St. Pölten. Nach 13.537 Tagen - 37 Jahren in der Landesregierung, davon 24,5 Jahre als Landeshauptmann - erreichte Erwin Pröll (ÖVP) am Mittwoch die "Endstation der Dienstreise". Er verlasse den Führerstand "nicht mit Wehmut, sondern mit unglaublicher Dankbarkeit, Freude und großer Demut", sagte der scheidende Landeshauptmann bei seiner Abschiedsrede im niederösterreichischen Landtag in St. Pölten. Es sei für ihn der Zeitpunkt gekommen - Pröll war im Dezember 70 -, sich von der Kommandobrücke zu verabschieden und auszusteigen. Er mache das aber mit einem guten Gefühl, da er wisse, dass Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) seinen Platz einnehmen werde.

Johanna Mikl-Leitner erhielt bei ihrer Wahl zur ersten Landeshauptfrau von Niederösterreich einen respektablen Vertrauensvorschuss: 52 von 56 Stimmen - die FPÖ (vier Abgeordnete) hatte bereits im Vorfeld angekündigt, sie nicht wählen zu wollen. Stephan Pernkopf (ÖVP) wurde als Landeshauptmann-Stellvertreter, Ludwig Schleritzko (ÖVP) als Landesrat gewählt.

Pröll ließ in seiner Rede die Zeit seit Oktober 1992, seiner Wahl zum Landeshauptmann, die noch in Wien stattgefunden hat, Revue passieren. Niederösterreich habe vor drei Jahrzehnten "ein angekratztes Image, ein mangelndes Selbstbewusstsein, eine fehlende Landesidentität" - im Schatten der Bundeshauptstadt- gehabt. "Ja, lieber Bürgermeister", sagte er zum Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), der als Gast auf der Besuchergalerie ob des angesprochenen fehlenden Selbstbewusstseins der Niederösterreicher ein leichtes Kopfschütteln erkennen ließ. Heute sei das Land selbstbewusst, konkurrenzfähig und international anerkannt. Niederösterreich habe sich als "Land der Aktiven und Kreativen" positioniert, vor 25 Jahren habe es 480.000 Arbeitsplätze gegeben, heute seien es 600.000.

Vier Schwerpunkte prägten Prölls Abschiedsrede: das Friedensprojekt Europa ("Mir ist es gegönnt, sieben Jahrzehnte in diesem Europa ohne Krieg leben zu dürfen"), die Notwendigkeit einer guten Zusammenarbeit auf allen Ebenen, die Ansiedlung von Wissenschaft im Land und die Förderung von Kunst und Kultur, die ihm - nicht immer ganz von der Bevölkerung mitgetragen - ein Herzensanliegen sei. Die Kunst sei Wächterin der Fantasie und des Denkens, sie beflügle den Dialog. Kunst sorge für Meinungsvielfalt und provoziere Meinungsunterschiede, rege Debatten an. Niederösterreich sei das Land mit der höchsten Museumsdichte weltweit. Die Erhaltung dieser Weltoffenheit sei ihm wichtig. "Wir dürfen den Rollbalken nicht herunterlassen", beschwor Pröll.