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Knappes Rennen

Von Ina Weber

Politik

Thomas Szekeres als Präsident der Wiener Ärztekammer wiedergewählt - Johannes Steinhart bleibt Vize-Präsident.


Wien. Selbes Szenario wie schon im Jahr 2012: Johannes Steinhart bekam bei der Ärztekammer-Wahl in Wien mit seiner Liste zwar die meisten Stimmen, Präsident wurde aber dann doch der Vertreter der Liste auf Platz Zwei: Thomas Szekeres.

Die ÖVP-nahe Vereinigung österreichischer Ärztinnen und Ärzte - Liste Steinhart erreichte bei der Wahl am 25. März dieses Jahres 26 Mandate. Auf Platz Zwei gelangte das "Team Thomas Szekeres" mit 17 Mandaten. Szekeres hatte zuvor noch kundgetan, nicht mehr SPÖ-Mitglied zu sein und "alle Ärzte" vertreten zu wollen. Weitere zehn Listen schafften es in die Standesvertretung, darunter die Wahlgemeinschaft - Ärzte für Ärzte - Wiener Mittelbau, die Grüne Ärztinnen und Ärzte oder die Turnusärzte für Turnusärzte - Assistenteninitiative.

Mit 49 von 90 Stimmen in der Funktion bestätigt

Bei der Wahl des Präsidenten der Wiener Ärztekammer am Dienstag, konnte Szekeres erneut seinen Gegner Steinhart abhängen. Der Oberarzt am Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik an der Medizinischen Uni Wien wurde von der Vollversammlung bei abgegebenen 90 Stimmen mit 49 Stimmen in der Funktion bestätigt. Allerdings gingen Szekeres und sein Vize Steinhart in den vergangenen Jahren durchaus gemeinsam gegen ihre Feinde vor. "Ich hoffe, dass das so bleibt", sagt Szekeres darüber zur "Wiener Zeitung".

Sowohl Szekeres als auch Steinhart sind inhaltlich ähnlich positioniert. Beide fordern etwa Änderungen an der Gesetzesvorlage für Erstversorgungszentren (PHC). Und sie scheuen sich nicht, zu Demonstrationen, Krisengipfeln oder Streiks aufzurufen. Erst im September 2016 hat Szekeres erstmals zu einem Warnstreik samt Kundgebung am Stephansplatz aufgerufen, wobei es in erster Linie um den Entfall von Nachtdiensten ging. Damit machte sich der ehemals rote Ärztevertreter endgültig zum Feindbild im Rathaus.

Auch Steinhart hatte vor allem in den vergangenen Wochen und Monaten heftig gegen die Politik gewettert. Diese würde den Beruf des freien Arztes infrage stellen und zum Facharbeiter degradieren. Für Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer ist der Arzt und Obmann der Kurie der niedergelassenen Ärzte jedoch zu vehement vorgegangen. "Aggressive verbale Attacken auf die Politik hat eben auch zur Folge, dass man diese vergrault", sagt er zur "Wiener Zeitung". Szekeres sei hier der "Mildere". "Er soll wahrscheinlich in erster Linie Steinhart verhindern". Beide - sowohl Szekeres als auch Steinhart - sind laut Pichlbauer "gleich schwach". Sie hätten keine Vision, was die Zukunft des Gesundheitswesens betrifft.

Ein Knackpunkt bei den Entwicklungen im Gesundheitswesen ist derzeit der Entwurf für das PHC (Primary Health Care)-Gesetz. Die Primärversorgung soll neu aufgestellt werden. In den letzten Wochen wurde der Entwurf vom Februar in Verhandlungen mit der Ärztekammer Wien überarbeitet. Da die Ärztekammer verhindern wollte, dass Großkonzerne solche Erstversorgungszentren betreiben können, wurde der Entwurf dahingehend geändert, dass nur noch gemeinnützige Anbieter gesundheitlicher und sozialer Dienste PHCs gründen dürfen. Weiters müssen laut Ärztekammer niedergelassene Ärzte bei der Vergabe von PHCs vor Krankenanstalten bevorzugt werden.

Eine noch offene Forderung der Ärztekammer ist eine Obergrenze für Zentren pro Versorgungsregion. Damit die Hausärzte in Einzelordinationen auch noch erhalten bleiben.

"Gewaltige Konkurrenz zum niedergelassenen Bereich"

Für Gesundheitsexperte Pichlbauer führen die Änderungen der Ärztekammer am Gesetz jedoch zu keiner Verbesserung. Im Gegenteil: "Am Ende des Tages wird aus einem guten Gesetz eine Totgeburt gemacht", sagt er. "Wenn die Wiener Ärztekammer es nun geschafft hat, dass ausschließlich Länder, Gemeinden und Kassen zu Ambulatorienbesitzern werden können, dann werden diese Varianten auch genützt werden. Dann werden kleine Spitäler in Ambulatorien umgewandelt und große Spitäler bekommen diese vor die Haustür gesetzt - mit Ärzten, die sich aus den Spitalsabteilungen freischaufeln." "Damit haben wir eine gewaltige Konkurrenz zum niedergelassenen Bereich", sagt Pichlbauer. Denn wenn die Spitäler ihre Ambulatorien haben, könnte das den niedergelassenen Bereich schrumpfen lassen. Trotz der zähen Verhandlungen für ein PHC-Gesetz sieht der Experte eine Bewegung: "Ich würde sagen, dass das, was jetzt Zug um Zug verschoben wird, inklusive PHC-Gesetz, eine Spitalsreform einläutet."

Erste Gespräche mit Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger beurteil Szekeres positiv: "Ich hoffe, dass sich die Situation im KAV beruhigen wird", sagt er. Handlungsbedarf sieht er bei der Zusammenarbeit des ambulanten und niedergelassenen Bereiches und auch bei der Aufwertung des Hausarztes.