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Die Mühen der Ebene

Von Katharina Schmidt

Politik
© photonews.at/Georges Schneider

Finanzminister Schelling präsentiert ein Budget ohne große Überraschungen und beklagt die Lasten der Vergangenheit.


Wien. Eines ist sicher: Es wird seine letzte Budgetrede im Hohen Haus am Ring gewesen sein. Denn im kommenden Sommer zieht der Parlamentsbetrieb in die Hofburg um, die nächste Budgetrede findet also bereits im adaptierten Redoutensaal statt. Ob es dort auch Hans Jörg Schelling ist, der den Abgeordneten das Budget für 2018 erklärt, steht auf einem anderen Blatt. Eine vorgezogene Nationalratswahl liegt jedenfalls in der Luft.

"Runter mit den Schulden, runter mit den Steuern"

Auch in seiner knapp einstündigen Rede zum Budget 2017 am Mittwochvormittag ließ der Finanzminister hier und dort deutlich die Position der Volkspartei durchklingen, was Bundeskanzler Christian Kern zwei Sitze neben ihm auf der Regierungsbank gelegentlich die Stirn in Falten legen ließ. Schellings Rede stand unter dem Motto "Vertrauen ist die wichtigste Währung" - und entsprechend blumig gestaltete er auch den Rest seiner Rede. Die nackten Zahlen, wie sie seine Amtsvorgänger teilweise heruntergebetet hatten, fanden da kaum Platz. Wie angekündigt, stieg Schelling mit einem Shakespeare-Zitat in die Rede ein: "Worte zahlen keine Schulden", rezitierte er. Nur handeln bringe Ergebnisse. Und abermals wiederholte er die alte ÖVP-Forderung: "Runter mit den Schulden, runter mit den Ausgaben, runter mit den Steuern." Er sei, sagte Schelling, mit dem Budget für 2017 nicht dort, wo er gerne wäre - aber das liege auch an seinem unangenehmen Erbe wie etwa der Causa Hypo oder aktuellen Entwicklungen wie den Herausforderungen der Flüchtlingsbewegung.

Aber man sei immerhin auf einem erfolgreichen Weg. Ohne Sonderausgaben für die Flüchtlinge liegt das strukturelle Defizit bei 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung und damit im mit der EU vereinbarten Rahmen. Das ist dem Finanzminister zwar "nicht ambitioniert genug, aber mehr hat sich wegen der angesprochenen Sondereffekte nicht umsetzen lassen".

Die Mühen der Ebene seien groß, meinte Schelling fast schon ein wenig resigniert - aber immerhin habe man jetzt unter die Hypo-Alpe-Adria einen Schlussstrich ziehen können - ein "schwieriges und schmerzhaftes Kapitel, das ich von einem Herrn geerbt habe, mit dem ich mir nur den zweiten Vornamen teile", so der Minister in Anspielung auf den verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider. Aber: "Wir haben unseren guten Ruf wiederhergestellt", meinte er sichtlich erleichtert in die Buh-Rufe aus den Reihen der Freiheitlichen hinein.

Seitenhiebe in Richtung Koalitionspartner

Schelling lobte die Steuerreform, der nächste Schritt müsse nun die Abschaffung der kalten Progression sein - und zwar für alle Steuergruppen. Ein Seitenhieb in Richtung SPÖ, der eine stärkere Entlastung für die kleineren Einkommen vorschwebt. Kritik übte Schelling auch an den "übermäßigen Verpflichtungen aus der Vergangenheit", die den Haushalt nun belasten würden - das Beispiel Schieneninfrastruktur-Investitionen und Zuschüsse zu den ÖBB, die auch die Pensionszuschüsse umfassen, war wohl nicht zufällig gewählt. "Wir müssen beim Eingehen langfristiger Verpflichtungen vorsichtiger werden. Wir nehmen sonst den nachfolgenden Generationen zu viel Entscheidungsfreiheit", warnte Schelling. Auch der SPÖ-Wunsch nach einer Maschinensteuer fand Eingang in die Rede: Man dürfe nicht durch neue Steuern, "die womöglich auch noch Investitionen belasten", Verunsicherung schaffen.

Insgesamt müsse man in erster Linie beim Staat selbst sparen: Dazu soll auch das Instrument der "Spending Reviews" dienen, also eine Ausgabenanalyse, die klarlegen soll, welche Aufgaben noch zeitgemäß und notwendig sind. Und: "Der Mechanismus des New Deal kann nicht mit altem Kuhhandel betrieben werden." Statt großer Reformen würde schon ein neues Denken, kombiniert mit Sparsamkeit - der "besten Einnahmequelle des Finanzministers" - reichen, sagte er.

Applaus kam am Ende ausschließlich aus den Reihen der Volkspartei, die Opposition sparte hingegen nicht mit Kritik. "Statt neue Wege zu beschreiten, asphaltiert er alte Trampelpfade", sagte die grüne Klubchefin Eva Glawischnig, die bei der Nationalratssitzung ebenso gefehlt hatte wie ihr FPÖ-Pendant Heinz-Christian Strache. Glawischnig und Grünen-Budgetsprecher Bruno Rossmann vermissen Akzente für Klimaschutz, Umwelt, Arbeitsmarkt, soziale Absicherung sowie Bildung und eine Föderalismus-Reform. Außerdem wirft Glawischnig Schelling vor, den von Kern angekündigten New Deal bewusst zu konterkarieren: "Damit bietet die Koalition das Bild einer gespaltenen Regierung."

"Das Einzige, das verlässlich funktioniert in dieser Regierung, sind die Seitenhiebe auf den Koalitionspartner", kritisierte auch Neos-Klubchef Matthias Strolz. Ansonsten habe Schelling nur "inhaltsleere Phrasen" geboten.

Für die FPÖ meldete sich Budgetsprecher Roman Haider zu Wort: "Jedes Jahr dasselbe: große Ankündigungen, schöne Worte, aber null Fortschritt", meinte er. Von den angekündigten grundlegenden Reformen finde sich keine Spur. "Vielmehr versuchten SPÖ und ÖVP, die von ihnen geschaffenen Missstände mehr schlecht als recht zu verwalten", so Haider.

Kern sieht gutes Klima in der Koalition

Kern selbst erklärte seine Position im Interview mit dem Ö1-"Mittagsjournal". Man müsse den Weg des konsolidierten Budgets fortsetzen, meinte auch der Kanzler. Angesprochen auf die SPÖ-Forderung nach einer Einmalzahlung von 100 Euro für Pensionisten, sagte er aber: "Wir sollen sparen, aber nicht bei den Falschen." Die Einmalzahlung ist nicht budgetiert, darüber will Kern in den kommenden Wochen noch diskutieren. Das Budget bezeichnete er als "solide", allerdings müsse man nun den strukturellen Umbau angehen. Die Stimmung in der Koalition sei nach wie vor "bestens". Nachsatz: "Aber mich freut auch nicht immer alles."