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Leistbar für Mieter und Anbieter

Von Petra Tempfer

Politik

Immobilienwirtschaft hält Kanzler Kerns "Plan A" zur Betriebskostensenkung für wenig realistisch.


Wien. "Um Wohnen für alle verfüg- und leistbar zu machen, muss an mehreren Schrauben gleichzeitig gedreht werden", steht im "Plan A" von Bundeskanzler und SPÖ-Parteichef Christian Kern, den dieser in der Vorwoche präsentierte. Immerhin betrugen die Ausgaben fürs Wohnen 2014 bereits durchschnittlich 21 Prozent des verfügbaren Einkommens. 12 Prozent der Haushalte gaben dem "Plan A" zufolge mehr als 30 Prozent dafür aus. Und Tatsache sei auch, dass bis 2020 die Zahl der Haushalte auf rund vier Millionen anwachsen werde - 2015 waren es 3,8 Millionen. Damit steige der Bedarf an Wohnungen, dem der Wohnungsmarkt allerdings nicht gerecht werden könne, so Kern.

Aktuell werden zwar etwa 50.000 neue Wohnungen pro Jahr fertiggestellt, was sich mit der wachsenden Zahl der Haushalte eigentlich ausgehen sollte. Das Problem ist nur, dass vermutlich kaum jemand bevorzugt in entlegenen Regionen wie dem Waldviertel leben möchte, wenn es die Arbeit in den Ballungszentren gibt. Laut Kern droht daher ein Mangel von 10.000 Wohnungen jährlich - und zwar leistbaren Wohnungen.

Eingriff in bestehende Verträge

In diesem Punkt stimmt auch der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) mit dem Kanzler überein. Allein bei den Schrauben, die gedreht werden müssen, ist er anderer Ansicht. Kerns "Plan A" sieht nämlich vor, dass die Grundsteuer sowie Verwaltungs- und Versicherungskosten nicht mehr auf die Mieter abgewälzt werden dürfen. ÖVI-Präsident Georg Flödl hielt dem am Dienstag entgegen: "Wenn Verwaltungskosten und Versicherungsprämien nicht mehr in die Betriebskosten überwälzt werden dürften, käme es zu einem höchst bedenklichen einseitigen Eingriff in hunderttausende bestehende Verträge." Und genau das lehne der ÖVI ab. "Eine solche Maßnahme würde nach einer Überschlagsrechnung für den Vermieter Wiener Wohnen eine Mehrbelastung von mehr als 100 Millionen Euro jährlich bedeuten und damit auch das Budget der Stadt Wien strapazieren", sagte er. Ein Teufelskreis - denn Anbieter könnten nur dann Wohnungen bauen, wenn auch das leistbarer werde. Laut ÖVI wären etwa steuerliche Anreize wie eine Sonder-Abschreibung für Wohnraumschaffung sinnvoller.

Die Unternehmung Wiener Wohnen, die die städtischen Wohnhausanlagen mit rund 220.000 Gemeindewohnungen verwaltet, saniert und bewirtschaftet, hält den Betrag einer Mehrbelastung von 100 Millionen Euro jährlich jedoch "von der Größenordnung her weit entfernt", heißt es auf Nachfrage. Wiener Wohnen sei zudem nicht Teil des Budgets der Stadt Wien.

Der Obmann der Gemeinnützigen Bauvereinigungen, Karl Wurm, ortet ein ganz anderes Problem: Er stößt sich an jenem Vorschlag im "Plan A", wonach "durch entsprechende Anpassungen" die Investitionen in gemeinnützige Wohnbauträger für institutionelle Anleger wie Versicherungen deutlich interessanter werden könnten. Derzeit könnten diese nur sehr eingeschränkt in gemeinnützige Wohnbauträger investieren. Wurm hält das zwar grundsätzlich für eine gute Idee, man dürfe dabei aber nicht das gemeinnützige Wohnrecht außer Acht lassen.

Zukunft der Gemeinnützigkeit

Konkret geht es Wurm um jenen "wichtigen Eckpfeiler" des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes der Vermögensbindung. Eigenkapital ist demnach auf Dauer für gemeinnützige Zwecke gebunden. Quasi als Gegenleistung gibt es dafür eine Körperschaftssteuerbefreiung. Wenn man allerdings den Eckpfeiler Vermögensbindung ins Wanken bringe, könnte auch die Körperschaftssteuerbefreiung fallen - und damit die Wohnungsgemeinnützigkeit, samt begünstigter Mieten. Wenn diese nicht kaputtgemacht werden soll, so Wurm, liege die Zukunft darin, dass die Gemeinnützigen servicieren, die Abwicklung der Gelder aber über private Töchter passiere.

Um leistbaren Wohnraum zu schaffen, müsse man grundsätzlich überlegen, "ob die wahnsinnig hohe Qualität im Billigsektor noch gerechtfertigt ist", so Wurm. Auch der ÖVI führt die um zwei bis drei Prozent pro Jahr steigenden Mieten bei den neuen Verträgen auf wachsende Qualität und Ansprüche zurück: Während vor 20 Jahren 24 Quadratmeter pro Kopf Usus waren, seien es heute 36 Quadratmeter, heißt es. Neue Parkettböden für Neumieter seien fast schon Voraussetzung.

Wurm schlägt daher vor, ein Teilsegment "ein kleines Stück zurückzusetzen". Und Häuser zum Beispiel ohne Lift oder Spezialdämmung - dafür aber mit Wohnungen zu günstigen Mieten zu bauen.