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Grün-blauer Facebook-Krieg

Von Werner Reisinger

Politik
Karl Öllinger und sein Anwalt gehen von einer Aufhebung des Urteils in zweiter Instanz aus. Der Ausgang vergleichbarer Verfahren gegen die FPÖ wird mit Spannung erwartet.
© Moritz Ziegler/WZ

Der Grünen-Abgeordnete Karl Öllinger wurde wegen fremder Facebook-Postings verurteilt.


Wien. Seit einigen Monaten gehen die Grünen juristisch gegen Hasspostings und Verleumdungen auf Facebook vor – diese finden sich regelmäßig und gehäuft auf den Facebook-Seiten von FPÖ-Politikern wie auf jener von Parteichef Heinz-Christian Strache (die "Wiener Zeitung" berichtete). Die Frage, wer für derartige Einträge rechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann, ist schwierig: einerseits die Poster selbst, gesetzt den Fall, dass sie als Personen auffindbar sind und nicht unter falschem Namen posten. Anderseits haftet, unter gewissen Bedingungen, auch der Medieninhaber, also der Betreiber der jeweiligen Facebook-Seite. Als solcher wurde nun jedoch in einem einschlägigen Fall der Grünen-Nationalratsabgeordnete Karl Öllinger erstinstanzlich zu einer Geldstrafe von 500 Euro verurteilt – obwohl es nicht Öllinger selbst war, der die inkriminierenden Einträge verfasst hat. Aber der Reihe nach.

Als gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus engagierter Politiker befasste sich Öllinger in der Vergangenheit mit den islamophoben Postings des Wiener Arztes Dieter Zakel. Als im März vergangenen Jahres bekannt wurde, dass Öllinger an Krebs erkrankt war, reagierte Zakel auf Facebook mit einem "fantastisch"-Smiley. Das brachte dem Mediziner eine Disziplinaranzeige durch die Ärztekammer ein, die gleichzeitig bei der Staatsanwaltschaft Linz Anzeige wegen Verhetzung erstattete.

Öllinger begrüßte auf seiner Facebook-Seite seinerseits die Reaktion der Ärztekammer. Daraufhin entwickelte sich auf Öllingers Seite eine Diskussion, in der andere Poster den Arzt als "Monster", als "Person mit einer sehr kranken Persönlichkeitsstruktur" bezeichneten und mutmaßten, Zakel sei womöglich drogenabhängig. Mutmaßlich hält oder hielt sich Zakel in Papua-Neuguinea auf, auf die Frage, was er dort wohl mache, schrieb ein weiterer Poster auf Öllingers Seite: "Das selbe wie Mengele. Untertauchen." Daraufhin klagte Zakel – allerdings nicht die Verfasser der Postings, sondern Öllinger als Medieninhaber. Zakel bekam recht, obwohl Öllinger zwei der drei Postings umgehend, also nur neun Stunden nach der Klagsdrohung durch Zakels Rechtsvertretung, gelöscht hatte. Beim dritten Posting holte sich Öllinger rechtliche Beratung – und löschte es erst drei Tage nach dem Schreiben von Zakels Anwalt. Für den Richter eindeutig zu spät.

Vergleichbare FPÖ-Fälle

Um seiner Sorgfaltspflicht als Medieninhaber der Seite nachzukommen, hätte Öllinger das Posting noch am selben Tag löschen müssen, heißt es in der Urteilsbegründung. Öllinger wird volle Berufung einlegen, Rechtsanwältin Maria Windhager, deren Mitarbeiter Alexander Nessler den Grünen-Politiker vertreten hat, ist optimistisch, dass das Urteil nicht halten wird. "Für medienrechtliche Fälle wie den vorliegenden gibt es bereits ein Urteil des Obersten Gerichtshofs", sagt Windhager. Demzufolge sei eine gewisse Reaktionszeit der Seiteninhaber beim Löschen von Postings durchaus angemessen. Drei Tage seien jedenfalls im Rahmen, so die Rechtsanwältin: "Der Richter hat die Sorgfaltspflicht klar überspannt." In Kürze wird sich also das Oberlandesgericht mit dem Fall beschäftigen müssen.

Dessen Urteil wird mit Spannung erwartet werden: Schließlich sind umgekehrt, was Hasspostings auf FPÖ-Seiten betrifft, immer wieder Verfahren anhängig. Vergleichbar ist laut Anwältin Windhager der Fall von Horst R., der auf der Facebook-Seite von Strache den Grünen Harald Walser als "gehirnamputierten Psychopathen" beschimpfte. Die Grünen zeigten R. nach dem Strafrecht wegen Beschimpfung und Beleidigung an. In erster Instanz wurde R. schuldig gesprochen und zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt, R. legte Berufung ein. Die Grünen klagten auch die FPÖ als Medieninhaber von Straches Facebook-Seite – nach Paragraf 6 Mediengesetz, das auch im Fall Öllinger zur Anwendung kommt. Aber: "Als Rechtsvertretung von Harald Walser haben wir die FPÖ aufgefordert, das betreffende Posting zu entfernen. Erst nachdem dies innerhalb einer Woche nicht geschah, haben wir den Rechtsweg beschritten", so Windhager. Ein Urteil steht noch aus.

Für Öllinger gibt es dennoch gravierende Unterschiede zwischen seinem Fall und den FPÖ-Klagen. Ausgegangen sei der Streit nicht von ihm, sondern von Zakel. "Ich selber habe auf seine Beleidigungen gegen mich nie reagiert", sagt Öllinger. Im Gegenteil, er habe sogar moderierend in die Debatte eingegriffen, so im Falle des Mengele-Kommentars. "Strache greift auf seiner Seite nie moderierend ein." Sein Versuch, persönlich zu kalmieren, gereiche ihm nun zum Nachteil. Und: Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft seien wegen Unauffindbarkeit der Person eingestellt worden. "Dennoch kann Zakel mich klagen", zeigt sich der Grüne verwundert.

Die FPÖ wollte die Causa am Freitag gegenüber der "Wiener Zeitung" nicht kommentieren. "Ich habe dazu weder eine Meinung noch eine Einschätzung", sagt Alexander Höferl, der für die Auftritte der FPÖ in den sozialen Medien zuständig ist.