Wien. (apa) Der Nationalrat hat am Mittwochnachmittag die Verlegung der Bundespräsidenten-Stichwahl auf den 4. Dezember fixiert. Ursprünglich hätte diese am 2. Oktober stattfinden sollen. Wegen defekter Briefwahl-Kuverts entschieden sich aber Koalition, Grüne und Neos für eine Verschiebung. Man wolle damit sicherstellen, dass nach dem Wahlkarten-Kleber-Missgeschick jede Stimme zähle, hieß es. Die FPÖ, die Partei von Kandidat Norbert Hofer, und das Team Stronach lehnten die Vorlage ab.
Ebenfalls Neuland betrat der Nationalrat mit einer Aktualisierung des Wählerverzeichnisses. So werden bei der Stichwahl auch etliche Neuwähler teilnehmen können, die beim ursprünglichen Urnengang mit noch sechs Kandidaten nicht stimmberechtigt waren. Voraussetzung für das Stimmrecht ist, dass am Wahltag 4. Dezember der 16. Geburtstag erreicht ist.
Mittels Abänderungsantrag noch ermöglicht wurde, dass der Wähler seine Stimme selbst in die Urne wirft. Will er das nicht, kann er das Kuvert auch dem Wahlleiter überreichen.
Altes Kuvertmodell
Vorgesehen ist zudem die Rückkehr zum alten, verlässlicheren Kuvertmodell für die Wahlkarten. Was die bereits eingelangten Briefwahlstimmen für die Oktober-Wahl angeht, sollen diese an die Bundeswahlbehörde geleitet werden, um bei allfälligen zivilrechtlichen Verfahren wegen der aufgetauchten schadhaften Wahlkuverts als Beweismittel zur Verfügung zu stehen. Erst nach Verfahrensende soll der Reißwolf zum Einsatz kommen.
Schließlich ermöglichte der Nationalrat, dass die nach dem Tod des Amtsinhabers angesetzte Neuwahl des Bürgermeisters in Freistadt auch am 4. Dezember stattfinden kann. Der Beschluss war nötig, da am Tag der Hofburg-Wahl keine anderen Urnengänge abgehalten werden dürfen.
Die Debatte um den neuen Wahltermin fand unter den Augen von FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer statt, der in seiner Funktion als Dritter Nationalratspräsident den Vorsitz innehatte. Auf der Regierungsbank saß Innenminister Wolfgang Sobotka, in dessen Verantwortung die Abwicklung der Wahl fällt. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bezeichnete die Verschiebung der vom Verfassungsgerichtshof angeordneten Wahlwiederholung als "Armutszeugnis" und "Blamage für Österreich im In- und Ausland". Er verwies auf die räumliche und (in Person des Firmenchefs) auch weltanschauliche Nähe der inkriminierten Wahlkarten-Druckerei zum Heimatort der früheren Innenministerin Maria Fekter (ÖVP). Strache forderte personelle Konsequenzen im Innenministerium und Einschränkungen der Briefwahl. Das Team Stronach hatte "großes Bauchweh" mit dem Beschluss. In einer laufenden Wahl die Wählerregister zu erneuern sei "fahrlässig und äußerst gefährlich".
"Jede Stimme zählt"
Die vier anderen Parteien konnten mit dieser Kritik nichts anfangen. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder bezeichnete es als Verantwortung des Parlaments, mit der Problemlage so umzugehen, dass am Ende eine Lösung herausschaue. ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl sagte in Richtung FPÖ und Team Stronach: "Lassen Sie zu, dass jede Stimme zählt".
Die grüne Klubchefin Eva Glawischnig kritisierte die Versuche der FPÖ, Menschen in Pflegeheimen, aber auch Berufstätige von der Wahl ausschließen zu wollen. Außerdem solle es die FPÖ unterlassen, mit Verschwörungstheorien an der Demokratie zu sägen und ohne Beweise auf angebliche Manipulationen hinzudeuten.
Auch für Matthias Strolz, Klubchef der Neos, war die Notwendigkeit zur Verschiebung klar. Als Beleg verwies er auf anhaltende Wahlkuvert-Probleme bei der wiederholten Bezirksvertretungswahl in Wien-Leopoldstadt. "Was passiert ist, ist eine echte Zumutung für die Bürger", so Strolz. Als Gesetzgeber sei man gefordert gewesen, dies pragmatisch zu lösen.