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Balztanz um den U-Ausschuss

Von Katharina Schmidt

Politik

Eurofighter: Die Grünen wollen einen Minderheitsbeschluss und umwerben die Freiheitlichen.


Wien. "Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit." Stets, wenn
ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss in Sichtweite gerät, wird man unweigerlich an diesen Filmtitel aus den späten 1990ern erinnert - eine flache Komödie, aber immerhin mit Christoph Waltz in einer der Hauptrollen. Denn immer geht es darum, dass eine Oppositionspartei eine parlamentarische Untersuchung herbeiführen will und mit mehr oder minder kuriosen Methoden um die Zustimmung der anderen balzt.

Seitdem die Einsetzung des parlamentarischen U-Ausschusses 2015 ein Minderheitenrecht geworden ist, ist es einerseits für die Oppositionsparteien einfacher geworden, gemeinsam einen einzusetzen. Mittlerweile reicht es, wenn das Verlangen von 46 Mandataren unterstützt wird. Andererseits eröffnet das Minderheitenrecht Raum für ganz neue strategische Überlegungen. So hat der Grüne Peter Pilz am Donnerstag die FPÖ dazu eingeladen, die Grünen bei der Einsetzung eines zweiten Eurofighter-U-Ausschusses zu unterstützen. Und zwar, indem er den an sich geheimen Vergleich zwischen der Republik Österreich (vertreten durch den damaligen Verteidigungsminister Norbert Darabos) und der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH in ein an FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache adressiertes Kuvert steckte.

Hatte die FPÖ zunächst noch Unterstützung für einen U-Ausschuss signalisiert, hieß es diese Woche, man brauche mehr Informationen - unter anderem verlangte Strache Einblick in die Strafanzeige von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil und in den Vergleich, den dessen Vorvorgänger unterschrieben hatte. Diesem Wunsch ist die Regierung am Donnerstag nachgekommen: Kanzler Christian Kern kündigte an, am Dienstag den Nationalen Sicherheitsrat einzuberufen. Bei der Sitzung soll Doskozil die Anzeige gegen Airbus und den Vergleich aus 2007 vorlegen. Doch Pilz kam dem zuvor und machte zumindest einmal den Vergleich öffentlich.

Minderheitsausschuss kann nicht "abgedreht" werden

Dass der Grüne unbedingt die FPÖ ins Boot holen will, hat mehrere Gründe. Die Grünen haben mit 24 Sitzen im Nationalrat kaum eine andere Wahl. Die notwendigen 46 Stimmen könnten sie selbst mit Neos und Team Stronach nicht erreichen. Der einzige andere Partner wäre die SPÖ, die - anders als ÖVP - bereits ihre grundsätzliche Zustimmung zu einem U-Ausschuss signalisiert hat. Doch ein Alleingang der Sozialdemokraten würde wohl Neuwahlen nach sich ziehen.

Schließlich will Pilz auch deswegen einen Minderheitsbeschluss erreichen, weil ein U-Ausschuss, der von einer Minderheit eingesetzt wurde, nach der Neuregelung auch nicht mehr von der Mehrheit "abgedreht" werden kann. Diese Variante dauert automatisch 14 Monate, kann aber zwei Mal um je drei Monate verlängert werden - einmal von der Minderheit, einmal mit Zustimmung der Mehrheit, wie der Parlamentarismus-Experte Werner Zögernitz erklärt.

Doch die FPÖ ziert sich: Strache sprach von einer "Peter-Pilz-Publicity-Ego-Show" und meinte, noch sehe er kein Futter für einen U-Ausschuss. Strache schloss aber nicht aus, dass er seine Meinung durch neue Erkenntnisse im Sicherheitsrat ändern könnte.

"Teures Klumpert ohne Rücktrittsrecht"

Pilz jedenfalls glaubt fest an die Sinnhaftigkeit eines U-Ausschusses. Er sieht vor allem zwei Knackpunkte: Einerseits hat die Republik im Vergleich mit Eurofighter im Gegenzug zur Reduktion der Stückzahl auf alle im ursprünglichen Vertrag eingeräumten weitergehenden Rücktrittsrechte verzichtet. "Darabos hat also nicht nur ein teures Klumpert gekauft, sondern auch das jederzeitige Rücktrittsrecht ohne Not einfach aufgegeben", wetterte er. Andererseits findet sich in einer Nebenpunktation zum Vergleich auch der Satz: "Es wird davon ausgegangen, dass der EF-Untersuchungsausschuss seine Arbeit Ende Juni 2007 beendet. Die Wirksamkeit dieser Vereinbarungen ist davon unabhängig."

Für den Pilz ist dieser Satz ein Zeichen dafür, dass es nicht korrekt gelaufen sein kann: "Wie kommt ein Verteidigungsminister dazu, mit Eurofighter in Vergleichsverhandlungen die Beendigung des Untersuchungsausschusses hineinzuschreiben?", fragte er. Und gab die Antwort gleich selbst: Rund um das Datum des Vergleichsabschlusses im Juni 2007 habe die SPÖ im U-Ausschuss einen "Befehl" der damaligen Parteispitze rund um Alfred Gusenbauer erhalten, den U-Ausschuss abzudrehen. "Darabos war ein schwacher Verteidigungsminister, aber mit Sicherheit nicht persönlich korrupt", so Pilz. Er habe vielmehr alles getan, "was die Parteispitze gesagt hat". Gusenbauer wies diese "sinistren Anschuldigungen" zurück. Er habe mit dem U-Ausschuss "gar nix" zu tun, sagte der Ex-Kanzler der APA. Darabos habe der Republik "mehrere hundert Millionen erspart" - "natürlich ist das korrekt abgelaufen".

Pilz will das unter Wahrheitspflicht hören: Unter anderen sollen die beiden Ex-Regierungsmitglieder im U-Ausschuss aussagen, der schon im Mai mit den Befragungen starten könne. Dass sich wegen der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen viele Auskunftspersonen entschlagen könnten, glaubt Pilz nicht. Die meisten Delikte seien verjährt - nur, was den Vergleich betrifft, laufe die Verjährungsfrist noch bis zum Sommer. Ob die Balz erfolgreich war, wird die kommende Woche zeigen.

Die Staatsanwaltschaft Wien hat jedenfalls ein Ermittlungsverfahren gegen Airbus Defence and Space GmbH und Eurofighter Jagdflugzeug GmbH wegen Betrugsverdachts eingeleitet. Beide Unternehmen werden als Beschuldigte geführt, wie das Verteidigungsressort Donnerstagabend mitteilte.