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Der Aufstand ist abgeblasen

Von Brigitte Pechar

Politik

Leitls Wirtschaftskammer-Reform nach Gesprächen wieder auf Kurs - Nachfolgefrage offen.


Wien. Der Aufstand der vier Landeswirtschaftskammern und ihrer Präsidenten Walter Ruck (Wien), Sonja Zwazl (Niederösterreich), Konrad Steidl (Salzburg) und Peter Nemeth (Burgenland) gegen die geplante Kammerreform von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl scheint wieder abgesagt. "Es hat ein sehr konstruktives Gespräch gegeben. Wir sind zuversichtlich, dass die darin vereinbarten Punkte einen Niederschlag finden", sagte Florian Gross, der Sprecher von Walter Ruck, dem Chef der Wiener Wirtschaftskammer, am Montag zur "Wiener Zeitung".

Es sei bei dem Brief, den die vier in der Vorwoche an Leitl gerichtet hatten, nicht um eine Profilierung für dessen Nachfolge gegangen, betonte Gross. Die Funktionsperiode des Oberösterreichers Christoph Leitl dauert bis 2020. Es gebe kein Interesse der Beteiligten, schon jetzt in einen Infight über die Nachfolge zu reten. "Wann Christoph Leitl gehen will, liegt ganz alleine bei ihm", betonte Gross.

Grünes Licht für Reform

Zur Vorgeschichte: Am 10. März hatte Leitl der Öffentlichkeit eine Kammerreform zur Entlastung und besseren Unterstützung ihrer Mitglieder präsentiert, die bereits am 6. April vom Wirtschaftsparlament beschlossen werden soll. Die Kammerumlagen sollen ab Jänner 2019 um 15 Prozent oder 100 Millionen Euro gesenkt werden. Für Serviceleistungen sollen gleichzeitig 34 Millionen Euro mehr ausgegeben werden. Insgesamt müssen die neun Länderkammern daher 134 Millionen Euro einsparen.

Darüber habe es im Vorfeld Zustimmung gegeben, heißt es aus der Bundeswirtschaftskammer. Die Kritiker der Reform behaupten allerdings, dass es "eine vollinhaltliche Zustimmung nicht gegeben" habe. Jetzt sei man aber zuversichtlich, dass man der Reform am 6. April zustimmen könne. Es geht darum, dass im Zuge der Gewerbeordnungsreform Doppelmitgliedschaften - und damit auch doppelte Mitgliedsbeiträge - wegfallen. Da aber die Gewerbeordnungsreform noch nicht im Ministerrat beschlossen worden sei, könne man auch noch keine genauen Zahlen beschließen. "Man wird sich zu einem Einsparungspotenzial bekennen. Ob es 134 Millionen sein werden, wissen wir noch nicht", hieß es von Kritikern.

Andere in der Wirtschaftskammer deuten den Brief der vier als "unschöne Aktion" und sehr wohl als Positionierung für die Leitl-Nachfolge. "Es geht nicht nur um die Reform, man will sich für die nächsten Jahre in Stellung bringen." Dass Leitl, der am morgigen Mittwoch 68 wird und seit dem Jahr 2000 an der Spitze der WKO steht, mit der Kammerreform seinen Abgang vorbereite, sei völlig klar. Er sei mit einer Reform angetreten und werde sich mit einer Kammerreform verabschieden. Wenn die Kammerreform am 6. April beschlossen werde, könnte man diese noch heuer detailliert vorbereiten und im nächsten Jahr auf Schiene bringen, sodass diese ab 2019 wirke. Ab dann, so heißt es, sei ein Abgang Leitls denkbar.

Toller Job, große Nachfrage

Über die Begleitumstände wird von interessierter Seite bereits seit Jahren spekuliert. Demnach hätte der WKO-Chef, der in Personalunion auch Obmann des mächtigen ÖVP-Arbeitgeberflügels ist, bereits 2016 zurücktreten sollen. Dann hätte es heuer so weit sein sollen. Jetzt ist eben von 2018, eventuell 2019 die Rede. Die Zeit für einen etwaigen Nachfolger, sich für die Wirtschaftskammerwahlen 2020 zu rüsten, wird damit immer knapper.

An potenziellen Nachfolgern herrscht kein Mangel - was nicht verwundert, immerhin kann man vom Präsidentensessel der Wirtschaftskammer aus ganz wunderbar kleine wie große Politik machen. Ambitionen werden neben Walter Ruck auch dem umtriebigen und Start-up-affinen Staatssekretär Harald Mahrer sowie den beiden Steirern Josef Herk, dem steirischen Kammerchef, sowie Jürgen Roth, der einer der Leitl-Stellvertreter in der Bundeskammer ist, nachgesagt. Auch Ulrike Rabmer-Koller, die Chefin des Hauptverbands, wird genannt. Als Oberösterreicherin gilt sie aber eher als chancenlos, zu viele Landsleute besetzen derzeit Top-Positionen in der Volkspartei.