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Neuer Anlauf für die Entpolitisierung der Direktorenbestellung

Von Brigitte Pechar

Politik
© fotolia/XtravaganT

Das Schulautonomiepaket regelt auch die Bestellung der Direktoren. Die Grünen stellen noch Bedingungen.


Wien. "Eine rote Schule wird mit einem roten Direktor besetzt, eine schwarze mit einem schwarzen, aber natürlich gibt es auch Ausnahmen." So lautete die Antwort einer Direktorin, die derzeit in Bestellungen von Direktoren in Pflichtschulen eingebunden ist, auf die Frage einer interessierten Lehrerin, ob sie - obwohl in keiner Partei verankert - eine realistische Chance auf einen solchen Leitungsposten habe.

Mit der Selektion der Bewerber nach parteipolitischer Provenienz soll nach den Plänen von Unterrichtsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) demnächst Schluss sein. Diesmal aber endgültig, weil versprochen und angekündigt hat das die Politik ja schon öfters. Im Schul-Autonomiepaket, das auch den Zusammenschluss von bis zu acht Schulen zu einem Cluster vorsieht, wird erstmals eine klare Vorgehensweise für die Bestellung von Schul- und Clusterleitern gesetzlich verankert.

Ausschreibungsgesetz

Basis sei das Ausschreibungsgesetz des Bundes, nach dem seit 22 Jahren leitende Funktionen vergeben werden, erklärte Andreas Thaller, Sektionschef im Bildungsministerium, der "Wiener Zeitung". Dieses Auswahlverfahren habe sich bewährt, es gebe im Jahr bei 120.000 Beamten auf Bundesebene etwa eine Klage gegen eine Entscheidung, in den Ländern jährlich 10 bis 15 Fälle, in denen gestritten werde - bei weniger Beschäftigten. Das falle, so der Sektionschef, in Zukunft weg. Denn bisher hatten die Bewerber Parteienstellung und konnten durch Klagen das Bestellungsverfahren jahrelang verzögern. Klagen auf Einstellung, wenn jemand in einem Aufnahmeverfahren nicht genommen worden sei, kenne aber das österreichische Arbeitsrecht nicht. Man habe das daher auch jetzt bei der Direktorenbestellung geändert. Klagen könne man nur noch auf Schadenersatz, wenn man sich aufgrund seines Geschlechts oder der Religion und dergleichen diskriminiert fühle, sagte Thaller.

Die Ausschreibung von Leitungsfunktionen übernehmen die neuen Bildungsdirektionen. Bewerber für einen Direktorenposten müssen künftig ein standardisiertes Auswahlverfahren durchlaufen. Gesetzliche Anforderungen sind: die fachliche und pädagogische Eignung sowie eine mindestens fünfjährige Berufserfahrung als Lehrperson an der Schule; erfolgreiche Absolvierung des ersten Teils des Hochschullehrgangs Neu für Führungskräfte beziehungsweise einschlägige Führungs- und Managementkompetenzen; Beschreibung der Entwicklungsvorstellungen für die Funktion an der Schule.

Begutachtungskommission

Eine Begutachtungskommission mit acht Mitgliedern entscheidet in Anlehnung an das Ausschreibungsgesetz. Vier davon sind stimmberechtigt, vier haben beratende Funktion. Stimmberechtigt sind zwei Dienstgebervertreter (Bildungsdirektor und ein Vertreter der Schulaufsicht) und zwei Dienstnehmervertreter (ein Mitglied der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und ein Mitglied des Zentralausschusses, also der Personalvertretung). Beratende Stimme haben ein externer Berater, der auch das Assessment und eine Potenzialanalyse durchführt, ein Elternvertreter und die Gleichbehandlungsbeauftragte.

Das Gutachten der Kommission mit einer Reihung der Kandidaten geht dann entweder an die Landesregierung oder das Bildungsministerium - je nachdem, ob es sich um eine Bundes- oder eine Landesschule handelt. In dieses Gutachten fließt auch die Meinung der nicht stimmberechtigten Mitglieder ein. Dieser Vorschlag sei zwar nicht bindend, doch in den meisten Fällen halte man sich daran, erläutert Thaller.

Durch die Auswahl der Direktoren nach klaren Regeln und nach einem Hearing mit Bewertung erwartet der Sektionschef einen Qualitätssprung. Bisher hätten die Länder im Pflichtschulbereich völlig unterschiedliche Assessments durchgeführt, und die Kommissionen hätten eben die politischen Verhältnisse der Landesregierungen widergespiegelt. Nun komme man zu einem System, wo geschaut werde, dass die Besten an die Spitze kommen: "Autonomie braucht eine fähige Führung vor Ort, die Entscheidungen trifft und dafür geradesteht."

Grüne fürchten Politisierung

Auch Bildungsministerin Hammerschmid erwartet eine Verbesserung. "Die Auflösung der Kollegien und die erstmalige gesetzliche Verankerung von Qualitätsanforderungen für Führungspositionen bedeutet eine klare Entpolitisierung der Schulleiterbestellung und der Verwaltung. So werden wir in Zukunft genau die Personen in diese Positionen kommen, die wirklich am besten dafür geeignet sind."

Genau das glaubt aber der Bildungssprecher der Grünen, Harald Walser, nicht. Im Gegenteil: Er befürchtet, dass die Situation noch verschärft wird. Indem die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, in der die schwarze Fraktion christlicher Gewerkschafter die Mehrheit hält, und auch der - auf Bundesebene ebenfalls ÖVP-dominierte - Zentralausschuss, zwei Mitglieder in der Begutachtungskommission stellen, erhält die ÖVP für den grünen Politiker einen unverhältnismäßig hohen Einfluss. Es könne, so Walser, sogar sein, dass alle vier stimmberechtigten Mitglieder von der ÖVP gestellt würden, denn in sechs von neun Bundesländern seien Bildungsdirektor und Landesschulinspektor schwarz.

Dem widerspricht Sektionschef Thaller. Er verweist darauf, dass der Bildungsdirektor ein Dirimierungsrecht hat, was bedeutet, dass bei Stimmengleichheit dessen Stimme den Ausschlag gibt.

Walser beharrt trotzdem auf Änderungen, ehe die Grünen dem Gesetz zustimmen. Die Regierung braucht die Zustimmung der Grünen, da in dem großen Schulautonomie-Paket auch bestimmte Änderungen enthalten sind, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat benötigen. Denn zwar haben sich Bund und Länder nicht auf eine Vereinheitlichung von Bundes- und Landeslehrern einigen können, aber immerhin haben alle Länder zugestimmt, dass die Abrechnung auch der Landeslehrer künftig über das Bundesrechenzentrum erfolgt und auch die Lehrfächerverteilung klar aufscheint. Das ist für den Bund ein enormer Fortschritt, denn damit bekommt er erstmals eine Übersicht darüber, wo die Landeslehrer überhaupt eingesetzt sind und was sie unterrichten.

Die Grünen fordern, dass bei der Direktorenbestellung ein Hearing verpflichtend ist und Eltern- und Schülervertreter ebenfalls stimmberechtigt in der Kommission vertreten sind. Nachdem ein Hearing ohnehin vorgesehen ist, ist also die Vertretung von Eltern und Schülern ein offener Punkt. Um die grünen Sorgen vor einer Dominanz der ÖVP abzuschwächen, könnte es zudem darauf hinauslaufen, dass nicht der Zentralausschuss, sondern der Dienststellenausschuss, also die lokale Personalvertretung, einen Vertreter in die Kommission entsendet.

Modellregionen

Aber Walser hat noch weitere Bedingungen für eine Zustimmung: Es müssten "wirkliche Modellregionen" für die gemeinsame Schule gebildet werden: "Warum nicht ganz Vorarlberg, das sich ja in einem Landtagsbeschluss bereits für die gemeinsame Schule bis 14 ausgesprochen hat?", fragt der Vorarlberger Walser. Und ganztägige Schulformen müssten auch an fünf Tagen möglich sein. Jetzt ist vorgesehen, dass zwei Nachmittage unterrichtsfrei sein müssen, wobei einer davon der Freitag ist.

Noch bis 30. April läuft die Begutachtung für das Autonomiepaket, ehe die Verhandlungen auf parlamentarischer Ebene dann im Mai konkret werden.

Walser glaubt aber, dass "die Parteipolitik bei der Direktorenbestellung sehr wahrscheinlich bald ohnehin eine geringere Rolle spielen wird, weil sich viele das gar nicht mehr antun". Sprich, es gibt zu wenige fähige Personen, die überhaupt noch Direktor werden wollen. Alleine in Vorarlberg gebe es für die Hälfte der ausgeschriebenen Stellen für Pflichtschulen keine Bewerbungen.

Nicht nur deswegen, aber auch deswegen, sollen Schulen in Cluster zusammengeführt werden, sagt Thaller.