allem bemüht zu signalisieren, die Wahlkampf-Anstrengungen nicht einbrechen wollen zu lassen. Seine Hauptbotschaft an seine Anhänger: "Lasst euch nicht entmutigen."

Er halte die Verschiebung für "bedauerlich, aber sachlich richtig", sagte der Präsidentschaftskandidat. Natürlich wär ihm und seinem Team der Wahltermin 2. Oktober lieber gewesen, gab Van der Bellen zu. Angesichts der "Klebestreifen-Panne" aber wäre die Wahl nicht ordnungsgemäß durchführbar gewesen. Ja, "unerträglich" wäre es gewesen, wenn ein Wähler seine Wahlkarte zwar gültig abgeschickt, diese aber dann ungültig bei der Wahlbehörde eingetroffen wäre. "Mit dem Wahlrecht ist nicht zu spaßen."

Hofer bei Zeman in Prag

Er könne alle verstehen, die jetzt verärgert sind, auch ihm sei es im ersten Moment nicht anders gegangen. In den letzten Wochen und Monaten habe man eine breite und ehrenamtliche Wahlbewegung aufgebaut, der Zulauf von Bürgern in das Unterstützungskomitee sei ungebrochen. Als Beispiele für seine Unterstützungsbewegung führte Van der Bellen eine Gruppe von unter 16-Jährigen ins Treffen, sie sich, obwohl selbst noch nicht wahlberechtigt, bei ihren Altergenossen für Van der Bellen starkmachen würden. Wichtig für ihn seien auch jene Wirte, die bei jeder Konsumation einen kleinen Teil als Spende für sein Wahlkampfbudget einbehalten würden. Reicht die Spendenfreudigkeit seiner Unterstützer aus, den verlängerten Wahlkampf zu finanzieren? "Lustig ist das nicht, aber wir werden es durchstehen."

Für den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer gab es von Van der Bellen Seitenhiebe. Deren Forderung, nach dem Klebestreifen-Skandal, die Briefwahl nur für Auslandsösterreicher zu erlauben, sei eine "selektive und willkürliche Einschränkung des Wahlrechts". Die Absicht von SPÖ, ÖVP, den Grünen und den Neos, per Wahlgesetzänderung die Wählerevidenz zu aktualisieren und damit auch jene Jugendlichen zur Wahl zuzulassen, die in der Zwischenzeit das 16. Lebensjahr vollendet haben, bezeichnete Van der Bellen hingegen als "sehr gut".

Unterstützung, so Van der Bellen, erfahre er auch immer stärker von jenen Bürgermeistern, die sich Sorgen um die Wirtschaft und den Tourismus machen würden, sollte Norbert Hofer das Rennen für sich entscheiden. Bei der Wahl gehe es "nicht nur um Personen, sondern um eine Richtungsentscheidung", so Van der Bellen in Bezug auf das "Öxit-Gerede" seines Kontrahenten. Es gehe darum, ob Österreich ein verlässlicher Partner für die Union bleibe, "oder man sich Leuten anvertraut, die bei jeder Gelegenheit mit dem Austritt Österreichs aus der Union kokettieren".

Wohl um Bedenken hinsichtlich einer Isolation während seiner möglichen Präsidentschaft zu zerstreuen, war Norbert Hofer am Montag bei Tschechiens Premier Milos Zeman auf der Prager Burg zu Gast. Das Treffen habe er "privat" eingefädelt, wie Hofer betonte. Trotz "völlig unterschiedlicher Auffassungen" beim Thema Benes-Dekrete dürften sich Zeman und Hofer zumindest in einem einig gewesen sein: "Die Grünen mag ich schlichtweg nicht", hatte der tschechische Premier während des laufenden Präsidentschaftswahlkampf offen bekundet. Aus seinen Sympathien für Hofer macht Zeman keinen Hehl.

Er nehme die Verschiebung der Stichwahlwiederholung "zur Kenntnis", ließ Hofer am Montag aus Prag wissen. Er wisse, dass die Österreicher damit "keine Freude haben werden", eine Pause im Wahlkampf aber komme für ihn nicht in Frage. Er sehe sich als früherer Marathonläufer "bildlich auf der Prater-Hauptallee, das schwerste Stück sei bereits geschafft". Das Sondergesetz zur Wahlverschiebung wolle er in seiner Eigenschaft als Dritter Nationalratspräsident aber auch unterzeichnen, wenn seine Partei nicht mitstimme.

"Unwürdiges Possenspiel"

Die Entscheidung, den Wahltermin zu verschieben, sei "im Sinne der Demokratie", verlautbarte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner am Montag via Videoaussendung. Es sei besser, so vorzugehen, als "wieder mit irgendwelchen Problemen ausgestattet neuerliche Diskussionen zu riskieren." Bundeskanzler Christian Kern wollte die Causa am Montag nicht weiter kommentieren.

Als ein "demokratiepolitisches Fiasko und unwürdiges Possenspiel" bezeichnete hingegen Karl Blecha, Präsident des SPÖ-Pensionistenverbandes, die Vorgänge rund um die Wahlkarten-Panne. In einer Aussendung sprach Blecha von "unglaublichen Schlampereien" und forderte Innenminister Sobotka als Chef der Wahlbehörde auf, die Verantwortung zu übernehmen.