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Gekommen, um zu bleiben

Von Monika Jonasch

Wirtschaft

Hohe Inflation, alternde Bevölkerung und Arbeitskräftemangel prägen Österreich derzeit und künftig.


Es gibt gute und schlechte Erkenntnisse zum Zustand von Österreichs Wirtschaft. Gut ist etwa, dass trotz multipler Krisen das Bruttoinlandsprodukt (BIP ) 2022 um fünf Prozent gegenüber 2021 gewachsen ist. Die Wirtschaftsleistung des Landes lag damit sogar um 3,2 Prozent über dem Vorkrisenniveau von 2019, ergab das "Austrian Economic Barometer" der Statistik Austria, das am Dienstag in Wien präsentiert wurde.

Allerdings wuchs 2022 auch Österreichs Handelsbilanzdefizit auf 19,6 Milliarden Euro (2021: 12,9 Milliarden Euro), was vor allem auf Energieimporte zurückzuführen ist. Das befeuert wiederum die Inflation. Sie verharrt derzeit auf hohem Niveau, bei etwa 11 Prozent. Wie bekannt, treiben hohe Energie- und Nahrungsmittelpreise die Teuerung an. Mittlerweile ist sie allerdings auch bei den Dienstleistungen und Gütern angekommen und hat sich damit als Kerninflation verfestigt, was eine sehr schlechte Nachricht ist.

"Wir werden also noch länger mit einer hohen Inflation leben müssen", erklärt dazu der Generaldirektor der Statistik Austria, Tobias Thomas. Er geht zwar von einem "markanten Rückgang der Inflation im Jahresverlauf" aus. Dennoch werde sie heuer über der EU-Vorgabe von zwei Prozent bleiben. Dagegen gebe es nur ein Mittel, mehr Wettbewerb, meint er und fügt hinzu: "Protektionismus und Abschottung senken die Preise sicher nicht."

Arbeitsmarkt im Umbruch

Der "Austrian Economic Barometer" legte dieses Mal zudem einen Fokus auf den Arbeitsmarkt und hier insbesondere auf die Teilbereiche Arbeitskräftemangel und Demografie. Und auch dort gibt es gute und weniger gute Nachrichten. Gut ist, dass sich die Beschäftigung in Österreich nach dem Corona-Tief wieder erholt hat. Die Erwerbstätigenquote lag im Vorjahr bei 74 Prozent und legte damit um 1,6 Prozentpunkte gegenüber 2021 zu.

Allerdings liegt auch die Zahl der offenen Stellen auf einem Rekordniveau. "Man kann mittlerweile von einem Arbeitskräftemangel sprechen, nicht mehr nur von einem Fachkräftemangel", so Thomas. Vom Personalmangel betroffen sind alle heimischen Wirtschaftsbereiche, an der Spitze jedoch liegen Dienstleistungsberufe und Verkauf, vor Handwerk samt verwandten Berufen.

Diese große Nachfrage nach Arbeitnehmern ist allerdings kaum zu befriedigen, wird doch die heimische Bevölkerung immer älter. Bevölkerungswachstum gibt es fast nur noch bei den Über-65-Jährigen. 2021 lebten in Österreich in etwa gleich viele Senioren wie Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren. Zwischen 2021 und 2080 wird der Anteil der 20- bis 64-Jährigen jedoch um über neun Prozentpunkte sinken, rechnet die Statistik Austria vor. Gleichzeitig nehmen die Über-65-Jährigen um 9,6 Prozentpunkte zu. Das Verhältnis von Erwerbstätigen zu Pensionisten sinkt auf 2:1. Damit gibt es immer weniger Erwerbstätige im Land. Zusätzlich liegt die Erwerbsbeteiligung von Älteren, 55- bis 64-Jährigen, in Österreich mit 55,4 Prozent unter dem EU-Schnitt von etwa 60 Prozent.

All das bedeutet eine enorme Belastung für das Pensions- und Gesundheitssystem, das sich in der Vergangenheit durch Einnahmen aus der Erwerbstätigkeit finanzierte. 2021 jedoch wurden bereits etwa 2,98 Prozent des BIP in Pensionen investiert. Künftig wird hier sowie im Gesundheitssystem - und insbesondere in der Langzeitpflege - angesichts der alternden Bevölkerung immer mehr Geld vom Bund zugeschossen werden müssen.

Soziale Systeme ächzen

Bis zum Jahr 2080 werden in Österreich etwa zehn Millionen Menschen leben, nur knapp die Hälfte von ihnen werden jedoch dann auch erwerbstätig sein, prognostiziert man von Seiten der Statistik Austria,

Das heißt, sowohl der Arbeitskräftemangel wie auch die Finanzierungslücke in den sozialen Systemen verschärft sich in den nächsten Jahren. Gegenwärtig sorgt eine starke Zuwanderung noch dafür, dass die Bevölkerung nur stagniert. Immerhin jeder vierte Erwerbstätige in Österreich ist im Ausland geboren. Allerdings bremsen unzureichende Deutschkenntnisse, ein unpassendes Job-Angebot und nicht anerkannte Ausbildungen diese Gruppe bei der Arbeitssuche stark aus.

Das Potenzial an Erwerbspersonen müsse besser ausgeschöpft werden, diagnostiziert der Statistik-Austria-Generaldirektor angesichts dieser Daten. "Österreich wird nicht darauf verzichten können, auf die Gruppen der Frauen, Älteren und Zuwanderer stärker zuzugreifen," meint er.