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Wettlauf um die Batterie

Von Marina Delcheva und Jan Michael Marchart

Politik

Verkehrs- und Umweltministerium einigen sich auf Prämien für E-Autos.


Wien. Der technische Fortschritt lässt sich auf Automessen momentan in Form von Reichweite ablesen. Als laufe gerade eine Auktion, versuchen sich die Hersteller mit immer höheren Zahlen zu überbieten. 300, 400, 500 Kilometer Reichweite steht in großen Zahlen auf den Fahrzeugen geschrieben. Dass die Hersteller mit besseren Batterien auffallen wollen, ist nachvollziehbar, war und ist doch der noch stark limitierte Aktionsradius einer der großen Kritikpunkte der Elektroautos gegenüber jenen Vehikeln mit Verbrennungsmotor. Abgesehen davon sind die Elektrofahrzeuge noch deutlich teurer als vergleichbare Benziner, sagt Peter Fischer, Leiter des Instituts für Fahrzeugtechnik der TU Graz. Die Verbreitung läuft schleppend.

Derzeit fahren rund 8600 Elektroautos auf Österreichs Straßen, 4500 weitere sollen heuer laut Verkehrsministerium zugelassen werden. Von den seitens der Regierung avisierten 200.000 Elektroautos bis 2020 ist man noch meilenweit entfernt. Zum Vergleich: Pro Jahr werden hierzulande 320.000 Pkw neu zugelassen.

Für Verkehrsminister Jörg Leichtfried ist das "Zeitalter der E-Autos" aber angebrochen. Verkehrs- und Umweltministerium sowie die Automobilbranche wollen mit einem Förderprogramm den Umstieg auf E-Mobilität verbessern. Die Anschaffung eines Elektroautos oder eines Pkw mit Brennstoffzelle wird ab dem kommenden Jahr mit 4000 Euro pro Fahrzeug gefördert. Für Plug-in-Hybride gibt es 1500 Euro. Elektrofahrräder und E-Mopeds bekommen 375 Euro Zuschuss. Unterstützt wird weiters die Errichtung von privater Ladeinfrastruktur mit 200 Euro pro Box. Öffentliche Ladestationen erhalten bis zu 10.000 Euro pro Stück.

"Wir steigen mit einem 72 Millionen Euro Förderpaket ein", sagte Verkehrsminister Leichtfried am Mittwoch. Umweltminister Andrä Rupprechter rechnete um: "Das ist eigentlich eine Milliarde Schilling." Das Geld kommt zu je einem Drittel vom Verkehrs- und Umweltressort sowie von den Automobilimporteuren und wird bis Ende 2018 vergeben.

Fossilfrei ab 2050

Ein Auto, das keinen Verbrennungsmotor hat und keine Abgase ausstößt. Was vor einigen Jahren noch Science Fiction war, soll schon bald flächendeckende Wirklichkeit werden. Zumindest, wenn es nach dem Umweltminister geht. Die Förderungen für E-Autos fügen sich in die neue Umweltstrategie Österreichs, die Anfang 2017 vorgestellt werden soll.

Bei der UN-Klimakonferenz in Marokko wurde Österreich, einst Musterland in Sachen Klimaschutz, gescholten, weil es in letzter Zeit zu wenig für die Reduktion der Treibhausgase getan habe. Der Bereich Verkehr gehört zu den größten Emissionstreibern.

"Von 1990 bis 2014 stiegen die Treibhausgas-Emissionen aus dem Sektor Verkehr von 13,8 Millionen Tonnen auf 21,7 Millionen Tonnen an", so Ingeborg Zechman vom Umweltbundesamt. Das ist ein Plus von fast 60 Prozent. Auf den privaten Personenverkehr kamen 2014 rund 12 Millionen Tonnen CO2. Angesichts internationaler Bestrebungen hat Rupprechter kürzlich angekündigt, dass Österreich bis zum Jahr 2050 fossilfrei sein soll. Die internationale Staatengemeinschaft hat sich im Klimaabkommen von Paris im Vorjahr darauf verständigt, die Treibhausgase deutlich zu senken und die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius des vorindustriellen Niveaus zu drosseln.

In diese Klimaziele fügt sich auch die Bestrebung, die E-Mobilität zu Lasten fossiler Brennstoffe auszubauen. Das Förderprogramm stößt aber nicht nur auf Gegenliebe. "Unserer Meinung nach ist die geplante Ankaufsförderung für Elektroautos nicht zielführend", sagte ÖAMTC-Direktor Oliver Schmerold. "Die bisher kolportierte Summe von 5000 Euro Zuschuss pro Fahrzeug begünstigt nur eine Marktverzerrung und ist alles andere als sinnvoll eingesetztes öffentliches Geld."Grundsätzlich steht der Automobilklub der neuen Antriebstechnik positiv gegenüber. Die direkte Unterstützung eines E-Auto-Kaufs komme aber nur jenen zugute, die ohnehin zu einem Umstieg bereit seien, erklärt auch Bernhard Wiesinger, Leiter der Interessensvertretung im ÖAMTC. Bisher habe es vier Hürden bei der Anschaffung eines Elektroautos gegeben: der hohe Preis, die lückenhafte Ladeinfrastruktur, die lange Ladezeit und die geringe Reichweite.

Mit einer Anschaffungsprämie löse man nur eines dieser Probleme und auch nur zum Teil. "Es wäre vermutlich langfristig sinnvoller, in die Infrastruktur zu investieren", sagt Wiesinger. Zudem werden laut ÖAMTC E-Autos derzeit eher als Zweit- oder Drittfahrzeuge sowie als Firmenautos genutzt.

Skepsis bei Zulieferern

Die heimische Zulieferindustrie hat, was das Fortschreiten der E-Mobilität betrifft, gemischte Gefühle. "Es wird Teilbranchen geben, die dadurch gewinnen, und es wird andere Teilbranchen geben, die daran verlieren", sagt Berndt-Thomas Krafft, Geschäftsführer der Arge Automative Zulieferindustrie der Wirtschaftskammer. Die heimische Zulieferindustrie gehört mit einem Produktionswert von 19,8 Milliarden Euro und einer Wertschöpfung von 5,8 Milliarden zu den leistungsstärksten Industriezweigen. Laut Kammer waren im Vorjahr 71.100 Menschen in Zulieferbetrieben beschäftigt. Laut Krafft könnten vor allem Zweit- und Drittzulieferer von der technologischen Wende profitieren. Also der gesamte IT-Bereich, Hersteller von Airbags und Scheinwerfern. Insgesamt steigt damit die Nachfrage nach Elektronik, Elektrotechnikern oder Chemikern.

Weniger positiv sind die Aussichten für die personalstarke Produktion bei den primären Zulieferern, die etwa Brennstoffmotoren herstellen. Am Industriestandort Steyr in Oberösterreich werden etwa Diesel-Motoren für BMW angefertigt. Daran hängen tausende Jobs. Hinzu kommt, dass ein Elektromotor im Vergleich zu einem Verbrennungsmotor viel weniger Teilkomponenten hat und weniger Fertigungsschritte notwendig sind. Peter Fischer von der TU Graz meint, dass die neue Technik mit ihrer Komplexität langfristig eher mehr Arbeitskräfte als weniger schaffen wird. "Neben dem Verbrennungsmotor, der auf lange Sicht die dominierende Antriebsquelle bleiben wird, wird ein neuer Sektor geschaffen. Von Verdrängung kann nicht die Rede sein", sagt er.

Wer vom höheren Absatz profitiert, sind die großen Autohersteller. Sie haben in den vergangenen Jahren viel in die Entwicklung von E-Fahrzeugen investiert. Diese erweisen sich bisher aber als Ladenhüter. Laut dem Finanzdienstleister UBS sollen bis 2025 weltweit nur zehn Millionen Elektrofahrzeuge zugelassen sein.