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Freundschaft

Von Marina Delcheva

Politik

FPÖ unterzeichnet Kooperation mit Putin-Partei. Russlands Einfluss auf die europäische Rechte wächst.


Wien/Moskau. "Druschba" ist das russische Wort für Freundschaft und war lange Zeit ein Grußwort für Sozialisten und Kommunisten im ehemaligen Ostblock. Das linke Pendant zum christlich-konservativen Grüßgott, quasi. Eine besonders innige Freundschaft, oder "Druschba", wie die Russen sagen, pflegt die FPÖ seit geraumer Zeit mit Wladimir Putins Partei "Einiges Russland" .

Im Rahmen einer mehrtägigen Reise hat die FP-Spitze am Montag eine "Vereinbarung über Zusammenwirken und Kooperation" mit Vertretern von "Einiges Russland" unterzeichnet (siehe Faksimile). Den Inhalt hatte schon "Krone"-Journalist Claus Pandi am Sonntag über den Nachrichtendienst Twitter geteilt. Das "rechtlich nicht bindende" Übereinkommen, wie die FPÖ in einer Aussendung erklärt, muss besonders wichtig sein, denn zur Unterzeichnung ist die erste Reihe der FPÖ angereist. Parteiobmann Heinz-Christian Strache wurde unter anderem vom Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer, EU-Abgeordneten Harald Vilimsky, Johannes Hübner, David Lasar, Johann Gudenus und Detlev Wimmer begleitet.

"Jugend erziehen"

© Twitter/Claus Pándi

Die FPÖ gewinne, so Strache, damit an internationalem Einfluss. Außerdem strebe man eine Intensivierung der Beziehungen an. Für weiterführende Fragen war am Montag kein Parteivertreter zu erreichen. Liest man in das Abkommen genauer hinein, hat es das zweiseitige Papier in sich. Unter Punkt 6 wird etwa ein "gegenseitiges vorteilhaftes Zusammenwirken" angestrebt, mit dem Ziel, der "Stärkung der Freundschaft und der Erziehung der jungen Generation im Geiste von Patriotismus und Arbeitsfreude".

Gefordert wird auch eine stärkere wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die FPÖ hatte die 2014 verhängten EU-Sanktionen gegen Russland wegen der Krim-Invasion schon zu Beginn als "schädlich" kritisiert und macht sich seitdem für deren Aufhebung stark. Das Papier soll schon am 28. November aufgesetzt worden sein, also vor der Wiederholung der Bundespräsidentenstichwahl und wohl in der Hoffnung, einen blauen Präsidenten zu haben. Hofer meinte übrigens in einer Stellungnahme gegenüber der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft, dass Österreich "als traditioneller Vermittler zwischen Ost und West" Position beziehen solle. Und auch er verurteilt, wenig überraschend, die Sanktionen.

Langjährige Freunde

Die FPÖ verbindet schon seit etwa zehn Jahren eine innige Freundschaft zu Putins Russland. "Wir beobachten in den letzten Jahren eine vollständige Hinwendung der Rechten und rechter Medienseiten hin zu Russland", sagt Bernhard Weidinger vom Österreichischen Dokumentationsarchiv, das gerade an einer Analyse zur Einflussnahme Russlands auf rechte Parteien in Österreich. Das Gesicht dieser blau-russischen Freundschaft ist Johann Gudenus, Vizebürgermeister von Wien. Gudenus hat im Rahmen seines Jusstudiums Kurse an der Lomonosov-Universität in Moskau besucht und spricht Russisch.

Laut der Studie "Das Aufrüsten der Kultur: Die Agenda des Kremls und der Werte-Export nach Zentral-Europa" des Political Capital Institute war Gudenus von 2006 bis 2010 Geschäftsführer der Donowan Invest Trading GmbH, die dem Russen Roman Veksler gehörte. 2014 besuchte er das "Internationale Forum für Mehrkindfamilie und die Zukunft der Menschheit" in Moskau, bei dem er unter anderem von einer "Homosexuellen-Lobby" sprach, die angeblich die westlichen Medien beherrsche.

Im März 2014 reiste Gudenus zusammen mit Johannes Hübner (FPÖ) als "unabhängiger Wahlbeobachter" auf die Krim. Gudenus und seine Wahlbeobachter-Kollegen befanden das Referendum für legitim; es sei ohne Druck durchgeführt worden. Gläserne Urnen, keine Umschläge für die Stimmzettel und fehlende Wahlkabinen, in denen die Wähler anonym hätten abstimmen können, störten Gudenus nicht. Und 2012 reiste er persönlich auf Einladung des tschetschenischen Diktators Ramsan Kadyrov, um sich davon zu überzeugen, dass den tschetschenischen Flüchtlingen in ihrer Heimat keine Verfolgung drohe.

Auch Strache selbst ist immer wieder gern gesehener Gast in Russland. In Wien war er, zusammen mit Gudenus und Vertretern anderer rechter Parteien bei einem Geheimtreffen mit dem rechtsextremen Chefideologen der eurasischen Bewegung, Alexander Dugin. Letzterer nennt die Krim "Neurussland", verteufelt Homosexualität und den Westen und träumt von der "Auflösung Österreichs" und dessen Zusammenschluss mit Ungarn und Serbien zu einem Großreich unter russischem Einfluss.

"Dass man hier mit der FPÖ und dem Papier aus der Deckung geht, ist kein Zufall", sagt der deutsche Journalist Boris Reitschuster. Er war lange Jahre Korrespondent in Moskau und ist Autor des Buchs "Putins verdeckte Krieger: Wie Russland den Westen destabilisiert". Russlands Verbindungen zur FPÖ sind nur ein Puzzel-Stück in Putins Beziehungen zur europäischen Rechten. Wien und das neutrale Österreich seien schon zu Zeiten des Kalten Krieges ein beliebter Einzugsort für Sowjet- wie auch für US-Spione gewesen. Zudem pflegt das Land langjährige und intensive Wirtschaftskontakte mit Russland - Sanktionen hin oder her.

Durch die Unterstützung der Rechten in Europa und den gezielten Einsatz von einem Netzwerk von Internetaktivisten etwa mittels Fake-News soll Russland das Ziel verfolgen, "den Glauben der Menschen an Demokratie und Medienfreiheit zu erschüttern", meint Reitschuster.

So wurde schon 2014 bekannt, dass rund 40 Millionen Euro aus Russland in Form von Krediten zum französischen Front National geflossen sein sollen. Auch die mittlerweile verbotene Partei Goldene Morgenröte aus Griechenland und die bulgarische Ataka sollen finanzielle Aufwendungen bekommen haben. Außerdem wirft der US-Geheimdienst CIA Russland vor, aktiv in den US-Wahlkampf zugunsten Donald Trumps eingegriffen zu haben, was jedoch dementiert wird. Indizien für finanzielle Verbindungen zur FPÖ gibt es bisher keine.

In Österreich erntet die FPÖ Kritik für den Moskau-Besuch. "Offensichtlich ist die Kälte in Moskau den Herren in den Kopf gestiegen", meinte SPÖ-Geschäftsführer Georg Niedermühlbichler. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner nennt es "grob daneben".