Wien. Es beginnt mit der Entscheidung, das eigene Land, das eigene Leben zu verlassen. Konflikte und Kriege treiben sie dazu, Zukunftsperspektiven für sich, für die Kinder gibt es kaum. Es folgt die Flucht nach Europa. Für die, die es nach Österreich schaffen, heißt es kurz durchschnaufen. In der Grundversorgung wird gewartet und gehofft, Österreich nicht wieder verlassen zu müssen. Sobald die Hoffnung Realität wird und das Ansuchen um Asyl positiv entschieden wurde, heißt es rasch eine eigene Existenz aufbauen. Zuallererst muss ein Dach über dem Kopf gefunden werden.
Vier Monate zum Aufbau einer Existenz
Rasch, das heißt innerhalb von vier Monaten. Denn so lange haben Asylberechtigte Zeit, um die Unterkunft im Rahmen der Grundversorgung zu verlassen. Ende November befanden sich laut Angaben des Innenministeriums rund 80.000 geflüchtete Personen in der Grundversorgung. 20.500 davon in der Wiener Grundversorgung.
Gernot Ecker, Leiter der Wohnungslosenhilfe und Flüchtlingskoordination beim Wiener Hilfswerk sowie Vorstandsmitglied des Verbands Wiener Wohnungslosenhilfe, geht davon aus, dass etwa 50 bis 60 Prozent dieser Personen einen positiven Asylbescheid erhalten. "Dann sind wir bei 10.000 Menschen, die es innerhalb einer Frist von vier Monaten schaffen müssen, selbständig zu wohnen. Einige dieser Menschen werden es nicht schaffen, sich eine Existenz aufzubauen, und sind somit von Wohnungslosigkeit bedroht", fasst Ecker die derzeitige Herausforderung zusammen.
Aktuell stehen in Wien 174 Startwohnungen zur Verfügung, um Asylberechtigten einige Monate oder Jahre Unterstützung zu bieten. "Das ist nicht sehr viel. Wir sind total ausgelastet", fügt Ecker hinzu. Wie viele Asylberechtigte derzeit mit Wohnungslosigkeit konfrontiert sind oder künftig sein werden, könne man nicht sagen. Es könnten Hunderte ebenso wie Tausende sein.
Tatsächlich relevant wird das Thema Wohnungslosigkeit unter Asylberechtigten laut Ecker in den kommenden zwei Jahren. "Darum müssen wir uns jetzt schon überlegen, was wir tun können, um den Menschen zu helfen, um uns nicht erst später zu fragen, was wir mit den Personen machen sollen."
Asylberechtigte wohnen oft prekär
Aktuelle Zahlen der Wohndrehscheibe von der Volkshilfe Wien zeigen, dass Wohnungslosigkeit unter Asylberechtigten bereits seit letztem Jahr relevant ist: So hatten in den vergangenen Jahren zwischen 13 und 17 Prozent der Personen, die von der Wohndrehscheibe bei der Wohnungssuche am privaten Wohnungsmarkt unterstützt und beraten wurden, einen Flüchtlingsstatus. 2015 erhöhte sich dieser Anteil auf 35 Prozent. 2014 waren sechs Prozent der betreuten Personen Syrer, 2015 waren es 24 Prozent, im laufendem Jahr (bis Ende November) stieg der Anteil auf 26 Prozent bzw. auf 627 syrische Haushalte.