Wien. Am Mittwoch beschließt der Nationalrat zwei im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich erstellte Bund/Länder-Vereinbarungen. Den Mittwoch haben die Hausärzte auch als ihren Protesttag gewählt. In Wien, Kärnten und dem Burgenland wird gestreikt. In den anderen Bundesländern sind Protestaktionen geplant. Der Ärzteprotest, der auch von Ärztekammerpräsident Artur Wechselberger - selbst Hausarzt in Tirol - mitgetragen wird, richtet sich vor allem gegen die Primärversorgungszentren. Stattdessen, so Wechselberger, solle man den bestehenden niedergelassenen Bereich stärken.

Gesundheitspaket
im Nationalrat

Der Nationalrat beschließt einerseits einen Kostendämpfungspfad. Demnach sollen bis 2021 für die öffentlichen Gesundheitsausgaben (ohne Pflege) Ausgabenobergrenzen von 3,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (2017) abgestuft bis 3,2 Prozent (2021) festgelegt werden. Die zweite 15a-Vereinbarung betrifft den Ausbau der Primärversorgung, für die bis Ende 2020 rund 200 Millionen Euro investiert werden sollen. Bis zum Ende der Laufzeit sollten zumindest 75 Primärversorgungseinheiten - entweder an einem Standort oder als Netzwerk - eingerichtet sein. Die Primärversorgungseinheit hat aus einem Kernteam mit einem Allgemeinmediziner und Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege zu bestehen und muss bedarfsgerechte Öffnungszeiten anbieten.

Wechselberger befürchtet, dass mit den Primärversorgungszentren Verschlechterungen auf die Patienten in der ambulanten niedergelassenen Versorgung zukommen werden. "Wir glauben, das ist schlecht, denn es geht der direkte, individuelle Kontakt zum gewohnten, behandelnden Arzt verloren, es wird zentralisiert, es geht die Wohnortnähe verloren, es wird das Leistungsspektrum eingeschränkt sein."

Wenn man den niedergelassenen Bereich stärken möchte, dann solle man auf Bewährtes aufbauen, die bestehenden Arztpraxen vernetzen und die Zusammenarbeit der Ärzte verbessern, sagte er am Montag im Ö1-"Morgenjournal". Dazu brauche es "frisches Geld", so der Ärztekammerpräsident. Denn die vorgesehenen 200 Millionen Euro für deren Ausbau müssten zuvor im System eingespart werden.

Die Politik wendet sich angesichts der Proteste gegen die Gesundheitsreform direkt an die Mediziner. In einem Brief an alle rund 22.000 niedergelassenen Ärzte wird ihnen versichert, dass sie weiterhin eine zentrale Rolle spielen werden und dass die niedergelassenen Ärzte weiter zentraler Bestandteil der Gesundheitsversorgung bleiben. Man wolle neue Modelle der Primärversorgung fördern, wenden sich Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ), Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) sowie die Spitzen der Sozialversicherung und Ländervertreter direkt an die Hausärzte. "Das können Zentren sein oder Netzwerke, wo mehrere HausärztInnen im Team mit anderen Gesundheitsberufen in einem organisatorischen Verbund miteinander kooperieren. Klar ist: Auch bei diesen neuen Modellen werden HausärztInnen eine zentrale Rolle spielen", heißt es in dem Brief.

Weder würde ein Arzt seinen Kassenvertrag verlieren, noch werde die freie Arztwahl eingeschränkt, heißt es weiter. Gleichzeitig verweisen Oberhauser und Kollegen darauf, dass die Primärversorgung auch bessere und modernere Arbeitsbedingungen bringe: "die Möglichkeit zum Austausch im Team, leichtere Vertretungs-Regelungen und familienfreundlichere Arbeitszeiten".

Ärztestreik
im Detail

Etwa 80 Prozent der Wiener Hausärzte werden laut Ärztekammer am Mittwoch ihre Ordinationen zusperren. Patienten sollen sich an den Ärztefunkdienst wenden, der verstärkt wird. Außerdem gibt es einen Protestmarsch vom Billrothhaus in der Frankgasse im 9. Bezirk zum Franziskanerplatz im 1. Bezirk. Am Nachmittag wird eine Delegation auch ins Parlament gehen.

In Kärnten sind alle rund 850 niedergelassenen Ärzte - auch Fachärzte - zum ganztägigen Streik aufgerufen. Im Notfall wird in den Regionen ein Arzt erreichbar sein.

Im Burgenland bleiben die Ordinationen der Hausärzte ab 12 Uhr geschlossen, der Notdienst wird aufrechterhalten.