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Anstieg bei Asylentscheidungen

Von Michael Ortner

Politik

Die Obergrenze von 37.500 Anträgen wurde nicht erreicht. Rückkehrer sollen mehr Geld bekommen.


Wien. Wolfgang Taucher, Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), kann eine positive Bilanz für das Jahr 2016 ziehen. Die Zahl der Asylentscheidungen konnte um 57 Prozent auf 57.439 gesteigert werden. Davon wurde in 27.767 Fällen Asyl bzw. subsidiärer Schutz gewährt, in 20.213 Fällen entschied das BFA negativ. "Viele legen Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein", so Taucher. Ob sich alle diese Menschen noch in Österreich aufhalten, kann er nicht sagen. Zwischen 7000 und 8000 Personen seien im Verfahren untergetaucht, wie Taucher sagt.

Heuer hat sich das Bundesamt mit 70.000 Entscheidungen die Latte noch höher gesetzt. Syrer haben mit 89 Prozent positiv abgeschlossenen Verfahren die besten Chancen auf Asyl. Menschen aus Somalia kommen auf immerhin 57 Prozent. Derzeit dauert ein Asylverfahren laut Taucher rund neun Monate lang. Heuer seien acht Monate das Ziel, Mitte 2018 will man es auf drei Monate reduzieren. Dazu wurde auch das Personal um fast 400 Mitarbeiter vergrößert.

Die Zahl der Asylanträge ist im Vergleich zum Vorjahr um mehr als die Hälfte auf 42.073 gesunken. Die für die Obergrenze relevante Zahl - wie viele zum Verfahren zugelassen wurden - liegt aber bei 36.030 und damit unterhalb der Obergrenze von 37.500.

Fast 50 Prozent aller Asylanträge wurden von Menschen aus Afghanistan (11.742) und Syrien (8845) gestellt. Trotz des Rückgangs sei Österreich EU-weit aber am meisten belastet, so Taucher. Rund 60.000 Anträge seien noch offen.

Trend zur freiwilligen Rückkehr

Ein "europäischer Trend" seien die freiwilligen Rückkehrer. So verließen vergangenes Jahr 5797 Menschen freiwillig das Land, 4880 wurden abgeschoben. Zusammen wurden 10.677 Menschen außer Landes gebracht - ein Anstieg um 30 Prozent gegenüber den 8355 Ausreisen im Jahr 2015. Jeden fünften Tag verließ ein Flugzeug oder ein Bus mit Rückkehrern oder abgeschobenen Menschen Österreich. Insgesamt wurden 75 Charterrückführungen in zwölf Destinationen durchgeführt.

Das Augenmerk liegt aber dennoch darauf, noch mehr Menschen zur freiwilligen Ausreise zu bewegen. Deshalb soll laut Taucher die Rückkehrberatung "flächendeckend ausgeweitet" und mehr Geld investiert werden. Derzeit beraten Caritas und der Verein Menschenrechte Österreich Rückkehrer und unterstützen sie bei der Ausreise. Ausschließen, dass es für Rückkehrer mehr als die bisher maximal 370 Euro geben wird, will Taucher nicht. Um wie viel mehr, ist auch aus dem Innenministerium nicht zu erfahren. "Wir wollen die Rückkehrberatung sowohl finanziell als auch personell ausbauen", sagt Sprecher Andreas Großschartner. Mit Afghanistan, Nigeria und Marokko gibt es bereits ein Re-Integrationsprojekt, bei dem Rückkehrer mit bis zu 500 Euro unterstützt werden. 6,8 Millionen Euro wurden 2016 für alle Außerlandesbringungen insgesamt aufgewendet. Heuer sollen die Mittel auf 7,2 Millionen Euro aufgestockt werden.

Afghanistan steht 2017 im Fokus des Bundesamtes. Mitte des Jahres soll eine Fact-Finding-Mission ins Land reisen, um mehr Informationen zu sammeln und Kontakte zu schließen. 49 Prozent aller Anträge von Afghanen wurden 2016 negativ entschieden. Taucher will die Zahl der Rückkehrer in den Krisenstaat aber noch steigern. Der BFA-Direktor bewertete es positiv, dass Afghanistan straffällig gewordene Flüchtlinge zurücknimmt.

Apropos Rücknahme. Bei "Dublin"-Verfahren, in denen nicht Österreich, sondern ein anderer EU-Staat zuständig ist, gibt es noch Verbesserungspotenzial. Laut Taucher gab es über 21.000 Konsultationsverfahren - aber lediglich 2582 Überstellungen in andere EU-Länder. Nicht immer würde man die Zustimmung der Staaten bekommen, so Taucher. Menschen würden zum Teil auch untertauchen. Zu den fünf Top-Staaten, die konsultiert werden, gehören Ungarn, Italien, Kroatien, Deutschland und Bulgarien. Im Gegenzug hat Österreich vergangenes Jahr 550 Dublin-Fälle zurückgenommen. Ab März könnte Griechenland laut Taucher zurück ins "Dublin"-Regime kehren. Die Strukturen bei den griechischen Asylbehörden hätten sich stark verbessert.

Verlängerung von Grenzkontrollen

Während in Wien die Asylstatistik vorgestellt wurde, einigten sich in Berlin Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und sein deutscher Amtskollege Thomas de Maizière, die gemeinsamen Grenzkontrollen zu verlängern. Die deutsch-österreichische Grenze solle kontrolliert werden, "solange die EU-Außengrenze nicht ausreichend geschützt ist". Ursprünglich wären die Grenzkontrollen Mitte Februar ausgelaufen.

Deutschland begründet die Verlängerung vor allem damit, dass das Land heuer den Vorsitz der G20 führt. Am 7. und 8. Juli findet in Hamburg der G20-Gipfel statt. Für Sobotka sind die Grenzkontrollen vor allem deshalb nötig, weil sich Flüchtlinge in Zügen verstecken könnten. "Österreich kontrolliert zwar nicht schlecht, aber es gibt immer noch Leute, die unregistriert durch Österreich reisen können." Als Beispiel nennt er Bahnfahrten über Innsbruck oder Franzensfeste.

Ohnehin könnte sich mit der jüngsten Asyl-Novelle, die derzeit in Begutachtung ist, die Gesetzeslage für Asylwerber noch verschärfen. Wer das Land widerrechtlich nicht verlässt, soll bis zu 15.000 Euro Strafe zahlen. Harsche Kritik gab es dafür von NGOs wie Amnesty International oder dem Roten Kreuz. Die Strafen seien "vollkommen willkürlich und unverhältnismäßig hoch".