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Land der "offenen Türen"?

Von Werner Reisinger

Politik

In den Linzer Redoutensälen treffen sich bald extreme Rechte. Der Druck auf Landeshauptmann Pühringer, sie aus den Räumlichkeiten auszuladen, wächst.


Linz. Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) hat es dieser Tage nicht leicht. Was sich am 29. Oktober in den Redoutensälen an der Linzer Promenade ein Stelldichein geben wird, ist nichts anderes als eine illustre Auswahl der international tonangebenden rechten und rechtsextremen Publizisten und Vordenker. Unter dem Motto "Verteidiger Europas" hat sich der Kongress "Europäisches Forum Linz" für seine - laut Homepage - "Leistungsschau der patriotischen, identitären und konservativen Arbeit im publizistischen, kulturschaffenden sowie politischen Bereich" eigens die repräsentativsten Räumlichkeiten ausgesucht, die das Land Oberösterreich zu bieten hat.

Angemietet hat den Veranstaltungsort bereits im vergangenen Mai die rechte, deutschnationale Burschenschaft Arminia Czernowitz, laut dem Büro des Landeshauptmanns unter dem einfachen Titel "Kongress". Im Impressum auf der Homepage der Veranstaltung findet sich der "Verein für Meinungsfreiheit und Publizistik", Herausgeber der rechten Zeitschrift "Info Direkt". Der Obmann des Vereins, Karl Winkler, ist in der Szene kein Unbekannter. Winkler ist Oberösterreich-Vorsitzender der als rechtsextrem eingestuften Österreichischen Landsmannschaft. Zusammen mit "Info Direkt" fungiert auch die Internetplattform "unzensuriert.at", ins Leben gerufen vom ehemaligen Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ). Als Referenten in Linz haben sich unter anderem Björn Höcke, Fraktionsvorsitzender der Alternative für Deutschland (AfD) in Thüringen und Felix Menzel, Chefredakteur der Zeitschrift "blaue Narzisse", angekündigt. Die Zeitschrift ist unter anderem bei Mitgliedern der von Experten als rechtsextrem eingestuften Identitären Bewegung beliebt. Ebenfalls sprechen wird Nathalie Holzmüller, die 2014 ein geheimes Treffen von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mit Vertretern des französischen Front National, der bulgarischen Rechtspartei Ataka sowie dem russischen rechtsextremen Ideologen Alexander Dugin organisiert haben soll.

Opposition läuft Sturm

Wenig verwunderlich, dass die Opposition im von ÖVP und FPÖ geführten Oberösterreich gegen den Kongress Sturm läuft. Grüne und SPÖ brachten Ende September in der Landesregierung den Antrag ein, Landeshauptmann Pühringer möge den Mietvertrag mit den Redoutensälen kündigen. "Nach Presseberichten, dass die rechte Szene im Rahmen einer Veranstaltung in den Redoutensälen auftritt", wie es in einer eigenen Aussendung heißt, beauftragte Pühringer den Verfassungsschutz. Dieser solle untersuchen, ob es sich um eine straf- oder verbotsgesetzlich bedenkliche Veranstaltung handle. Dahingehende Informationen lägen nicht vor, urteilten die Verfassungsschützer, und so bleibt es dabei: Der Kongress wird in den repräsentativen Räumlichkeiten des Landes stattfinden. Für den 29. Oktober ruft das Bündnis "Linz gegen Rechts" zu einer Demonstration gegen das Happening auf.

Interessant ist die Argumentation des Landeshauptmanns: Die Burschenschaft Arminia Czernowitz habe die Räumlichkeiten auch in der Vergangenheit schon mehrmals angemietet, dabei habe es nie "Beanstandungen" gegeben, deshalb habe die Abteilung Gebäudemanagement des Landes auch diesmal den Mietvertrag genehmigt. Tatsächlich hielten die "Arminen" im März 2009 unter dem Titel "190 Jahre Karlsbader Beschlüsse" einen Kommers in den Redoutensälen ab. Als Festredner fungierte der deutsche Publizist und Verleger Götz Kubitschek, wohl ein zentraler ideologischer Vordenker der Neuen Rechten, mit besten Verbindungen zu den Identitären, zur AfD und Autor der Neurechten-Bibel "Provokation". In seiner Rede ereiferte sich Kubitschek damals über "Mechanik und Methode des linksliberalen Dauerfeuers", träumte von der "Erringung der politischen Macht", von "Umdeutung" und "Revision des Sichergeglaubten" und davon, die "selbstgefälligen politischen Eliten zu vertreiben". Unklar ist, ob die oberösterreichische Landesregierung wusste, wer auf den früheren Veranstaltungen der Arminia Czernowitz bereits hofiert wurde. Klar ist jedenfalls, dass Kubitschek in Deutschland den "Zwischentag" organisiert, ein rechter Kongress, der als Vorbild für jenen in Linz dient. Laut dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes fungieren weite Teile der Arminia-Mitglieder seit 2013 auch als Aktivisten der österreichischen Identitären, die im Linzer Arminen-Haus Ende September ihr zweites Vereinslokal eröffnet haben. Eine offensichtlich gedeihliche Zusammenarbeit der Linzer Burschenschafter mit den ideologischen Speerspitzen der Neuen Rechten, deren Treffen in repräsentativen Räumlichkeiten von der Landesregierung geduldet werden?

Pühringer hat "keine Freude"

"Natürlich habe ich keine Freude damit, wenn solche Veranstaltungen in unserem Land stattfinden", betonte Pühringer. Er lehne es jedoch ab, "dass politisch entschieden wird, wer eine Veranstaltung durchführen darf und wer nicht". Wie Pühringer beruft sich auch Wolfgang Hattmannsdorfer, ÖVP-Landesgeschäftsführer, auf die Meinungsfreiheit. Die Redoutensäle seien öffentliche Räumlichkeiten, und auch wenn er die am Kongress vertretene Geisteshaltung absolut nicht teile, könne man niemandem verwehren, die Räume anzumieten, sagt er. Würde man eine politische Gruppierung ausschließen, müsse man generell die Räume für externe Veranstalter schließen: "Wollen wir ein Land der offenen Türen sein oder der verschlossenen Türen?" Auch deshalb könne es einen Kriterienkatalog hinsichtlich künftiger Veranstaltungen, wie ihn die oberösterreichische SPÖ-Landesrätin Birgit Gerstofer fordert, nicht geben.

Der Druck auf Landeshauptmann Pühringer steigt dennoch. Laut Andreas Baumgartner, Generalsekretär des Internationalen Mauthausen Komitees, haben deutsche, italienische, spanische und französische KZ-Überlebendenverbände ihre nationalen Vertretungen gebeten, ihren Unmut mit diplomatischem Nachdruck bei Landeshauptmann Pühringer zu deponieren.