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Skepsis bei neuem Integrationsgesetz

Von Marina Delcheva

Politik

Bis 8. März ist das neue Integrationsgesetz in Begutachtung. Experten fordern mehr Anreize und weniger Druckmittel.


Wien. Bis zum 8. März sind das neue Integrationsgesetz und die Gesetzesänderungen für das verpflichtende Integrationsjahr noch in Begutachtung. Beide Gesetze beinhalten mehr Deutschkurse, Wertekurse, Weiterbildungsmaßnahmen und die Möglichkeit, gemeinnützige Arbeit zu verrichten.

Sie beinhalten aber auch eine Reihe von Sanktionen, die es in dieser Form bisher nicht gab. Anerkannte Asylwerber, subsidiär Schutzberechtigte und Flüchtlinge mit einer hohen Anerkennungswahrscheinlichkeit müssen zum Beispiel eine Integrationsvereinbarung unterschreiben. Wer sich weigert, an Integrationsmaßnahmen teilzunehmen, muss mit Geldstrafen oder einer Kürzung der Mindestsicherung rechnen. Vor allem Letzteres kritisieren manche Experten und fordern eine Änderung des Entwurfs. Zur Erinnerung: Anfang des Monats hat sich die Bundesregierung auf ein neues Integrationsgesetz und ein Integrationsjahr geeinigt. Diese sollen jeweils am 1. Juli und am 1. September in Kraft treten.

Zuckerbrot und Peitsche

Das neue Integrationsgesetz, das vom Integrationsministerium in Begutachtung geschickt wurde, richtet sich nicht nur an anerkannte Asylwerber und subsidiär Schutzberechtigte, sondern auch an Drittstaatsangehörige, also an Nicht-EU-Bürger. Für Letztere gelten künftig strengere Kontrollen bei der Absolvierung der Integrationsvereinbarungen und höhere Standards, was etwa die Deutschkurse anbelangt.

Das neue Gesetz soll nun erstmals einen Integrationsbegriff im juristischen Sinn definieren. Asylberechtigte müssen außerdem eine Integrationsvereinbarung unterschreiben. Künftig werden Flüchtlinge also verpflichtet, Deutsch- und Wertekurse zu besuchen, innerhalb von zwei Jahren zumindest das Sprachniveau A2 zu erreichen und Arbeit aufzunehmen. Anderseits gibt es auch einen Rechtsanspruch auf einen Deutschkurs. Hier wird nun dementsprechend aufgestockt.

Wer sich nicht an die Vereinbarung hält, muss mit Geldstrafen oder einer Kürzung der Mindestsicherung oder des Arbeitslosengeldes rechnen. Im Gesetzesentwurf vorgesehen sind außerdem ein Vollverschleierungsverbot und das Verbot der Verbreitung von zum Beispiel salafistischem, staatsfeindlichem Gedankengut.

Und noch eine Maßnahme, diesmal aus dem Ressort von Staatssekretärin Muna Duzdar, soll die Eingliederung in den Arbeitsmarkt erleichtern. Im Rahmen eines verpflichtenden Integrationsjahres werden anerkannte Flüchtlinge und Asylwerber, die mit hoher Wahrscheinlichkeit bleiben dürfen, verpflichtet, an Sprachkursen, Weitererbildungsmaßnahmen des AMS und an gemeinnütziger Arbeit teilzunehmen.

Rund 4900 Stellen in Zivildiensteinrichtungen sind für die sogenannten Arbeitstrainings vorgesehen. "Das Integrationsjahr ist für 15.000 Personen angedacht", wie es aus dem Staatssekretariat heißt. Es gibt auch eine Mitwirkungspflicht und Sanktionen, falls Kurse oder Arbeit verweigert werden.

Anreize statt Strafen

Auf Initiative der NGO SOS-Mitmensch fordern nun 36 Experten aus der Wissenschaft, Forschung und Bürgergesellschaft die Regierung in einem Zehn-Punkte-Plan auf, die Gesetzesentwürfe zu ändern. Sie kritisieren, dass die Regierung zu viel auf Sanktionen und zu wenig auf Anreize setze. Der Soziologe Christoph Reinprecht forderte am Dienstag vor Journalisten, die Mindestsicherung nicht als Druckmittel einzusetzen und mehr leistbaren Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge zu schaffen.

Willi Resetarits vom "Integrationshaus" forderte einen leichteren Arbeitsmarktzugang und eine ordentliche Entlohnung der gemeinnützigen Arbeit. Die Bildungsexpertin Heidi Schrodt kritisierte etwa, dass in beiden Entwürfen das Thema Schule und Integration gänzlich fehle. Immerhin, das bessere Angebot bei den Deutschkursen, das Integrationsjahr und die Koordinationsstelle für Integrationsforschung begrüßten die Experten.